Grüne halten auch nicht viel vom Klimaschutz

Geschrieben von: am 28. Mai 2019 um 16:25

Es mag ja nur eine Randnotiz sein, aber die Grünen halten auch nicht viel vom Klimaschutz. Sie halten nur viel vom Regieren. Offenbar muss man gerade jetzt, wo die Partei dank der jungen Generation durch die Decke zu schießen scheint, etwas Wasser in den Wein gießen. So lange ist es ja noch nicht her, dass Grüne zusammen mit der FDP und der Union in einem Boot Platz nahmen, um fröhlich nach Jamaika zu segeln.

Aus der gleichnamigen Koalition wurde bekanntlich nichts. Dennoch lohnt es sich, diese gescheiterten Sondierungsgespräche noch einmal in Erinnerung zu rufen. Denn die Grünen waren es, die ohne sonderliche Gegenwehr progressive Themen Stück für Stück über Bord warfen, nur um nicht als die zu gelten, denen man ein Scheitern der Gespräche hätte anlasten können. Aber der Reihe nach.

Personalsicherung

Die Absicht von Union und SPD war immer eine Fortsetzung der Großen Koalition. Da das Wahlergebnis der Sozialdemokraten allerdings nicht nur überschaubar schlecht, sondern so richtig miserabel ausfiel, musste sich die Parteiführung etwas überlegen, um einer Palastrevolte zuvor zu kommen. Die Idee vom Gang in die Opposition war geboren. Sie löste die erhofften Jubelstürme im Willy-Brandt-Haus aus und erstickte eine Personaldebatte im Keim.

Denn wenn eins die Sozialdemokraten nach Wahlniederlagen nicht gebrauchen können, sind es Personaldebatten. Das hört man immer wieder, auch nach der Europawahl vom letzten Sonntag. Damals drehte der SPD-Chef Martin Schulz in der Elefantenrunde richtig auf, motzte herum und beschimpfte die Kanzlerin. Die war wiederum irritiert und sagte sinngemäß, dass sich die SPD das mit der Großen Koalition doch noch einmal in Ruhe überlegen sollte. In Gedanken schob sie den Satz noch nach: Das war doch auch so abgemacht.

Schulz blaffte aber „Nein!!“ und verbreitete das Märchen, wonach Jamaika längst ausgemachte Sache gewesen sei. Wie wir alle wissen, sollte es ein halbes Jahr später unter tatkräftiger Unterstützung des Herrn Bundespräsidenten dann doch zu einer Großen Koalition kommen. Doch wegen der akuten Personalsicherungsmaßnahmen bei den Sozialdemokraten musste die Kanzlerin zunächst mit dem ungeliebten Lindner von der FDP und den regierungsgeilen Grünen verhandeln. Letztere erwiesen sich als ausdauernde und vor allem widerstandsfähige Bewunderer der Gottkanzlerin.

Die Aufgabe der CSU war es, die Verhandlungen immer wieder zu stören und schließlich zum Scheitern zu bringen, es aber so aussehen zu lassen, dass der andere die Brocken hinschmeißt. Der Plan war ja immer noch die Große Koalition. Kettenhund Dobrindt übernahm den Job gerne und verbiss sich anfangs ganz fest in den natürlichen Gegner der bajuwarischen Stammtischhaubitzen. Die Grünen ließen sich aber nicht provozieren, sondern hatten im Gegenteil nur das erlösende Finale im Visier. Nein, nicht das Scheitern, sondern die langersehnte Regierungsbeteiligung. Das war das Ziel.

Atmender Rahmen

Cem Özdemir sah sich schon als kommender Außenminister, der adrett und jugendlich locker durch die Welt jettet und sich um Bonusmeilen oder Hanfpflanzen im Fensterbrett nie wieder hätte Sorgen machen müssen. Um diesen Traum Wirklichkeit werden zu lassen, gaben die Grünen alles auf. Als erstes die Vermögensteuer, die sie als einzige im Wahlkampf offensiv forderten. Dazu brauchte es den Dobrindt noch nicht. Unter einer grünen Regierungsbeteiligung hätte es außerdem keine neuen Substanzsteuern gegeben. Ohne Gebell und Beißattacken gaben die Grünen aber auch ein Bekenntnis zu Schwarzer Null und Schuldenbremse ab.

