Bitte nicht hereinfallen: Die CDU und der Mindestlohn

Geschrieben von: am 26. Mai 2020 um 15:53

Da reiben sich sogar die CDU-Spitzen verwundert die Augen. Eine hauseigene Arbeitsgruppe für Wirtschaft und Energie hatte zur Krisenbewältigung vorgeschlagen, den Mindestlohn zu senken. Voller Empörung meldete sich nun unter anderem die Noch-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer zu Wort. Ein durchschaubares Manöver.

„In dieser Zeit brauchen Unternehmen Spielraum und Liqudität zum Investieren. Darüber reden wir beim Konjunkturpaket. Aber für die CDU ist klar: Nicht auf dem Rücken der Arbeitnehmer. Deshalb: Hände weg vom Mindestlohn.

Entscheidend ist der letzte Satz. Hände Weg vom Mindestlohn. Heißt: Auf gar keinen Fall eine Erhöhung. Das ist die Botschaft, die schon den ganzen Monat verbreitet werden soll. Denn bevor diese ominöse Arbeitsgruppe mit ihrem Vorschlag aufwartete, hatten sich schon Fachverbände wie DEHOGA und Wirtschaftsforscher wie Fratzscher (siehe hier) sowie der Chef der Wirtschaftsweisen, Lars Feld, für eine Nullrunde ausgesprochen.

Die ist in Zeiten der allgemein wegbrechenden Einkommen nur schwer vermittelbar, weshalb es nun einen noch empörenderen Vorstoß der unionsinternen Arbeitsgruppe gibt. Dieser bietet den Führungsfiguren der CDU die Gelegenheit für eine Schärfung des nicht vorhandenen sozialen Profils und eine Werbekampagne in eigener Sache. Die CDU ist schließlich die Partei für die Mitte der Gesellschaft und damit sehr gut, so die Botschaft von Generalsekretär Paul Ziemiak.

Der politische Gegner hat also gar keinen Grund sich zu empören. Doch, denn die Union führt ein perfides Schauspiel auf. Sie setzt ihr ursprüngliches Narrativ vollumfänglich durch. So habe sich die Politik nicht in die Lohnfindung einzumischen. „Das war immer Position der Union und wird es auch bleiben“, wird Carsten Linnemann zitiert. Die zuständige Mindestlohnkommission soll selbst entscheiden, was sie Ende Juni ohnehin tun muss, allerdings gibt es derzeit verhärtete Fronten zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebervertretern. Entgegen der Auffassung von Linnemann wird sehr viel Einfluss genommen, vor allem von denen, die eine Erhöhung des Mindestlohnes verhindern wollen. Von Lohnpause ist häufig die Rede.

Die Union kann sich ihre Position also sehr gut leisten, weil das Geschäft der Einflussnahme andere mächtige Akteure betreiben. Die Waffengleichheit herzustellen, wäre dagegen Aufgabe der Politik. Nach einer objektiven volkswirtschaftlichen Bewertung müsste sie sogar noch mehr tun, weil klar ist, dass die Lohnentwicklung seit Gründung der Eurozone in Deutschland unterdurchschnittlich verlaufen ist. Würde Paul Ziemiak sein Gerede über Europa ernst nehmen, müsste er gerade um so entschiedener für eine deutliche Anhebung des Mindestlohnes eintreten. Dagegen schließt er nur Einschnitte aus, was nicht viel kostet, da die Geschäftsordnung der Mindestlohnkommission so etwas ohnehin nicht vorsieht.


Bildnachweis Robin Higgins auf Pixabay

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Über den Autor:

André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.
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