Georg Schramms Solo in: Neues aus der Anstalt – Folge 30

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Georg Schramm sollte eigentlich einen Stollen für das Krippenspiel in der Anstalt beisteuern, lieferte stattdessen aber einmal mehr eine messerscharfe Zusammenfassung der aktuellen Lage, die ihn nach destruktiven Kräften sehnen ließ. Gott sei dank war mit Leo Bassi der „gefährlichste Clown der Welt“ in die Anstalt gekommen, um mit einem Hammer ein paar Bankerfiguren zu zertrümmern und die Weihnachtseinrichtung gleich mit.

Aber zurück zur Lage. Schramm verstand es köstlich, den als „ehrbar“ geltenden Namen Guttenberg, gehörig durch den Kakao zu ziehen, als er somalische Piraten mit dem geölten bayerischen Adelsgeschlecht verglich. Die Piraten müssten ihren Lebensunterhalt eben mit eingefangenen Schiffen verdienen, weil die großen, sich auf ihren Menschenrechten ausruhenden, „ehrbaren“ Nationen, die afrikanischen Küsten leerfischen und billige Lebensmittel aus der europäischen Überproduktion nach Afrika exportieren würden und damit den dort lebenden Menschen jede Möglichkeit nähmen, eine eigene wirtschaftliche Existenz zu begründen und zu behalten. Dann hat man sich halt dazu entschlossen Pirat zu werden.

Bei den Guttenbergs lief das ja ähnlich ab, so Schramm. :>>

Die sollen im Mittelalter als Raubritterbande angefangen haben – als mittelständisches Familienunternehmen, die sich mit Wegelagerei und mit Lösegeld für gekidnappte Kaufleute in der damals schweren Zeit über Wasser gehalten hätten. :>>

Damals gab es eben keinen starken Staat so wie auch heute in Somalia, der mit ordnender Hand hätte eingreifen können. Damals in Bayern wie heute in Somalia herrschte und herrsche ein Zustand wie ihn sich die FDP idealerweise vorstellt. Um das auch an einem konkreten Beispiel aus der westlichen Welt zu demonstrieren, verwies Schramm auf Kalifornien, dem US-amerikanischen Vorzeigestaat bisher. Dort sei die konsequenteste FDP-Steuersenkungspolitik betrieben worden, die man sich überhaupt nur vorstellen konnte. Das wurde so extensiv getrieben, dass nicht einmal Terminator Schwarzenegger das verottende Gemeinwesen noch retten könne.

Und bei uns gäbe es dagegen ein anderes Phänomen zu beobachten. Die Landesbank der bayerischen Einheitspartei CSU hat unter der Woche mal eben vier Mrd. Euro versenkt, weil man mit der österreichischen Bank Hypo Alpe Adria vor zwei Jahren tief ins Klo gegriffen hatte. Neben dem hemmungs- und hirnlosen Steuersenken komme nach Schramm in Deutschland auch noch hirn- und hemmungsloses Geld aus dem Fenster raus und in die nächste Bank reinwerfen. Für einen symbolischen Euro hatte man die Bank am Montag verkauft. Die vier Mrd. sind futsch bzw. lasten auf den Schultern der Steuerzahler. Schramm sehr treffend dazu:

„Für das Geld kann Bayern seinen gesamten Nachwuchs von Kinderkrippe bis zum Examen ganztags in Kleingruppen betreuen lassen, inklusive einer Schulspeisung von Feinkost „Käfer“!

Was da getrieben wurde und wird, dagegen ist sozialistische Misswirtschaft in seinen besten Zeiten nur mühsam drangekommen. Aber alles immer unter der Führung der christlichen Union, die sonst immer so stolz drauf ist, dass man ihr die größte Kompetenz in Wirtschafts- und Finanzfragen zubilligt.“

Doch die Abrechnung komme eine Tages, so Schramm weiter. Und zwar genau an dem ersten Tag nach der NRW-Wahl. Für diesen Tag hat Schwarz-Geld nämlich die Verkündung der nächsten Steuerschätzung anberaumt. Und dann passiere statt einer Klage vor dem Verwaltungsgericht wegen Wahlbetrugs, wie neulich bei der OB-Wahl in Dortmund geschehen als die SPD einen ähnlichen Trick probierte, möglicherweise etwas ganz anderes:

„Wenn die wahren Ausmaße unserer Schuldenmisere erstmal zusammengekommen und offen auf dem Tisch liegen und wir dann noch im afghanischen Morast versunken sind, dann endlich die Umfragewerte abstürzen, wissen sie was dann passiert? Dann kommt der große Befreiungsschlag der Kanzlerin.

