Der Bürgerrechtler Gauck hält Proteste von Bürgern für “unsäglich albern”

Geschrieben von: am 16. Okt 2011 um 23:27

Der links, liberal und konservativ aufgeklärte Patridiot aus der ehemaligen DDR, der an Gott und die Finanzmärkte glaubt sowie an die fortwährende Verfolgung aller inoffiziellen Mitarbeiter der Stasi, die ohne Bundestrojaner und mit einfachsten Mitteln herausbekommen und gemeldet haben, dass der Nachbar auch ein roter Arsch ist, weil er sich mit dem selben harten DDR-Toilettenpapier den Allerwertesten abwischte, gilt gemeinhin als verhinderter Staatsmann, der des Öfteren die Notwendigkeit eines stärkeren politischen Engagements der Bürger betont.

Und nu?

Da hält er den Protest von Bürgern weltweit für “unsäglich albern”, berichtet unter anderem der Stern.

Bei einer Veranstaltung der Wochenzeitung „Die Zeit“ sagte er am Sonntag in Hamburg, der Traum von einer Welt, in der man sich der Bindung von Märkten entledigen könne, sei eine romantische Vorstellung.

Da täuscht sich der Bundespräsident der Herzen aber gewaltig. Die Vorstellung, dass die Märkte getrennt vom Politischen zu existieren haben, ist keinesfalls romantischer Natur, sondern Bestandteil einer klassischen Theorie, die gerade nach dem Zweiten Weltkrieg praktischer Konsens zwischen allen führenden Nationen dieser Erde war. Damals waren sich alle einig, sogar die Konservativen in Deutschland. Der Markt und noch mehr, der Kapitalismus habe versagt, lautete das Fazit aus Wirtschaftskrise, Krieg und Vernichtung. Waren das etwa auch alles Romantiker?

Doch Gauck wird selbst zum Romantiker, der keine Ahnung vom weltlichen Geschehen auf den Finanzmärkten zu haben scheint.

„Ich habe in einem Land gelebt, in dem die Banken besetzt waren.“ Es sei zu bezweifeln, dass die Bankeinlagen sicherer wären, wenn die Politiker in der Finanzwirtschaft das Sagen hätten.

Das ist wirklich lustig. Vor allem, weil nach der Wende die Banken-West die Banken-Ost dank günstiger Gesetzeslage besetzten und regelrecht aussogen bis nichts mehr übrig war. Horst Köhler hatte das brillant für die Bankenwelt-West eingefädelt und die Umsetzung überwacht. Nur gut, dass die Finanzwirtschaft das Sagen hat und den Politikern zeigt, wie sie zu handeln haben. Das scheint bisher jedenfalls prima zu funktionieren.

Zumindest solange der Bürger brav die Verluste der Banken zahlt und gleichzeitig deren Gewinne über den Verzicht auf einen Sozialstaat in Gegenwart und Zukunft absichert. Zum Glück leben wir in einer Demokratie und da hat jeder ungebildete Schwachkopf und jeder schwachköpfig Gebildete das verbriefte Grundrecht, Dinge albern oder toll zu finden. Leider werden die vielen 100 000 Demonstranten weltweit nicht permanent auf Veranstaltungen eingeladen, um dort über Romantik und die Gefahr zu sprechen, die von vermeintlich roten Ärschen ausgeht.

Nein, sie müssen ihre Empörung über den Sozialismus, den die Politik den Reichen bei der Verrechnung ihrer Verluste beim Zocken auf den Märkten zugesteht, durch Demonstrationen auf der Straße zum Ausdruck bringen. Es darf durchaus als Erfolg gewertet werden, dass das zu den elitären Bürgerrechtler-Veranstaltungen hinter verschlossenen Türen bereits durchgedrungen ist.

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Über den Autor:

André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.
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Kommentare

  1. ludischbo  Oktober 17, 2011

    So ist es !

  2. Teja552  Oktober 17, 2011

    Da kann ich dir auch nur zustimmen, diese Typen merken nichts, ob nun Gauck, Merkel oder Ackermann oder wie sie sonst noch heißen.

  3. Manfred Corte  Oktober 17, 2011

    naja, auch Herrn Gauck billige ich das Recht auf eine Meinung und Irrtum zu. Er hat es halt noch nicht so recht verstanden, was da vor sich geht – wie andere auch. Es ist ja auch gar keine „Empörung gegen Banken“ wie immer verkürzt wiedergegeben wird. Es ist ein beginnender Aufstand gegen asoziale Verhältnisse und die Politik, die solche Verhältnisse möglich macht. Und was Herrn Gauck betrifft, der sich als Patriot geriert, so muß man anmerken, daß sich das Wort Patriot in seinem Fall anscheinend aus „Patria“ und „Idiot“ zusammensetzt. Ich gebe ihm aber Recht, wenn er meint, daß auch der Staat die Banken wohl nicht besser betreiben würde. Man sollte ihm wohl die Banken nicht auch noch überlassen, er macht doch überall anderswo schon genug Mist. Die Banken aber aufzuteilen, zu begrenzen und alles zu regulieren, das wäre schon seine demokratisch-politische Aufgabe …. Die Hoffnung allerdings, daß das ohne einen vorherigen Crash und gewaltlos noch zu schaffen ist, habe ich aufgegeben ….

  4. Topkapi  Oktober 18, 2011

    Gauck kommt nicht umsonst von Gackern. ‚Patridiot‘ ist Alexan, oder?