Zu Guttenberg und Bild, keine Verschwörung, sondern bloß Geschäft

Geschrieben von: am 24. Feb 2011 um 19:34

Politikberater und Ex-Chefredakteur der Bild am Sonntag Michael Spreng im Interview mit dem Deutschlandradio Kultur über zu Guttenberg und die Bild-Zeitung:

„Es ist eine Win-win-Situation. Guttenberg hat sich selbst immer gut verkauft, und mit Guttenberg verkauft man gut. Schlagzeilen mit Guttenberg verkaufen sich besser als Schlagzeilen über Thomas de Maizière, das liegt auf der Hand. Ein ähnlicher Mechanismus ist ja auch zu beobachten nicht nur bei der „Bild“-Zeitung, sondern auch bei bunten Blättern, den Yellow-Blättern und der „Bunten“, die ja auch wahre Guttenberg-Festivals gefeiert haben.“

Es geht eben nur ums Geschäft und nicht um Verschwörungen. Ich hatte bereits hier und hier darauf hingewiesen. Man darf aber nicht den Fehler machen und annehmen, Bild und zu Guttenberg wären gleichberechtigte Partner. Guttenberg bleibt, wie Georg Schramm es einmal sehr trefflich formulierte, nur ein Furunkel am Gesäß des Bösen. Denn für den Chef des Springerkonzerns Döpfner gilt das Prinzip: Wer mit ihr (gemeint ist die Bild) im Aufzug nach oben fährt, der fährt auch mit ihr im Aufzug nach unten. Diese Entscheidung muss jeder für sich selbst treffen (siehe BILDblog).

Und Guttenberg fuhr auch nach unten als Bild die Bundeswehraffäre in drei Akten zum Thema machte. Aber das ist schon Geschichte. Denn wie Guttenberg dem gefeuerten Kapitän der Gorch Fock aus geöffneten Feldpostbriefen von Soldaten aus Afghanistan vorliest, die sich gegenseitig mit der Waffe aufs Korn nehmen, werden wir aus der Bild nicht mehr erfahren.

Dafür wird es im Springer-Blatt exklusive Werbung des Verteidigungsministers geben, natürlich finanziert aus Steuermitteln, bei der es um eine Kampagne zur Anwerbung neuen Kanonenfutters für die ausgesetzte Wehrpflichttruppe geht. Der Springer-Konzern weist diesbezüglich Vorwürfe zurück, dass es dabei zu einer Vermischung von Redaktion und Anzeigenbereich gekommen sei.

Der Sprecher des Medienkonzerns Axel Springer, Tobias Fröhlich, wies die Vorwürfe strikt zurück: „Die Redaktion hat erst heute aus den Medien von der Anzeigenkampagne erfahren.“ Anzeigenbereich und Redaktion arbeiteten bei dem Konzern streng getrennt. „Einen Zusammenhang zwischen der aktuellen Berichterstattung über Minister zu Guttenberg und den Werbemaßnahmen der Bundeswehr herzustellen ist absurd und lächerlich.“ Die von der Bundeswehr beauftragte Agentur sei bereits Ende vergangenen Jahres mit dem Vermarktungsbereich von Axel Springer in Kontakt getreten, sagte Fröhlich.

Quelle: Tagesschau

Das habe ich aber anders in Erinnerung und darf an eine Vertreterinformation des Allianz-Konzerns aus dem Jahr 2005 erinnern, in der die Zusammenarbeit des Versicherungsriesen mit der Bild wie folgt beschrieben wurde:

Klar. Wer mit dem Bild.T-Online.de kooperiert, der ist auch in der Bild-Zeitung vertreten. Und zwar nicht nur als Anzeige, sondern so, wie es sich für eine Kooperation gehört: Rundum.
Die Informationen zur VolksRente werden in zwei Formen aufbereitet – als Anzeige und als redaktionelle Artikel.

Quelle: NachDenkSeiten

Der ehemaligen Pressesprecher der Allianz AG Oliver Santen schrieb zu diesem Zeitpunkt bereits für Bild und tut es, so weit ich weiß, heute immer noch. So klar getrennt, wie der Springer-Konzern behauptet, sind Redaktion und Werbung nicht voneinander, mal abgesehen davon, dass das auch einem Blinden auffallen würde.

Der Springerkonzern muss halt was tun für’s Geschäft. Die Tendenz ist ja immer noch eindeutig.

