Guttenberg auch ein "Kompetenz-Kompetenzler"?

Geschrieben von: am 12. Feb 2009 um 14:11

Eigentlich wollte ich zu dem neuen Wirtschaftsminister nix schreiben. Aber die Übertreibungen, die zu seiner Amtseinführung vom CSU-Chef Seehofer anfang der Woche unters Volk gesteut wurden, sind gemessen an den Tatsachen wirklich nicht zum Aushalten. Vor allem die wirtschaftspolitischen Erfahrungen kehrte Seehofer heraus. Zu Guttenberg bringe durch die Leitung eines Familienunternehmens besondere wirtschaftliche Kompetenzen mit.

Wahrscheinlich meint der neue CSU-Chef die berühmten Kompetenz-Kompetenzen des alten ersten Dampfplauderes Edmund Stoiber. Denn zu Guttenberg hat gar keine Firma geleitet, in der er auch hätte lernen können, wie man ein Unternehmen führt. Wie der NDR nach Recherchen herausgefunden haben will, soll der Minister in einem Drei-Mann-Büro zur Verwaltung des eigenen Familienvermögens tätig gewesen sein. Die Münchener Guttenberg GmbH wurde 2004 aufgelöst.

Im Übrigen hat auch die Neue Presse Hannover am 10.02.2009 die Mär von den zehn Vornamen nachgebetet und groß verbreitet, dass angeblich auch „Wilhelm“ dazu zählt, wie aus einem gefälschten wikipedia-Artikel zu entnehmen war. Für die Scheinrecherchen zeigen verantwortlich Rasmus Buchsteiner und Philipp Lackner. Bis heute ist keine Korrektur vorgenommen worden. Wahrscheinlich hat es auch noch keiner gemerkt in der Redaktion, weil man sich gerade wieder selbst lobt, für den mal wieder neuen Internet-Auftritt.

Die Fülle der Medien, die 1:1 denselben Mist erzählen, zeigt doch eigentlich, wie schlimm es um die sprichwörtliche Vielfalt in der Branche bestellt ist. Dennoch wird die Expansionspolitik des Hauses Madsack zum Beispiel, zu dem auch die Neue Presse Hannover zählt, in unverständlicher Selbstbeweihräucherung gefeiert und als Ergebnis eines Strukturwandels begriffen. Hier kann man mal sehen, welch schlimme Folgen sich hinter den toll klingenden Worten des neoliberalen Neusprechs verbergen.

Nun kann ich auch verstehen, warum der Deutsche Journalistenverband (DJV) ein extra Konjunkturprogramm für die Presse fordert. Das ist angesichts des erbärmlichen Zustands der Branche nur allzu logisch. Aber solange noch Geld für schicke Designerbauten in der Innenstadt vorhanden ist oder für zig neue Internetauftritte, muss man das Ganze schon wieder kritisch sehen. :roll:

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EDIT 16:15 UHR: Ich hätte wahrscheinlich auch bei wikipedia recherchiert und auch die falsche Information als wahr verkauft. Doch wäre ich nie auf die Idee gekommen, die Namen eines Ministers zum Thema zu machen. Darum geht es mir. Und weil alle Medienschaffenden an den Meldeticker der dpa angechlossen sind, schreiben sie auch dieselben manchmal hirnlosen Texte. Das muss man wissen.

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Über den Autor:

André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.
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