Mappus der Ökonom

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Baden-Württembergs Ministerpräsident Stefan Mappus stellt einmal mehr seinen ökonomischen Sachverstand unter Beweis. Im Interview mit dem Deutschlandfunk schrie er in den Telefonhörer.

„Und was Herr Sarkozy und was Angela Merkel machen ist, einfach darauf hinzuweisen, dass es nicht sein kann, dass Frankreich und Deutschland über einheitliche Euro-Bonds praktisch den Rest von Europa dauersubventionieren. Das wäre eine Art neuer Länderfinanzausgleich innerhalb Europas, und das kann nicht wahr sein. So wie bei dem Thema, das ich vorher gesagt habe, in Baden-Württemberg, muss doch auch hier der ökonomische Sachverstand im Vordergrund stehen. „

Und was hat der Sachverständige in Bezug auf Baden-Württemberg vorher gesagt?

„Ich bin der Überzeugung, dass das mit EnBW für Baden-Württemberg absolut richtig war, mache auch die Erfahrung, dass es im Land hervorragend ankommt, und ich sage Ihnen ganz offen, ich lasse mir das auf gut Schwäbisch gesagt nicht versauen, dadurch, dass jetzt die Grünen und die SPD ein Vehikel suchen, wie sie ein für Baden-Württemberg gutes Geschäft kaputt machen können, indem sie vermeintliche Freundschaften praktisch überqualifizieren und abwerten. Das mache ich nicht mit! Ich will für Baden-Württemberg etwas erreichen und ich mache diese Fundamentalopposition, die man hier betreibt, einfach nicht mit.“

Aha, selten so ein ökonomisch schlagendes Argument gehört. Die anderen wollen einem nur die Tour versauen und deshalb muss man dagegenhalten.

Zur Aufklärung: Das Land Baden-Württemberg kauft den Energieversorger EnBW zurück. Das sollte nach Chefökonom Mappus rund fünf Milliarden Euro kosten. Nun werden es auf wundersame Weise sechs Milliarden. Bei so einer Größenordnung holt sich der Starökonom natürlich beratende Hilfe an seine Seite. Nein nicht den Schlichter Geißler, sondern den Kumpel Dirk Notheis, der für das Bankhaus Morgan Stanley arbeitet. Aber wie der Ministerpräsident schon so treffend sagte, handelt es sich nicht um eine Kumpanei, sondern um eine veritable Geschäftsbeziehung.

Der Kumpel, pardon, Geschäftsmann Notheis berät schließlich nicht umsonst, sondern erhält eine Provision für den Abschluss der Gesamttransaktion. Kolportiert wird eine zweistellige Millionensumme. Fragen sie lieber nicht, was an einer Beratertätigkeit so teuer sein könnte, wenn am Ende statt eines niedrigeren ein höherer Kaufpreis steht. Vielleicht duftet das Papier, auf dem der Deal festgeschrieben wird.

Jedenfalls will sich der Mappus die Tour nicht versauen lassen. Wenn Banken erst bei der Privatisierung und später bei der Wiederverstaatlichung abkassieren, hat das eben nichts mit Geschmäckle oder Vetternwirtschaft zu tun und auch nichts damit, dass hier Steuergelder transferiert werden. So ein Geschäft lebt eben vom ökonomischen Sachverstand.

Nun hat der Koalitionspartner von Mappus, die FDP, schon angekündigt, die verstaatlichten Anteile nach der Wahl sofort wieder verkaufen zu wollen. Wer wird denn dann eigentlich beratend tätig. Ein Kumpel vom FDP-Fraktionsvorsitzenden Hans-Ulrich Rülke?

Dirk Notheis war Wahlkampfhelfer von Angela Merkel im Jahr 2005 und Vorsitzender der Jungen Union von Baden-Württemberg. Zudem hat er für den damaligen Generalsekretär der CDU Volker Kauder gearbeitet und vor allem den angepeilten Börsengang der Deutschen Bahn AG vorangetrieben, bei dem sein Hauptarbeitgeber Morgan Stanley durch Beraterverträge profitiert.

Im Fall EnBW scheint Notheis nun besonders dicht an der Politik gewesen zu sein. Beim bisherigen Teilhaber EDF soll man Notheis im Zuge der Verhandlungen irgendwann nur noch den „Zwilling“ genannt haben – weil er offenbar Mappus in Auftreten und Sprache so ähnlich war.

Quelle: Spiegel Online

Erschwerend hinzu kommt die Tatsache, dass die von Mappus behauptete Transparenz mal wieder nicht stimmt. Über das Zustandekommen der Verträge sei Stillschweigen vereinbart worden und der Landtag durfte heute nur im Nachhinein abstimmen. Eine Ablehnung hätte aber laut Vertrag keine Auswirkungen auf das Geschäft gehabt. Das ist schon sehr seltsam, wenn man bedenkt, dass die baden-württembergische Landesregierung bei Stuttgart 21 sehr viel Wert auf die Feststellung legte, dass das Projekt durch demokratische Entscheidungen in den Parlamenten legitimiert worden sei.

Um noch einmal auf das heutige Interview im Deutschlandfunk zurückzukommen:

„Und was Herr Sarkozy und was Angela Merkel machen ist, einfach darauf hinzuweisen, dass es nicht sein kann, dass Frankreich und Deutschland über einheitliche Euro-Bonds praktisch den Rest von Europa dauersubventionieren. Das wäre eine Art neuer Länderfinanzausgleich innerhalb Europas, und das kann nicht wahr sein.“

Wahr ist aber auch, dass Mappus keinerlei Scheu davor hat, Bankhäuser, ob nun mit Kumpel oder nicht an der Spitze, für zweifelhafte Beratungen zu subventionieren und dafür nicht einmal die Zustimmung des Parlaments zu benötigen. Es könnte natürlich auch sein, dass Mappus einen Karrieresprung in die Finanzwirtschaft plant, falls es zur Wiederwahl im nächsten Jahr nicht reichen sollte. In diesem Fall könnte der Deal Bestandteil der Bewerbung sein. Dann wäre es aber nicht für Baden-Württemberg ein gutes Geschäft, sondern allein für Herrn Mappus. Aber vielleicht denkt der Sonnenkönig vom Neckar mit dem Gesicht eines Schlägers ja auch einfach „L’État c’est moi!“.

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