Beim Thema Klima zierten sie sich erst ein wenig, räumten dann aber ganz überraschend das umkämpfte Feld. Es war die Spätphase des Jamaika-Segeltörns. Özdemir und Co erkannten wohl, dass sie vertrieben werden sollten. Sie erfanden daraufhin den atmenden Rahmen. Der galt für die Flüchtlingspolitik (so viel zum Thema Fels in der Brandung), den Kohleausstieg und das Ende des Verbrennungsmotors. Feste Termine gab es nun nicht mehr. Also genau das, was man später beim Koalitionsvertrag von Union und SPD wiederum scharf kritisierte. Kettenhund Dobrindt antwortete allerdings auf die heruntergelassenen grünen Cordhosen so:

„Wenn man Schwachsinnstermine abräumt, dann ist das ja noch kein Kompromiss.“

Die Grünen blieben trotzdem, auch ohne Rückgrat, standhaft am Verhandlungstisch und wären es sicherlich noch lange geblieben, vermutlich bis zur absoluten Unkenntlichkeit, wenn nicht irgendwann der Lindner gesagt hätte, dass es besser sei gar nicht zu regieren, als falsch zu regieren. Dem Chef der Liberalen ist der Klimaschutz vermutlich ähnlich schnuppe wie den Grünen, aber in einem Punkt, der den Grünen offenbar dann doch über alles geht, scheint er sich von ihnen zu unterscheiden. Dem Merkelschutz.

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Über den Autor:

André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.
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Kommentare

  1. Jörg Wiedmann  Mai 28, 2019

    Nachhaltigkeit steht in meinem Unternehmen seit über 20 Jahren an erster Stelle. Denn Klimaschutz, Umweltschutz, schonender Umgang mit Ressourcen sind alles nur Teilaspekte der nachhaltigen Produktion von Gütern. Schon vor 10 Jahren als Klimaschutz noch nicht in dem Maße wie heute propagiert wurde habe ich beim Neubau meines Produktionsgebäudes darauf Wert gelegt das Gebäude so CO2 neutral wie möglich zu gestalten. Es ist zu 100% gelungen. Ich heize mit einer Wärmepumpe (Geothermie), setze eine Beleuchtung ein die nur wenig Strom benötigt. Das Energieäquivalent wird von einer großflächigen Solaranlage (ca 1300 m²) auf dem Dach erzeugt. Die Solarpanele sind in die Dachabdichtung integriert.
    Da es damals noch nicht möglich war den erzeugten Strom zu speichern -und es auch heute kaum betriebswirtschaftlich möglich ist (leider) wird der Strom eingespeist.
    Das die Grünen nicht wirklich viel vom Klimaschutz halten zeigt sich auch darin, dass die Grünen und ihre Wähler mit Abstand am meisten fliegen, dabei aber wenigstens ein schlechtes Gewissen haben. :-)
    Deshalb nervt mich auch diese ganze heuchlerische Diskussion um den Klimaschutz.
    Wenn Frau Roth 41.000 km um die Welt fliegen muss um sich die Auswirkungen des Klimawandels anzusehen, dann stimmt doch was nicht.
    Ich bin mir als Unternehmer meiner besonderen Verantwortung bewusst.
    Mein Unternehmen produziert zu 100% in Deutschland und zahlt auch seine Steuern hier.
    Die Mitarbeiter werden gut bezahlt und es gibt sowohl Weihnachts- wie Urlaubsgeld.
    Ich kaufe keinen Stahl aus China sondern aus der EU oder Europa, da der Transport aus China ja nicht unbedingt besonders Klima oder umweltfreundlich ist.
    Auf lange Sicht -möglicherweise schneller als mancher denkt- muss in vielen Bereichen komplett umgedacht und auch umgesteuert werden. Aber bitte mit Sinn und Sachverstand.
    Und genau daran hapert es bei allen im Bundestag vertretenen Parteien.

  2. Sabine  Mai 29, 2019

    Es ist ja interessant, dass man die Grüne Politik und die Wähler der Grünen so gut zu kennen scheint. Wenn immer nur Witze darüber gemacht werden in der Art „fährt mit SUV beim Bioladen vor“, dann sehe ich da eher die reiche Firmeninhabers-Gattin, die zwar CDU wählt, aber lieber ohne Pestizid-Verseuchung durchkommen will.
    Ohne die Grünenbewegung und die Umweltschutzverbände gäbe es heute weder renaturierte Flüsse, in denen wieder Tiere leben, noch echte Biolabel noch Grenzwerte für Chemikalien in Lebensmitteln usw. Ich weiß es wegen meines Alters besser, sorry, aber fragen Sie doch mal bei den „Alten“ nach, die nicht traditionell CDU-Wähler sind und sich noch an Dünnsäure-Verklappung in der Nordsee erinnern. Klimaschutz ist gegenüber den Umweltsünden von früher ja fast schon ein Luxusthema. Wenn Ihnen die Grünen zu lasch erscheinen, können Sie sich auch gerne bei der SPD erkundigen, wie hart Politik sein kann, wenn sie von Konzernlobbyisten bei der CDU dominiert wird. Greenpeace und Robin Wood halten Sie dann wohl für Spaßvereine.

