Die Zustimmung gilt als sicher

Geschrieben von: am 07. Mai 2019 um 8:22

Da kann passieren was will: tote Soldaten, technische Ausrüstungsängel oder eine Hängepartie bei der Regierungsbildung. Die Zustimmung des Bundestages gilt immer als sicher, wenn es um die Verlängerung von Auslandseinsätzen der Bundeswehr geht. Auch in dieser Woche wird das Parlament entsprechenden Regierungsvorlagen zu MINUSMA, EUTM und EU-NAVFOR wieder zustimmen, obwohl es keinerlei Erfolge, sondern eher eine Verschärfung der Lage zu vermelden gibt. Auch die Besuche der Kanzlerin in der verganenen Woche können darüber nicht hinwegtäuschen.

Die Dienstreise von Angela Merkel kam angesichts der Aufgeregtheiten um die Äußerungen eines omnipräsenten, aber bedeutungslosen Juso-Vorsitzenden recht kurz. Die Redaktionen von Zeit Online und anderer Medien schüren in ihren Clickbait-Puffs lieber Phantomängste vor einer DDR 2.0, statt sich mit den wirklich wichtigen Dingen zu beschäftigen. Merkel stattete den Bundeswehrsoldaten in Mali einen Besuch ab und lobte deren Einsatz. Sie kündigte auch an, dass das Engagement Deutschlands in Afrika noch sehr lange dauern werde.

Wir werden uns beziehungsweise die Bundeswehr wird sich bei der gemeinsamen Truppe der G5 auch mit Beratungstätigkeit und mit Ausrüstungstätigkeit engagieren. Es wird aber noch ein sehr langer Weg sein, ehe die Region hier selber in der Lage ist, aus eigenen Kräften die Probleme zu lösen und die Sicherheit herzustellen.

Quelle: Bundesregierung

Die internationale Präsenz mit rund 15.000 Soldaten in Zentralafrika hat die Lage keinsfalls verbessert. Im Gegenteil. Sie ist viel schlimmer geworden, was aber nicht allein an den Blauhelmen liegt. Ohne sie sähe es vermutlich noch verheerender aus. Aber reicht das aus, um weiterhin von einer „Multidimensionalen Stabilisierungs- und Friedensmission“ zu reden? Dass deutsche Soldaten die malischen Streitkräfte ausbilden, stimmt zwar. Doch sorgen diese dann eben nicht für mehr Sicherheit im eigenen Land, sondern bringen Menschen um oder tolerieren Angriffe auf Teile der Bevölkerung. Von einer Eskalation ist mittlerweile die Rede. Die Bundesregierung denkt daher an eine Verlagerung der örtlichen Präsenz vom Norden in die Mitte des Landes.

Die Dichte der deutschen Polizei- und Militärpräsenz im Sahel nimmt, während die Kämpfe eskalieren, kontinuierlich zu.

Quelle: German Foreign Policy

Was sind also die konkreten Ziele der Mission, wenn die ausländischen Truppen, die seit 2013 im Land sind, die Probleme augenscheinlich nicht lösen können. Die Bundesregierung begründet das Engagement mit dem üblichen Verweis auf eine bekannte Bedrohungslage. Schwache staatliche Strukturen eröffneten Rückzugsräume für Terrorismus, begünstigen organisierte Kriminalität und Schleuseraktivitäten.“ Es geht also vorrangig um Terrorismus und Migration, also Zustände, vor denen sich die westliche Wertegemeinschaft am meisten fürchtet. Nun ist es nicht besonders schwierig, sich vorzustellen, dass das die politischen Kräfte in Mali, die die Unterstützung des Westens genießen, für sich zu nutzen wissen.

Denn Terrorismus ist für sie nicht das Hauptproblem, sondern der Mangel an Autorität. Sie wollen die schwachen staatlichen Strukturen stärken und setzen dabei auf Gewalt. Das bietet sich eben auch an, wenn das Ausland mit den „Rückzugsräumen des Terrorismus“ eine perfekte Begründung liefert. So ist es nicht nur naheliegend, sondern wahrscheinlich, dass unter dem Deckmantel der Terrorismusbekämpfung vor allem ethnische Konflikte weiter angeheizt und auch ausgetragen werden. Es gibt also einen Zusammenhang zwischen der Mission und der Zunahme an Gewalt. Bundesregierung und Parlament müssen sich daher fragen, wen sie da eigentlich unterstützen, wenn sie jährlich eine Verlängerung des Einsatzes sicher beschließen.

Es droht die nächste militärische Endlosschleife.

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Über den Autor:

André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.
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