Noch einmal zu Axel Weber

Geschrieben von: am 12. Feb 2011 um 12:21

Dem Spiegel hat Axel Weber die Begründung für seinen Rücktritt genannt. Dabei hat er gar nicht über seine Position als Bundesbankchef geredet, sondern darüber, warum er nicht EZB-Präsident werden wolle. D.h., Weber begründet seinen Rücktritt als Bundesbankchef damit, dass er einen anderen Job nicht antreten wolle, der ihm bis jetzt aber keinesfalls sicher war. Allein das ist schon ein Ausdruck purer Anmaßung und Arroganz. Aber es kommt noch besser:

Dem Präsidenten komme eine Sonderstellung zu, sagte er dem SPIEGEL. „Wenn er jedoch zu wichtigen Fragen eine Minderheitsmeinung vertritt, leidet die Glaubwürdigkeit dieses Amts.“ Er habe bei einigen wichtigen Entscheidungen in den vergangenen zwölf Monaten klare Positionen bezogen. „Die Positionen mögen für die Akzeptanz meiner Person bei einigen Regierungen nicht immer förderlich gewesen sein“, so Weber. Seither sei seine Überzeugung gereift, dass er das Amt des EZB-Präsidenten nicht anstrebe.

Quelle: Spiegel Online

Das er mit seiner Minderheitsmeinung vielleicht deshalb vollkommen alleine dasteht, weil sie grundsätzlich falsch ist, kommt dem selbsternannten Währungshüter und notorischen Inflationsbekämpfer, in dessen Amtszeit gerade die größte Finanzkrise mit sich abzeichnender Deflationsspirale fällt, natürlich nicht in den Sinn. Den Medien im übrigen auch nicht. Sie feiern Axel Weber als einen kompetenten Finanzmarktkenner und bedauern den Verlust eines standhaften Experten sowie wichtigen Beraters der Kanzlerin.

Viele Journalisten haben noch immer Tomaten auf den Augen und die Ursache sowie das Ausmaß der Finanzkrise noch immer nicht verstanden. Eine schöne Zusammenfassung der Weberschen Fehlleistungen im Amt des Bundesbankpräsidenten finden sie beispielsweise auf den NachDenkSeiten:

  • Weber ist mitverantwortlich für die miserable Makropolitik Deutschlands, die Vernachlässigung der Binnennachfrage und das Auseinanderlaufen der Leistungsbilanzen und der Wettbewerbsfähigkeit der Euro Länder.
  • Weber hat die Finanz- und die Bankenkrise verschlafen. Die Bundesbank hätte viel früher und öffentlich Alarm schlagen sollen. Sie ist mitverantwortlich für die unseriösen Geschäfte im Finanzcasino. Sie hat nicht gewarnt vor der Umwandlung des Deutschen Finanzmarktes unter der Parole Stärkung des Finanzplatzes Deutschland.
  • Er hat den Banken in die Taschen gearbeitet und uns trotz sonstigen Spar-Getöses nicht vor dem unendlich teuren Bankenrettungsschirm bewahrt. Wenn er bei der Deutschen Bank unterkommt, dann hat er das mit Sicherheit verdient. Denn: Er hat zulasten der deutschen Steuerzahler die Deutsche Bank und die deutschen Banken begünstigt. Er ist ein Hüter ihrer Interessen und nicht ein Währungshüter.
  • Schon die Nominierung und Ernennung Webers zum Bundesbankpräsidenten war ein Zeichen der miserablen Kür für wichtige Funktionen in Deutschland. Schröder wollte 2004 eigentlich Professor Bofinger zum Bundesbankpräsidenten machen, der damalige Finanzminister Eichel legte sich – vermutlich auf Betreiben seines damaligen Mitarbeiters Jörg Asmussen – quer und präsentierte Weber als Kandidaten.

Axel Weber tritt also nicht deshalb ab, weil er keine Chance für die Durchsetzung seiner Weisheiten sieht, sondern weil er auf ganzer Linie versagt hat. Weber ist ein klassischer neoliberaler Verpisser, den man natürlich nie als Hinschmeißer bezeichnen und sein Weglaufen aus der Verantwortung vorhalten würde. Im Gegenteil. Wenn er behauptet, noch keine Pläne hinsichtlich zukünftiger Beschäftigung zu haben, dann ist es wahrscheinlich genau umgekehrt.