Bild-Auflage
Quelle: Bildblog

Und weil alles nichts nützt, werden die Kampagnen immer härter und widersprüchlicher im Ton und vor allem gefährlicher. Denn:

„Ein Politiker, der für offensichtlichen Betrug um seiner Selbstverherrlichung willen auch noch Sympathie erntet, ist höchst gefährlich.“

Quelle: Feynsinn

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Über den Autor:

André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.
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Kommentare

  1. Careca  Februar 25, 2011

    Adstar, „Verschwörung“ ist nicht das korrekte Wort und „bloß Geschäft“ und „Fahrstuhlbeziehung“ trifft es auch nicht. Check mal nach, welche Beziehungen der Chef-Redakteur Kai Diekmann und der „Young Leader“-Alumnus zu Guttenberg haben. Da gibt es ein exklusives Bindeglied, welches es nicht erlaubt, zu Guttenberg direkt zu demontieren oder vor aller Augen in einem Fahrstuhl nach unten rauschen zu lassen (Auflage der BILD hin oder her).
    zu Guttenbergs Lebenslauf enthält viele interessante Elemente, welche für eine Person wie ihn ungewöhnlich sind und ihn im Vergleich zu anderen recht stark verankert haben. Mit 31 Jahren wurde zu Guttenberg in den „Auswärtigen Ausschuss“ auf Initiative von Glos eingelassen (Zitat von dessen Seite: „Klassisch politisch und hochsensibel;
    Der Auswärtige Ausschuss ist ein von der Verfassung privilegierter Ausschuss, er gehört zu den vier Ausschüssen, die das Grundgesetz fest vorschreibt. Als klassischer politischer Ausschuss begleitet er die auswärtige Regierungspolitik vor allem im Vorfeld wichtiger außen- und sicherheitspolitischer Entscheidungen. Grundsätzlich arbeitet er hinter verschlossenen Türen. Denn seine Beratungsthemen sind hochsensibel. So beraten seine Mitglieder federführend, ob die Bundesregierung deutsche Soldaten zu Auslandseinsätzen entsenden darf.“) Um hierin eingelassen zu werden ist eine Mitgliedschaft in der „Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik“ sehr hilfreich (vielleicht sogar Vorraussetzung?). Ein Quercheck zwischen der letzten genannten Gesellschaft und der Mitgliederliste des verbindenen Elements zwischen zu Guttenberg und Diekmann bringt eine besondere Valenz in den ganzen Beziehungen. BURDA, BILD, Deutsche Bank, politische Persönlichkeiten, sie finden sich hier alle wieder.
    Und dann wird auch klar, dass die Erklärung mit dem Fahrstuhl so einfach nicht ist. Fakt ist, dass sich zu Guttenberg in seinen Kreisen eine Saat gelegt hat, die er später ernten wird. Ob er seinen Status als „Young Leader“ mit deinen Täuschungsversuch verspielt hat, wird sich noch zeigen. zu Guttenberg weiß das jetzt nur zu gut, und daher läßt sich seine Haltung der Reue und Demut erklären. Der Adressat ist nicht wirklich der Bundesbürger, der das freilich auf sich bezieht, sondern zu Guttenberg zielt in ganz andere Kreise, wo er kurz zuvor noch seine baroneske mit „Dr.“ verzierte Visitenkarte (de facto und als Eindruck) hinterlassen hat.
    Forsch mal in diese Richtungen und du wirst überraschende Einblicke über zu Guttenberg und seine Stellung erhalten.
    Keine Verschwörungstheorien sondern Fakten. Die nächsten Wochen werden zeigen, was aus zu Guttenberg werden wird. Und ob ihn jene Kreise für den „Fahrstuhl“ freigeben werden.

    • Careca  Februar 25, 2011

      Sehr dummer Rechtschreibfehler (wie bei mir immer auffällig, wenn ich nicht korrigieren darf): Nicht „mit deinen Täuschungsversuch“ muss es heißen, sondern „mit seinem Täuschungsversuch“.

    • adtstar  Februar 25, 2011

      Du hast vollkommen recht. Mir sind die Dossiers von Friederike Beck über zu Guttenberg auch bekannt. Sehr tolle Lektüre übrigens.

      http://www.zeitgeist-online.de/exklusivonline/dossiers-und-analysen/230-das-guttenberg-dossier-teil-1.html

      http://www.zeitgeist-online.de/exklusivonline/dossiers-und-analysen/632-das-guttenberg-dossier-teil-2.html

      Allerdings tendiere ich immer mehr dazu, den Netzwerken hier im Blog nicht all zu große Bedeutung beizumessen. Das gilt im übrigen auch für die Diskussion um die Bilderberger. Man kann das immer nur anreißen und nie umfassend und vollständig darstellen.