Sie tritt feierlich ans Rednerpult des Bundestages, zieht eine Regierungserklärung aus der Tasche und sagt:

‚Meine sehr veehrten Damen und Herren, wir müssen ehrlich gegenüber dem deutschen Volk sein und zugeben, wir stehen im Krieg in Afghanistan. Das sind wir unseren tapferen Soldaten und unseren amerikanischen Verbündeten schuldig. Ich bitte sie deshalb, mir die Zustimmung zu geben, dass wir offiziell den Kriegsfall für Afghanistan erklären.‘

Und wenn dann die Kanzlerin dafür eine Mehrheit bekommt, wird automatisch § 114 des Grundgesetzes in Kraft treten (gemeint war aber Artikel 115 h des GG, Anm. at), das da sagt, dass fortan sämtliche Bundestags- und Landtagswahlen abgesetzt werden, bis der Krieg zu Ende ist.

Auf diese Art und Weise könnte Frau Merkel unter Kriegsrecht zusammen mit der FDP noch viele Jahre weiter machen, verteidigt von unseren tapferen Soldaten, die dann endlich wüssten, wofür sie kämpfen.“

Und hier der Video zur besprochenen Szene:

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Noch einmal Afghanistan: Der Kommentar der Neuen Presse Hannover

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Auch die Neue Presse Hannover reagiert völlig überrascht auf die gestrigen Ereignisse. Claus Lingenauber kommentiert heute auf Seite 1.

„Neue Enthüllungen zeigen, dass der Christdemokrat, der vor der Wahl noch Verteidigungsminister war, besser über die tragischen Ereignisse von Kundus hätte informiert sein müssen. Schon einen Tag nach dem Bombenangriff auf zwei von den Taliban entführte Tanklaster, bei dem auch Zivilisten ums Leben gekommen waren, lag ein eindeutiger Bericht von deutschen Feldjägern vor. Doch Jung kannte ihn nicht – oder wollte ihn nicht zur Kenntnis nehmen. Beides wäre fatal – ein Offenbarungseid für einen verantwortlichen Politiker.“

Wie ich bereits gestern schon schrieb, sind die angeblichen Enthüllungen nicht das Interessante an der Geschichte, sondern die Frage, warum Springer gerade jetzt gegen die Bundesregierung schießt. Auch die Frage, warum Herr Jung eigentlich das Ressort wechselte, ist wieder hoch aktuell. Denn das deutet ja nun darauf hin, dass auch Frau Merkel mehr als im Bilde über die Vorfälle in Afghanistan war. Aber Herr Lingenauber will das gar nicht recht zur Kenntnis nehmen und begnügt sich einfach mit der Feststellung, dass Franz Josef Jung nur ein Proporzminister sei, der ansonsten keine fachlichen Qualifikation besitze.

„Zumal der Mann, dem das Wort Krieg nicht über die Lippen kommen wollte, von Beginn an eine krasse Fehlbesetzung war. Schließlich war er nicht wegen seiner Kompetenz dort gelandet, sondern aus Proporzgründen. Weil auch ein Hesse am Kabinettstisch sitzen musste. Selten wirkte jemand dort so deplatziert.“

Also wirklich schlecht, Lingenauber. Dass Hessen am Kabinettstisch sitzen müsse, ist ein wirklich dümmliches Argument und kratzt ja nicht mal an der Oberfläche. Franz Josef Jung sitzt dort, weil er Roland Koch nach dem Bekanntwerden des Spendenskandals der Hessen-CDU im Jahr 2000 einen Gefallen tat und als Chef der Staatskanzlei zurücktrat. Er rettete somit Roland Koch den Arsch, obwohl dieser mit illegalen Parteispenden, die er als jüdische Vermächtnisse deklarierte, den Wahlkampf 1998/99 bestritt. Zum Dank drängte Koch auf einen Kabinettsposten für Jung in der Regierung Merkel. Und die wiederum aktezptierte nur unter der Bedingung, dass der hessische Ministerpräsident bundespolitisch die Füße still hält. Dafür ärgert er ja jetzt das ZDF.

Solche wichtigen Informationen und Zusammenhänge sollte man als Journalist nicht unterschlagen. Dann müsste man nämlich auch nicht wieder so ahnungslos tun und beschreiben, dass Franz Josef Jung eine Fehlbesetzung war und deplatziert wirkte. Der Leser will da mehr wissen. Schließlich konnte doch Lingenauber auch ganz genau erklären, warum Andrea Ypsilanti nicht Ministerpräsidentin von Hessen werden durfte.

