Nur zwei Minuten für ein wichtiges Thema

Geschrieben von: am 05. Aug 2018 um 19:38

Quelle: Screenshot ARD Sommerinterview vom 5. August 2018

Das heutige Sommerinterview der ARD mit Horst Seehofer ist einmal mehr ein journalistischer Tiefpunkt gewesen. Thomas Baumann quatschte mit dem Innenminister geschlagene 17 Minuten über Asylpolitik und Asylstreit. Dabei interessiert sich mittlerweile kaum noch jemand dafür, wie selbst der ARD Deutschlandtrend zuletzt herausgefunden hat.

Quelle: Tagesschau

Nur 39 Prozent der Befragten halten die Asyl- und Flüchtlingspolitik überhaupt für sehr wichtig. Trotzdem gestaltet die ARD-Hauptstadtredaktion das Sommerinterview mit Seehofer so, als gäbe es nichts wichtigeres. Doch gibt es, mit dem sozialen Wohnungsbau zum Beispiel. Dafür ist der Innenminister als Bauminister in seinem Superressort zufällig auch noch zuständig. Aber dafür war am Ende der Sendung leider kaum noch Zeit. Zwei Minuten, um genau zu sein.

„Ganz kurz, da wir nur wenig Zeit haben“, würgte Baumann das Thema gleich selbst wieder ab. Und vom Blatt musste er ablesen, dass Seehofer ja auch Minister für Wohnen und Bauen ist. Mit diesem Teilbereich scheint der Hauptstadtjournalist nicht häufig zu tun zu haben. Baumann sagte dann aber, dass Seehofer das Thema Wohnen und Bauen als die soziale Frage der Zeit bezeichnet habe. Die eigentliche Frage müsste doch dann nicht lauten, wie Seehofer dem Trend von immer weniger Sozialwohnungen entgegen wirken wolle, sondern warum es dafür nur zwei Minuten Sendezeit in der ARD gibt.

Und diese knappe Sendezeit durfte Seehofer dann auch noch für einen Werbeblock nutzen, um sich unwidersprochen als den größten Sozialpolitiker aller Zeiten darzustellen („Ich habe das größte Wohnungsbauprogramm aufgelegt, dass es in der Geschichte der Deutschen gab“). Danach folgte, wie oben erwähnt, der Satz des Interviews von Fragensteller Baumann. „Ganz kurz, da wir wenig Zeit haben…“ Falsch: Genug Zeit wäre gewesen, wenn sich die Redaktion zu einer anderen Themensetzung entschieden hätte, als minutenlang der Frage nachzugehen, ob Seehofer die Richtlinienkompetenz der Kanzlerin akzeptiere. Die ARD-Hauptstadtredaktion scheint das jedenfalls zu tun.

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Über den Autor:

André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.
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Kommentare

  1. Hartmut Schwarz  August 6, 2018

    Maischberger, Anne Will und das Sommer(Theater)interview, werden bei uns als Zeitverschwendungsshow nicht konsumiert, der Beitrag im Taublog zeigt warum.