      Richtig ist, dass die Offenlegung solcher Seilschaften und Hintergrundaktivitäten dabei hilft, die Glaubwürdigkeit unserer Elite in Zweifel zu ziehen. Die meisten Menschen können damit aber nicht viel anfangen, wenn sie davon hören, dass zu Guttenberg an einem Junge Führer Programm der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik teilgenommen hat.

      Viel wichtiger finde ich daher, den konkreten Widerspruch zu benennen, der gerade bei der Plagiatsaffäre um zu Guttenberg dieser Tage sehr offen zu Tage getreten ist. Es gilt, mit einfachen Mitteln, die Hirne in den Köpfen der Menschen aus dem Tiefschlaf zu holen und darauf zu hoffen, dass ein funktionierender Verstand noch vorhanden ist.

      Dass der Springer-Konzern Geld verdienen will, liegt im Prinzip auf der Hand. Dass zu Guttenberg, nachdem offenbar viel – und ich stelle fest, vergeblich – in seine Ausbildung investiert wurde, auch gern politischer (Um)Entscheider bleiben will, ist auch klar.

      Beides zusammen muss immer wieder thematisiert werden, sonst glauben die Menschen tatsächlich noch, dass Sarrazin ein Integrationsexperte und zu Guttenberg ein Politiker mit ausgezeichneter beruflicher Qualifikation ist.

      Mehr kann dieser Blog nicht leisten.

      • Careca  März 2, 2011

        Das von dir oben erwähnte Dossier ist nur Basic eines generellen KTG-Quellenstudiums. Da gibt es erheblich mehr und erhellenderes. Das gerade erschienene Buch erspart dabei nun einiges an diesem Quellenstudium. Bei so einem wird es auch nicht verwundern, dass der Innenminister den Verteidigungsminister beerbt. Eben dies war bei KTGs Rücktritt wahrscheinlicher als alle anderen Spekulationen. Denn – gesetzt den Fall, dass KTG wirklich eine BW-Reform ernsthaft in seinem persönlichen Copy&Paste-Masterplan unterzeichnet hatte – eben der KTG der Abschlussnote „befriedigend“ für seine eigene Wissensnachweise und der KTG der „summa com laude“-Bewertung für seine Blender-Präsentation mittels fremder Materialien, jener KTG hätte sich in Folge eine Fleißaufgabe gestellt gehabt, mit der er keine großartige Anerkennung geerntet hätte können. Insbesondere nicht in Bayern, wo er zahlreiche Kasernen hätte schließen müssen und sich dann mit unbeliebten Themen wie „Kaufkraftverlust“, „Abwanderung“ etc. auseinander hätte setzen müssen.
        Ergo: KTG hat gekniffen, das ganze aber als Blender, der er ist, ein „bestelltes Haus“ der Öffentlichkeit hinterlassen.
        Die CSU und KTG hätte sich keine Freunde bei der Durchführung der BW-Reform in Bayern gemacht. KTGs Rücktritt wird CDU, CSU und FDP helfen, KTGs Rücktritt vom Rücktritt zu ermöglichen. Und das wird dann sicherlich als „Comeback“ mit dem Adjektiv „grossartig“ dem Volk untergejubelt werden.

        • adtstar  März 2, 2011

          Die Geschichte mit den Standortschließungen in Bayern habe ich heute auch gehört, als bekannt wurde, dass die CSU das Innenministerium übernimmt. Allerdings muss man zu der ganzen Reform auch sagen, dass sie wie zu Guttenberg nur ein aufgeblasenes Belndwerk ist, vollkommen an der Realität vorbei, wie Herr Kirsch vom Bundeswehrverband beiläufig anmerkte.

          Ich persönlich glaube noch nicht daran, dass dort viel eingespart werden wird. Das läuft dann wie bei den Beiträgen, die die Wirtschaft im Zuge des Sparpakets leisten sollte. Die wurden auch ganz schnell wieder zurückgenommen. Am Ende bleibt vom Sparpaket nur ein soziales Kürzungsprogramm übrig.

  2. Nullkommanichts  Juli 26, 2011

    Noch zur Ergänzung dieser Diskussion hier: Teil 3 des Guttenberg-Dossiers ist inzwischen erschienen und wartet mit neuen Details auf – für all diejenigen, die sehnsüchtig darauf warten: http://www.guttenberg-dossier.de

    Oder ist das hier schon bekannt?