Was ist mit den Jungs, Krause?

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Quelle: pixabay

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Genau ein Jahr ist es her, als die griechische Regierung das Volk befragte, ob es die Bedingungen der Sparpolitik akzeptieren wolle. Oxi, das griechische Wort für Nein wurde daraufhin zum Synonym für den Widerstand gegen das Diktat der Troika. Gleichzeitig verbanden die Griechen dieses Nein mit einem klaren Ja zum Euro und der Europäischen Union. Damals schimpfte Brüssel aber laut über das Referendum, das der griechische Regierungschef Alexis Tsipras initiierte. Bei David Cameron sieht die Sache anders aus. Die Schimpferei hat sich schnell erledigt.

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Die Troika gewinnt

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Die Wähler in Griechenland haben gestern Syriza erneut zur stärksten Fraktion im Parlament gemacht. Doch gewonnen hat die Troika, die nicht zur Wahl stand, aber ab Oktober unbeirrt weiterregieren darf. Klar daneben lagen einmal mehr die Umfrageinstitute, die ein enges Rennen vorausgesagt hatten. Tsipras wird die Koalition aus Syriza und Anel aber fortsetzen.

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Die Radikalen regieren in Berlin und Brüssel

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Die neue griechische Regierung meint es Ernst und bietet der permanent gepredigten Alternativlosigkeit die Stirn. Denn die systematisch betriebene Verarmung eines Landes hat mit Rettungspolitik nichts zu tun.

Das kleine Griechenland treibt seinen Rettern die Zornesröte ins Gesicht. Da wäre zunächst einmal die Regierungsbildung zu nennen, die entgegen aller demokratischen Gepflogenheiten, bereits einen Tag nach der Wahl als abgeschlossen gelten konnte. Wie geht denn so was, fragte sich der Rest der europäischen Wertegemeinschaft. Weiß doch jeder, dass unter normalen Bedingungen lange zwischen den Koalitionspartnern verhandelt werden oder aber irgendetwas Geschäftsunfähiges über den Ablauf der Legislaturperiode hinaus im Amt bleiben müsse.

Als nächstes machte sich die neugewählte Regierung um Ministerpräsident Alexis Tsipras daran, die eigenen Wahlversprechen in die Tat umzusetzen. Auch das schockte die übrige europäische Wertegemeinschaft, die demokratische Wahlen lediglich als bizarre Showveranstaltung begreift. Hierzulande ist es bekanntlich unfair, Politiker an den Versprechen zu messen, die sie vor einer Wahl abgegeben haben, sagte einmal der große Spezialdemokrat Franz Müntefering. Diesem Offenbarungseid haben sich schließlich alle politischen Lager angeschlossen. Deshalb kann der deutsche EU-Kommissar Günther Oettinger heute auch mit ernster Mine behaupten, das Verhalten der griechischen Regierung sei frech und unverschämt.

Mit dem Tempo überfordert

In Wirklichkeit ist die politische Klasse nördlich der Alpen auf das griechische Tempo gar nicht vorbereitet. „Kein Bock“, war daher die erste Antwort führender Köpfe wie des EU Parlamentspräsidenten Martin Schulz, der eilig und natürlich auf Kosten der Steuerzahler nach Athen jettete. Ihm folgten weitere hochrangige Beamte, die gegenüber den Medien mit Schaum vorm Mund auftraten, in den Gesprächen vor Ort aber kleinlaut erkennen mussten, dass Tsipras Regierung kein Betriebsunfall ist und sich wenig von den Drohungen des Nordens beeindrucken lässt. Die meinen es Ernst und nennen die bisherigen Rettungsaktionen von EU, EZB und IWF bei ihrem eigentlichen Namen: Verarmungspolitik.

Sollte die das Ziel der Troika gewesen sein, kann man durchaus von einem Erfolg sprechen. Massenarbeitslosigkeit, Wegfall des sozialen Netzes und eine große Depression in einem europäischen Land, die ungefähr so schwerwiegend verläuft, wie jene, die Amerika in den 1930er Jahren erlebte. Folgt man den als Retter auftretenden Folterknechten des Nordens soll diese Erfahrung noch einmal wiederholt werden. Wie sonst soll man die Schäubles und Schulzens verstehen, die gebetsmühlenartig ein Weiter so und sogar noch mehr Anstrengungen von den Griechen verlangen. Die letzten Troikaner glauben ernsthaft daran, mit diesen verantwortungslosen wie menschenverachtenden Rezepten noch einmal Zeit schinden zu können.

Doch die Zeit ist abgelaufen. Die Griechen wollen nicht noch mehr Jahre sinnlos verlieren. Die nach Ausbruch der Krise nie verheilten Brüche und Wunden innerhalb der Eurozone treten erneut offen zu Tage. Neben Griechenland werden nun auch wieder andere Staaten die von Berlin aus verordnete Verarmungspolitik lautstark infrage stellen. Denn gerade Länder wie Italien, Spanien und Frankreich haben längst bemerkt, dass mit dem Gerede von einer Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit immer nur die Deutsche gemeint ist. Südeuropa als verlängerte Werkbank der deutschen Exportindustrie: Das scheint der feuchte Traum von neoliberalen Kräften zu sein, die auf ein Heer billiger Arbeitskräfte und bedingungslose Rentabilität setzen.

