Westerwelle und Lindner gehen mir nicht mehr aus dem Kopf

Geschrieben von: am 12. Mrz 2010 um 19:48

Es ist zum verrückt werden. Eigentlich müsste man den Generalsekretär der FDP, Christian Lindner, wegen seiner Äußerungen heute morgen im ZDF der vorsätzlichen Dummheit im Amt anklagen und vorübergehend zwangseinweisen. Guido Westerwelle, der gerade wieder das Flugzeug besteigt, um zurück nach Deutschland zu kommen, sollte zudem die Einreise verweigert werden. Die Gelegenheit ist doch günstig. Schließlich hat der FDP-Parteichef bereits rumgemotzt, was denn da zu Hause los sei und das alle angeblich keine Argumente mehr gegen ihn hätten und jetzt auf der persönlichen Ebene vorurteilsbehaftet hetzen würden. Also gar net mehr reinlassen, dann kann er vor der Tür motzen so viel er will. Oder einen Vortrag halten, bei seinen Freunden in der Schweiz oder Liechtenstein zum Beispiel.

Sie müssen sich die Worte Christian Lindners noch einmal genau anschauen:

„Wir müssen aufpassen, dass die Demokratie insgesamt nicht Schaden nimmt durch solche Vorwürfe, die da konstruiert werden.“

Ich weiß gar nicht, wo man da jetzt mit der Kritik anfangen sollte. Bei der Demokratie, beim Schaden, den Vorwürfen oder der Konstruktion. Was aber auffällt, ist die Unverschämtheit, mit der die FDP, Westerwelle und die angeschlossenen Turboleister das Recht für sich in Anspruch nehmen, Anständigkeit einzufordern, obwohl gerade sie es sind, die diese Regeln bei den Schwächsten der Gesellschaft gar nicht gelten lassen wollen. Das wird auch bei diesem Satz von Lindner deutlich:

„Wir brauchen einen respektvollen Umgang von Demokraten miteinander. Dazu gehören auch minimale Anstandsregeln.“

Hartz-IV-Empfänger scheinen nicht zum erlauchten Kreis der Demokraten zu gehören, denen man auch nur mit minimalen Anstandsregeln begegnet. In diesem Zusammenhang ist es besonders lustig, dass das FDP-Bambi den Grund für die Kampagne gegen Westerwelle gerade auch darin sieht, dass Westerwelle in der Hartz-IV-Debatte angeblich „klarere“ Worte gefunden habe. Damit sei er zu einer Art Zielscheibe von Diffamierungskampagnen geworden.

Häh? Also nach Logik des FDP-Bambis, das leider nicht so scheu ist, wie das beschützenswerte Reh des Kapitals, ist nicht die Ursache ursächlich, sondern die Reaktion darauf. Mit anderen Worten, der Ertappte schreit laut „Haltet den Dieb!“, um von sich und seiner Schuld abzulenken. So etwas kann auch nur so einem ungebildet eingebildeten Schnösel passieren, der vielleicht etwas zu früh im Leben die Vorzüge spätrömischer Dekadenz genießen durfte.

Außerdem betrieb er zur Hoch-Zeit der New Economy eine Firma, die Software für Internet-Anbieter austüftelte. Lindner brachte es locker auf eine 80-Stunden-Woche, verdiente ein kleines Vermögen und brauste im schwarzen Porsche durch die Lande. Als der Neue Markt zusammenbrach, war auch seine Firma betroffen: »Unsere Kunden lösten sich in Luft auf, unsere Firma auch.«

Der Porsche ist verkauft, er fährt nun einen BMW, der mit Biodiesel betankt werden kann.

Quelle: Spiegel-Online (Unispiegel vom 29.11.2004)

Wie soll man von solchen Leuten auch erwarten, dass sie die Problematik erkennen, die sich hinter der Verquickung von Amt und privaten Interessen verbirgt. Diese Leute sind in dem Selbstverständnis erzogen worden, dass sie nicht nur zur geistigen Elite, sondern auch zu den unumstrittenen Leistungsträgern des Landes zählen, die quasi durch ihre Vita schon das Prädikat „ausgewiesener Experte“ verliehen bekommen. Wie gesagt, gegen „Ausweisung“ hätte ich diesbezüglich nichts einzuwenden. Tja und was ist mit der angeblich gefährdeten Demokratie? Wieso soll die eigentlich gefährdet sein? Ist denn von der Demokratie in diesem Land überhaupt noch etwas übrig?

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Über den Autor:

André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.
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Kommentare

  1. Careca  März 12, 2010

    Westerwelle und Lindner zusammen, was sind die beide?
    Intelligenz a la Lübke nur ohne Sprachfehler …

    • Anonymous  März 13, 2010

      Ich meine, bei bestimmten Wortkombinationen ein verstecktes Lispeln vernommen zu haben….:>>

  2. jens  März 13, 2010

    klasse …..wie hier auf der seite alles klar und klipp dargestellt und ausgedrückt ist…
    nur :
    der vergleich mit unserem bundespräsidenten aus der einklassigen volksschule im sauerland….
    d a s ( verzeihung) gehört sich nicht …oder ??
    ……guten tag … meine damen und herren ..
    …..liebe neger …. ( was haben wir damals
    vor 4o jahren alle gelacht.)
    gruß jens

    • Careca  März 13, 2010

      Du hast recht. Der Vergleich gehört sich nicht. Wir sollten Lübke nicht unnötige beleidigen.

      Nebenbei, der von dir zitierte Satz ist eine „Urban legend“. Es gibt keinen Beweis dafür, dass Lübke jemals so etwas gesagt hatte. Es gibt nur selbstreferenzierende Quellen.

  3. dude  März 13, 2010

    Wir sollten uns nicht darüber lustig machen, sondern eher besorgt sein.
    Die NPD ist bisher ungefährlich, weil sie nur aus Idioten besteht.
    ABER: Die ehemals liberale FDP entwickelt sich langsam zu einer Art von faschistisch-neoliberaler Partei, mit einer Kommunikation, wie man sie vom „Stürmer“ kennt. Lügen, Tatsachen-Verdrehungen und Frechheiten ohne Grenzen.
    Was ich sagen will: die FDP wird zur neuen NPD, und zwar zu einer wesentlich perfideren faschistischen Partei.
    Und das Volk hält sein Maul, weil ja endlich Schumi wieder da ist, der absolut vorbildliche deutsche Steuerzahler.

  4. mvbeinen  März 13, 2010

    Guido Westerwelle, Außenminister, Vizekanzler, Parteivorsitzender und Tribun der Mittelschicht ist nun, wie sich bei seiner Brasilienreise gezeigt hat, auch für Familienförderung zuständig. Warum soll er dann nicht auch das Familienministerium führen? Er mach so viel nebenbei, da kommt es auf ein Ministerium mehr auch nicht an. Superminister Westerwelle, das wäre doch was.
    In seinem Interview mit der welt.de zeigt er auch, dass er prima Englisch kann: „.. wie man auch sagen könnte, published opinion is not always the public opinion!“ Das wird ihm aber auch nichts nützen. Denn Winston Churchill spricht besser Englisch: There is no such thing as public opinion. There is only published opinion.

  5. dummyxxl  März 15, 2010

    wenn der gidow mal gross ist, kann er ja noch mal von vorn anfangen…schon der riesenstaatsmann möllemann fand schlußendlich nicht seine reissleine….