Nein, so geht das nicht. Aber das Beste ist ja wieder die Lobeshymne auf den Edel-Baron zu Guttenberg:

„Sein Nachfolger zu Guttenberg ist da von einem anderen Kaliber. Er räumt auf und vermittelt klare Positionen und Entschlossenheit. Mit Generalinspekteur Schneiderhan und Staatssekretär Wichert hat man inzwischen zwei Schuldige gefunden. Beide sind zurückgetreten.“

Auch hier stellt sich die dringende Frage, warum zu Guttenberg das Ressort wechselte. Sollte er mit seiner Popularität, die mit dem kürzlich absolvierten Besuch in Afghanistan und anhand medialer Bilder-Inszenierung noch einmal gesteigert wurde, die miese Vorstellung der Bundesregierung zu einem freudigen Abschluss bringen? Ich kann nur noch einmal daran erinnern, dass die Allzweckwaffe zu Guttenberg nicht das erste Mal zum Einsatz kam. Bereits in seiner Funktion als Wirtschaftsminister reiste er in die USA, um dann mit Hilfe von tollen Fotos der deutschen Öffentlichkeit und vor allem den Wählern zu suggerieren, der Fall Opel sei bei ihm in guten Händen.

Ich bin auch nicht bereit zu akzeptieren, dass zu Guttenberg über das Ausmaß des Luftangriffs bei Kunduz nicht informiert war. Er hat den immer noch geheim gehaltenen NATO-Bericht eine Woche lang durchgelesen und dann gesagt, dass das Verhalten von Oberst Klein angemessen war und dass es auch zu dem Luftschlag zwingend hätte kommen müssen, wenn die von zu Guttenberg kritisierten Verfahrensmängel nicht aufgetreten wären. Damit lehnte er sich noch weiter aus dem Fenster, als der gefeuerte Generalinspekteur Schneiderhan. Also, was wusste Guttenberg? Und im Zuge dessen Steinmeier, Merkel und die gesamte Bundesregierung? Warum hat die neue Bundesregierung und damit zu Guttenberg als Verteidigungsminister persönlich bei der NATO darauf gedrängt, dass eine Beurteilung des Luftschlags auf Grundlage des Untersuchungsberichts durch das NATO-Kommando zu unterbleiben habe? Wenn man aus dem Bericht nur den Schluss ziehen konnte, dass das Verhalten Kleins korrekt gewesen war, hätte es dafür doch keine Veranlassung gegeben.

Nein, zu Guttenberg musste die NATO zum Stillhalten bewegen, weil bereits klar war, dass Oberst Kleins Befehl zum Angriff, militärisch nicht zu rechtfertigen war. Die angeblich neuen Enthüllungen von gestern, konnte man so schon Ende Oktober lesen, als über den NATO-Bericht geschrieben wurde. Spiegel-Online schreibt zum Beispiel am 31.10.2009:

Der Nato-Bericht über den tödlichen Luftangriff auf zwei Tanklaster in Kunduz weist SPIEGEL-Informationen zufolge auf klare Fehler in der deutschen Operationsführung hin. Oberst Klein, Kommandeur des Wiederaufbauteams in Kunduz, habe sich nicht an das Standard-Einsatzverfahren, die sogenannten Standing Operation Procedures (SOP), gehalten.

So habe er die Luftunterstützung mit der Begründung angefordert, seine Truppen hätten Feindberührung, obwohl sich keine Isaf-Soldaten in der Nähe der Tanker aufhielten. Er habe es abgelehnt, als niedrigere Eskalationsstufe die F-15-Jagdbomber zunächst im Tiefflug über die Tanker fliegen zu lassen. Zudem sei es möglich, dass es angesichts der unübersichtlichen Lage nicht ausreichend war, sich auf eine einzige menschliche Quelle und die Live-Bilder der Luftunterstützung zu verlassen.

Doch erst gestern titelt Bild mit genau denselben Fakten und löst damit eine „Regierungskrise“ aus. Was steckt wohl dahinter? Soll zu Guttenberg geschützt werden und seine Rolle gefestigt? Claus Lingenauber schreibt es ja. Zu Guttenberg vermittle klare Positionen und Entschlossenheit. Ein Witz angesichts der Herumeierei im Fall Opel. Dennoch scheint zu Guttenberg momentan jedenfalls der Gewinner des Krieges an der Heimatfront zu sein.

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