  3. Jürgen Apitzsch  Mai 30, 2019

    Ehrlich gesagt erscheint mir diese Klimadebatte mehr als suspekt. Hierzu ein paar Zahlen, die jeder gerne nachprüfen kann. Unsere Luft setzt sich zusammen aus etwa 20 % Sauerstoff und knapp 80 % Stickstoff. Die verbleibenden Zehntelprozent teilen sich Edelgase wie Neon, Radon, Argon etc. und eben…CO2. Der CO2- Anteil an unserer Luft beträgt öffentlich zugänglichen Quellen zufolge 0,038 %. Der menschengemachte Anteil daran liegt bei 4 %. Somit ist die Menscheit verantwortlich für 0,00152 % des CO2- Gehaltes in unserer Luft.

    CO2 ist ein farbloses, geruchloses Gas. Wie sollen gerade mal anderthalb Promille eines solchen Gases einen Klimawandel herbeiführen? Eisbohrkerne aus dem ewigen Eis der Antarktis und Grönlands beweisen, dass der CO2- Gehalt in der Luft vor 800.000 Jahren etwa 2 Drittel höher war, als heute. Nämlich 900 ppm (parts per million) anstatt, wie heute, knapp 300 ppm. Und dennoch ist die Welt nicht ausgestorben. Im Gegenteil, die Pflanzen fanden es cool. Nein, ich sage es laut und deutlich; Hier wedelt der Schwanz mit dem Hund. So wichtig sind wir Menschen, zumindest das Klima betreffend, mitnichten. Wer mir gerne das Gegenteil verdeutlichen will, der findet bei mir offene Türen, ich bin gespannt.

    Was mir hingegen viel größere Sorgen bereitet, ist die Vermüllung der Meere in Plastikfriedhöfe, die Abholzung der Regenwälder (was tatsächlich geeignet ist, das Weltklima zu beeinflussen), das Zündeln an unserer Weltwirtschaft, von deren Funktionieren so viele Leben abhängen oder ein verrückter Militarist, der mit thermonuklearen Präemptivschlägen liebäugelt. Oder beispielsweise ein Pazifik, der sich seit sechs Jahren zu einer radioaktiven Sondermüllhalde verwandelt. Das sind jene Themen, die vorrangig angegangen werden müssten, von unseren Medien jedoch weitgehend ausgeblendet werden.

    • André Tautenhahn  Mai 30, 2019

      CO2 ist ein farbloses, geruchloses Gas. Wie sollen gerade mal anderthalb Promille eines solchen Gases einen Klimawandel herbeiführen?

      Wie kommen Sie darauf, dass kleine Mengen keine große Wirkung haben können? Jemand, der 80 Kilogramm wiegt, würde auf der Stelle tot umfallen, wenn er lediglich 230 mg Cyanid zu sich nehmen würde. Das entspricht 0,000288 Prozent seines Körpergewichts. Bitte fallen Sie doch nicht auf den Unfug mit den „kleinen“ Mengen oder Konzentrationen herein. Beim FCKW waren die Mengen noch viel geringer und das Ozonloch aber um so größer.

      Eisbohrkerne aus dem ewigen Eis der Antarktis und Grönlands beweisen, dass der CO2- Gehalt in der Luft vor 800.000 Jahren etwa 2 Drittel höher war, als heute. Nämlich 900 ppm (parts per million) anstatt, wie heute, knapp 300 ppm.

      Das ist unredlich. Der Eisbohrkern aus Grönland liefert zunächst einmal lokale Daten. Hier zu verallgemeinern und zu suggerieren, auf der ganzen Welt sei es so gewesen, ist Blödsinn. Lokale Schwankungen gibt es auch heute, der Eisbohrkern allein ist also kein Beweis. Sie müssen schon einen globalen Mittelwert nehmen, wenn sie eine globale Aussage treffen wollen. Und da sieht es eben ganz anders aus. Der CO2 Gehalt in der Atmosphäre ist heute der höchste seit mindestens 3 Millionen Jahren.

      So wichtig sind wir Menschen, zumindest das Klima betreffend, mitnichten.

      Meine Güte. Temperatur und Taupunkt steigen, seit der Mensch zusätzliches CO2 in die Luft bläst. Es wird global wärmer und daran ist der Mensch nun einmal Schuld. Daran gibt es keinen wissenschaftlichen Zweifel, auch wenn immer wieder etwas anderes behauptet wird. Mit Ihrem letzten Absatz bin ich sehr einverstanden, wobei es bei den Beispielen zunächst einmal um Umweltzerstörung geht.