Gescheitert

Geschrieben von: am 25. Feb 2019 um 11:45

Die Berichterstattung über die sogenannten Hilfslieferungen nach Venezuela ist ebenfalls gescheitert. Am Sonnabend war das Thema noch die Top-Schlagzeile, obwohl es über die Vorkommnisse an den Grenzen des Landes nur die übliche einseitige Perspektive zu sehen und zu hören gab. Am Sonntag belegten die Nachrichten aus Südamerika dagegen hintere Ränge. Eigentlich unverständlich, angesichts des Dramas, das Tags zuvor noch aufgeführt worden war. So viel Showdown und Blutvergießen, wie erhofft, gab es dann wohl doch nicht.

Ein selbsternannter Übergangspräsident, der sich vor Kameras in Szene setzt, um für Hilfslieferungen von Staaten zu werben, die sein Land bisher mit Sanktionen strafen. Da stimmt doch etwas nicht? Nein, nicht für unsere Medien. Sie melden unter anderem im Gleichklang, „Maduro lässt Hilfsgüter mit Waffengewalt stoppen“. Richtiger müsste es allerdings heißen, dass Kräfte von außen versuchten, sich gewaltsam einen Weg nach Venezuela zu bahnen. Schließlich, und an dieser Feststellung kommen ja auch die Medien hierzulande nicht vorbei, handelte es sich auf venezolanischer Seite um eine Blockade von Grenzübergängen. Und die hat zunächst einmal abwehrenden Charakter.

Daher, und das ist jetzt mal eine Vermutung, ist es natürlich von Vorteil, die ganze Aktion irgendwie eskalieren zu lassen. Zum Beispiel mit brennenden Lastwagen voller Hilfsgüter, die ein anschauliches wie transportables Bild darüber vermitteln, was als Szenario für die Weltöffentlichkeit wünschenswert ist. Nur wer wünscht sich denn so etwas? Das Regime in Venezuela oder das Regime in Washington, das nur nach einem Vorwand sucht, um unter der Flagge des humanitären Völkerrechts mit militärischer Gewalt endlich losschlagen zu können?

Dabei wäre es ja ein Leichtes, mit der Aufhebung von Sanktionen, die angeblich so katastrophale Lage in dem Land zu lindern. Doch die Verteidiger westlicher Werte denken lieber über eine weitere Verschärfung nach, weil es in erster Linie eben nicht um Menschen und Menschenrechte, sondern um einen Regime Change geht, der am schnellsten durch einen Zusammenbruch des Landes erreicht werden könnte. Das hat sich der Autor dieses Beitrags nicht etwa ausgedacht, sondern aus Kreisen amerikanischer Diplomaten (ein Widerspruch in sich) erfahren, die das ganz offen hinausposaunen.

Begossener Pudel

Der deutsche Außenminister, ein Pudel Washingtons, tritt da keinesfalls zurückhaltender auf. Auch er forderte in der vergangenen Woche, den Druck mittels Sanktionen weiter zu erhöhen. Wie das zum humanitären Anstrich angeblicher Hilfen passt, weiß nur er allein. Maas wird auch erklären müssen, wie er denn zu einer militärischen Intervention der Amerikaner steht, die sich immer stärker abzeichnet und um die der mittlerweile Exil-Guaidó vermutlich schon heute betteln wird.

Humanitäre Hilfe werde es nur mit dem Interimspräsidenten geben, erklärte Heiko Maas ja kürzlich noch. So wie es aussieht, wird es mit Guaidó, der, das hat das Wochenende ja gezeigt, kaum Unterstützung in der eigenen Bevölkerung genießt, vor allem auf einen Krieg hinauslaufen, unter dem die Menschen ganz sicher noch mehr leiden werden. Mehr Leid wollte Maas aber gerade verhindern. Der deutsche Pudel steht einmal mehr begossen da, hat eine große Klappe riskiert und ist nun Zaungast. Das ist sogar für die Goldene Himbeere zu schlecht.

 

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Über den Autor:

André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.
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Kommentare

  1. Hans-Heiko SchlottkeUnd, und, und...  Februar 25, 2019

    Volle Übereinstimmung, Herr Tautenhahn – mit einer Ausnahme: Maas kommt leider nicht in die Verlegenheit, den gefährlichen Quatsch, den er verzapft, erklären zu müssen. Denn niemand aus den Mainstream-Medien stellt ihm auch nur eine einzige kritische Frage. Sie versagen ja nicht nur hierbei, sondern generell. Wo bleibt sonst deren Aufschrei, wenn die Herrschaften in Washington unverhohlen allen mit Strafen, Gewalt bis hin zu Krieg drohen, die ihnen nicht die gewünschte Gefolgschaft leisten? Die nicht empört aufschreien, wenn ein Pompeo wärmste Worte für die „geschundenen“ Venezolaner findet, aber nichts dabei findet, Kriege etwa im Jemen, in Syrien oder Afghanistan zu führen oder zu unterstützen. Oder fleißig am Feindbild Russland bauen und auch hier einen Krieg vorbereiten. Und, und, und… Man stelle sich vor, führende Moskauer Politiker würden so drohen und kommandieren, wie es in Washington inzwischen Normalton ist, die Westliche-Werte-Welt überschlüge sich in Empörung.

  2. Marco Wenzel  Februar 26, 2019

    Wer soll denn die Verteilung der „Hilfsgüter“ übernehmen? An wen genau sollen sie denn ausgelifert werden. Wollte man sie wirklich dem Volk schenken, so könnte man sie ja auch an der Grenze einfach den Behörden übergeben, die sich dannum die Verteilung kümmern. Das wollen Guaido und die USA offensi htlich nicht. Es handelt sich hier eben nicht um selbstlose Hilfe sondern um ein vergiftetes Geschenk, um ein trojanisches Pferd, und Caracas heute ist nicht das Troja aus der Antike. Man hat aus der Geschichte gelernt.