Die Gunst der Demoskopen

Geschrieben von: am 01. Okt 2012 um 6:30

Am Freitag habe ich mit einem Beitrag über die Einzelhandelsumsätze wohl auf das falsche Thema gesetzt. Kurz nach dem Beinah-Absturz eines Germanwings Fliegers in 2010 wurde der Aufstieg des SPD-Bruchpiloten der Ära 2005 bis 2009 zum Kanzlerkandidaten gemeldet. Peer Steinbrück soll als Herausforderer gegen Angela Merkel antreten. Die Entscheidung in der K-Frage überraschte auch alte Journalisten-Hasen wie Sigmund Gottlieb, der in den Tagesthemen meinte, Angela Merkel erfreue sich höchster Gunst der Demoskopen.

Genau darum geht es ja auch. Nicht der Wähler muss überzeugt werden, sondern die Demoskopen, die als Teil der PR- und Manipulationsmaschinerie über den Ausgang von Wahlen mitentscheiden. Ganz wichtig ist dabei der Beliebtheitsvergleicht zwischen den Kandidaten. Da haben jene Demoskopen nämlich festgestellt, dass Steinbrück seine Führungsposition aktuell eingebüßt hat.  

Direktwahl

Diese Kurven spiegeln jedoch weder Beliebtheit noch Wahlchancen wider. Vielmehr bilden sie den Grad öffentlicher Aufmerksamkeit ab. Im November 2011, der Moderator sagt es ja auch, lag Steinbrück nur vorne, weil der erste Hype um eine mögliche Kandidatur durch die Veröffentlichung des Buches “Zug um Zug” entstanden war, das Steinbrück zusammen mit Helmut Schmidt herausbrachte. Danach tauchte er in der Troika ab.

Mit dem nun wieder einsetzenden Hype erholt sich die Kurve bestimmt, vor allem auch deshalb, weil Steinbrück im Gegensatz zur lavierenden Kanzlerin als “Klartextmann” bezeichnet wird, der mit seinem Auftreten die Politikverdrossenheit der Deutschen pulverisieren könnte. Das ist schon eine kühne Behauptung wenn man bedenkt, dass Deutschland nicht einmal ein gültiges Wahlrecht besitzt. Trotzdem rücken das Thema Bundestagswahl und mögliche Koalitionen nun wieder verstärkt in die Diskussion.

3

Über den Autor:

André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.
  Verwandte Beiträge

Kommentare

  1. Arnold  Oktober 1, 2012

    Beide sind neoliberale Finanzmarionetten. Das ganze Theater hat doch nur den Zweck die Aufmerksamkeit von echten Alternativen abzulenken.
    Für die wahren Herrscher in Deutschland ist die Gesamtsumme der Zahlen wichtig. 86% Stimmvieh im September zeigt, dass das Prinzip Verteilung von unten nach oben stabil funktioniert.

  2. Franz X Stangel  Oktober 1, 2012

    Die Demoskopen sagen auch, dass die FREIEN WÄHLER, die Merkels Euro-Rettungsschirmpolitik ablehnen, ein Stimmenpotential von 25% bei der nächsten Bundestagswahl haben. Dennoch wird die Truppe um Hubert Aiwanger, Michael Piazolo, Stephan Werhahn und Hans-Olaf Henkel in den Medien totgeschwiegen. Man muss sich doch ernsthaft wundern, wenn man die Gäste der heutigen „Hart, aber fair“-Sendung ansieht, warum keine kritische Meinung im öffentlich-rechtlichen Fernsehen zugelassen wird. Viele Wähler würden mit den FW sympathisieren, aber kennen die FW noch nicht. Der verwendete Begriff „PR- und Manipulationsmaschinerie“ trifft in diesem Fall voll und ganz zu. Machterhalt um jeden Preis – das ist das Einzige was zählt.

  3. xyz  Dezember 2, 2012

    ich seh das auch als Wahl zwischen Pest und Cholera. Rot-Grün kann ich nicht wählen, sind zu abgehoben und bieten das selbe Programm. Deren Ideen sind für mich als Kleinverdiener oft noch teurer!

    bleiben nur die Splitterparteien – Kommunisten, Linkspartei (Ex-SED), Piraten und APPD — dann gibts ja noch die Neue: die Nichtwählerpartei.

    und zur Repräsentativität der Parlamente: in meinem Parlament in SH sitzen zu 95% nur noch Akademiker. Kein Wunder, dass die Interessen der anderen Bürger (oft mit schlechterem Einkommen) nicht mehr berücksichtigt werden.
    wenn ich mehr Zeit hätte, würd ich ja in die Linke gehen, um mehr „Arbeiter und Angestellte“ zu vertreten.

    Es überrascht mich daher nicht, wie abgehoben und fern jeder Realität Politik gemacht wird.

    in den Unis gibts schließlich auch viele Blendgranaten.