Kurz notiert: Ewige Baustellen

Geschrieben von: am 20. Jun 2016 um 16:35

Heute mit ewigen Dauerbaustellen in Nord, Süd und Ost. Nur im Westen gibt’s nichts Neues:

  • Die Wirtschaft drosselt das Wachstum, weil die Impulse aus der Bauindustrie langsam nachlassen. Daran ändert auch die im Prinzip zu kleine Großbaustelle am Berliner Flughafen nichts, auf der ohne offiziellen Eröffnungstermin weiter noch einige Monate, vielleicht Jahre, geschraubt, geschweißt und gehämmert werden wird. Weiter geht es auch beim teuer geplanten und ebenfalls zu kleinen Tiefbahnhof Stuttgart 21. Allerdings ohne Infrastruktur-Vorstand der Deutschen Bahn, Volker Kefer, der stabile Kosten und einen pünktlichen Eröffnungstermin versprochen hatte. Beides trifft inzwischen nicht mehr zu.
  • Quelle: pixabay

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    Dagegen wird die Elbphilharmonie ziemlich sicher am 11. Januar 2017 eröffnet und damit rund sieben Jahre später als ursprünglich geplant. Das riesige Verlangen, einen der begehrten Plätze bei den ersten Konzerten zu ergattern, war deshalb beim Start des Vorverkaufs heute erwartbar hoch. Dennoch hielten die Server dem Anfragedruck aus dem Internet nicht Stand und brachen schon früh in sich zusammen. Dabei hätte man eigentlich annehmen können, dass für die 789 Millionen Euro Baukosten, immerhin 712 Millionen Euro mehr als anfänglich veranschlagt, stabile Server eingepreist sind. So war weiter analoges anstellen angesagt.

  • Auf der Dauerbaustelle Erbschaftsteuer haben sich die Bauherren CDU, CSU und SPD nach langen Diskussionen offenbar auf eine neue Konstruktion der in sich zusammengestürzten Reform verständigt. Der Grund: Termindruck. Bis zum 30. Juni muss das neue Regelwerk stehen. Solange gaben die Richter am Bundesverfassungsgericht den kreativen Architekten der GroKo Zeit für einen Neubau des Neubaus. Der soll nun stehen. Experten gehen aber davon aus, dass das Fundament auf ähnlich wackeligen verfassungsrechtlichen Füßen steht, wie die von denselben Amateuren hingezimmerte Vorgängerruine, die übrigens auf den Resten eines eingestürzten Gesetzes errichtet worden war. Die Besitzer größerer Vermögen können sich aber freuen. Denn bis zum nächsten Zwangsneubau ziehen wieder Jahre ohne nennenswerte Abgaben ins Land.
  • Quelle: pixabay

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    Bleibt noch Außenminister Frank-Walter Steinmeier, der am Wochenende vorgeschlagen hatte, bessere Beziehungen zu Russland aufzubauen, statt einseitig Kriegsübungen an dessen Grenzen abzuhalten. Der Versuch eines diplomatischen Appells nahm ihm der Rest des Westens aber umgehend krumm. Untergraben die Äußerungen doch das schöne Bild von der Verteidigungsfähigkeit und Verteidigungsbereitschaft des NATO-Bündnisses. An der militärischen Abschreckung hat aber auch Steinmeier ein Interesse, wenn es da nur nicht so schlecht um die Umfragewerte seines Wahlvereins bestellt wäre. Steinmeiers gleichzeitiges Werben für „deterrence and detente“ ist nichts Neues. Insofern scheint die Aufregung auch nur schrecklich baustellenhaft konstruiert.

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Über den Autor:

André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.
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