Würde er aber zugeben, einen lukrativen Job bei einer privaten Geschäftsbank in Aussicht zu haben, dann stünde sein Rücktritt natürlich unter einem ganz anderen Licht. Denn als Bundesbanker war es ja seine Aufgabe, die private Kreditwirtschaft zu überwachen und zu prüfen, ob die Bilanzen der Banken in Ordnung sind. Die Sicherung der Stabilität des Finanzsystems war sein Job. Die Finanzkrise und das finanzpolitische Umgehen mit ihr sprechen klar für ein Versagen Webers. Axel Weber saß immer mit am Tisch im Kanzleramt oder bei den Krisensitzungen zusammen mit Vertretern von den Privatbanken.

Deren Anteil an den Kosten der Krise fiel dementsprechend gering aus, wohingegen der Staat die Hauptlast der Verluste in den Instituten, entweder über direkte Hilfen, Garantien oder der Einrichtung von Bad Banks, übernehmen musste. Dafür hat nicht nur Ackermann gesorgt, sondern Axel Weber auch nicht widersprochen. Wenn er also zur Deutschen Bank wechseln und die Nachfolge von Ackermann antreten sollte, der schon wieder Rekordgewinne und traumhafte Renditeaussichten jüngst vermeldet hat – also als Profiteur der Finanzkrise in Erscheinung tritt – dann wäre das wieder einmal ein Beispiel für nachgelagerte Korruption.

Umgekehrt funktioniert die Kungelei natürlich auch. Wenn sie danach fragen, wer auf dem Stuhl vom scheidenden Bundesbankpräsidenten Platz nehmen soll, hören sie schon wieder den Namen eines ehemaligen Studenten von Weber – Jens Weidmann. Der wiederum ist bereits wirtschafts- und finanzpolitischer Berater der Kanzlerin und würde die Geschichte mit der Drehtür und den Seilschaften auch in diese Richtung weiter fortschreiben. Besonders beruhigend ist diese Aussicht aber nicht.

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Über den Autor:

André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.
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Kommentare

  1. Canabbaia  Februar 13, 2011

    Ich bin gewiss kein Weber-Fan (vgl. http://beltwild.blogspot.com/2010/02/mario-draghi-for-ezb.html ).
    Trotzdem muss man dem Mann in der gegenwärtigen konkreten Debatte seine geldpolitische Gradlinigkeit zu Gute halten.
    Genau dass tun die Medien aber zum allergrößten Teil nicht; die Argumentationslinie ist dort eher:
    – der Mann ist zu stur
    – soll doch kompromissbereiter sein
    – hat mit seinem Rücktritt die Regierung (Kanzlerin) düpiert / verägert
    usw.
    Wenn Weber als Verteidiger der Geldwertstabilität von den eigenen Medien-Dummies derart unter Feuer genommen wird, sollten wir dem entgegen treten. Hier geht es nämlich gar nicht um Weber, sondern ums Prinzip. Wenn ausgerechnet jene Journaille, die allezeit Gefahren für die Unabhängigkeit der Bundesbank halluziniert hat, jetzt (im Ergebnis) Axel Weber in den Rücken fällt und ihn dafür kritisiert, dass er sich nicht zum Büttel der politischen Inflationsstrategie in der Eurozone machen lässt, kann man sich schon denken, welche Kapriolen der Euro-Hase zukünftig laufen wird.

    • adtstar  Februar 13, 2011

      Welche geldpolitische Geradlinigkeit?

      Ich darf in diesem Zusammenhang auf den Alt-Kanzler Helmut Schmidt, von dem ich wiederum nicht viel halte, verweisen, der zuletzt in einem mehr als unvollständig wiedergegebenen Interview mit dem Handelsblatt, die Bundesbanker treffenderweise als Reaktionäre bezeichnet hat, die in Wahrheit gegen die europäische Integration seien.

      http://www.handelsblatt.com/politik/_b=2706749,_p=6,_t=ftprint,doc_page=0;printpage