Radikaler Umbau vorerst gestoppt

Dafür ist Zerstörung notwendig. Vor allem soziale Sicherungssysteme und der öffentliche Beschäftigungssektor gelten als Hindernisse auf dem Weg zum maximalen Profit. Griechenland war Modellregion für diese Art des brutalen Umbaus im Auftrage Berlins, das auf seine Finanzeliten hört. Doch damit ist jetzt Schluss, so scheint es. Die EZB darf nicht mehr bei der Troika mitmachen und die EU-Kommission unter Juncker will nicht mehr. Nur Berlin, das mit eigenen Beamten die Kontrolleure stellt, sowie die angeschlossenen deutschen Medienhäuser halten an einem Gremium fest, das nie demokratischen Spielregeln entsprach.

Wer sind also die Radikalen? Syriza? Die Linken im Allgemeinen? Der griechische Finanzminister Yanis Varoufakis sagte in einem lesenswertem Interview: „Wenn man sich das Programm der Syriza ansieht, findet sich bis auf den Namen nicht allzu viel, was radikal links wäre. Die Idee, dass Menschen sich im Notfall auf ein soziales Rettungsnetz verlassen können, widerspricht schließlich nicht der sozialen Marktwirtschaft – auch nicht in anderen Teilen Europas.“

Hat der Mann nun unrecht? Ist er gefährlich und sein Chef ein verrückter Geisterfahrer? Nein, dass die Linken gar nicht radikal sind, ziehen nur diejenigen in Zweifel, die ein erfolgloses wie menschenverachtendes Kürzungsprogramm noch immer für intelligente oder alternativlose Rettungspolitik halten. Die Radikalen dieser Zeit regieren eben nicht in Athen, sondern in Berlin und Brüssel.


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Die Lüge soll das Scheitern verdecken

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Das griechische Parlament hat auch im dritten Wahlgang Stavros Dimas als neuen Staatspräsidenten abgelehnt. Das bedeutet Neuwahlen im Januar. Ein Aufschrei geht durch Europa, das offenbar nichts so sehr fürchtet wie die Demokratie.

Blickt man in die Kommentarspalten an diesem 30. Dezember 2014, werden düstere Bilder gemalt. Griechenland stehe vor einem unheilvollen Szenario. Davor, frage ich mich? Das Land steckt doch seit Jahren mittendrin, dank einer gescheiterten Krisenpolitik, die maßgeblich von Brüssel und Berlin aus betrieben wird!

Die meisten Kommentare beginnen deshalb mit einer handfesten Lüge. Sie behaupten, Griechenland ginge es besser, da die Wirtschaft wieder wachse. Das Land schien aus dem Gröbsten heraus zu sein, sei auf einem guten Weg, der nun verlassen werden könnte. Mit der Aussicht auf Neuwahlen, die nicht das erwünschte Ergebnis liefern werden, stünde alles Erreichte auf dem Spiel. Nur wurde in sechs Jahren nichts erreicht, was den griechischen Staat auch nur ansatzweise vorangebracht hätte.

Examinierte Arschlöcher wundern sich

Das Gegenteil zu behaupten, ist aber nötig, um das eigene Scheitern zu verdecken. Sechs Jahre Rezession und die bornierten Krisenmanager halten immer noch an ihrem Rezept der brutalen Kürzungen fest, ja feiern diesen Unfug sogar als Erfolg. Die unangenehmen Begleiterscheinungen wie Massenarbeitslosigkeit, Massenarmut und massenhaft radikalisierte Köpfe, sie interessieren nur am Rande oder werden als notwendige Bürde betrachtet, die das griechische Volk nun einmal zu tragen hätte.

Dabei ist die Blindheit wie der ökonomische Analphabetismus der deutschen Besserwisser kaum noch zu ertragen. Dort wo man Vernunft nicht einmal mehr vermuten will, herrscht uneingeschränkt die Kälte des bürgerlichen Subjekts. Mal wieder. Und diese, Verzeihung, examinierten Arschlöcher, wundern sich dann auch noch über Gruppierungen wie PEGIDA, auf deren „Sorgen“ sie sich nun einlassen wollen.

Das soll irgendwie Weise wirken, ist an Blödheit aber kaum noch zu überbieten. Einige begeben sich bereits auf das PEGIDA Niveau und schlagen harte Töne an. Eine Drohkulisse gegenüber Griechenland müsse es geben, um die abtrünnige Republik auf Kurs zu halten. Bundesfinanzminister Schäuble spricht den Griechen sogar jegliche Souveränität ab, in dem er sagt: Vertrag ist Vertrag, egal wer regiert.

Verschreckte Leithammel suchen Schuldigen

Die deutschen Leithammel werfen dem möglichen Wahlsieger Alexis Tsipras nun Radikalität vor und vergessen dabei jene Brutalität, die unter den gewünschten Regierungen bereits zur Anwendung kam. Doch diese menschenverachtende Politik, die es in Griechenland seit sechs Jahren gibt, verniedlichen die deutschen Medien einfach. Sie sprechen verharmlosend von Reformen, manchmal mit dem Zusatz „schmerzhaft“, ohne auch nur ansatzweise zu begreifen, wie schmerzhaft das ist.

Nun sehen sich die gescheiterten Krisenmanager mit dem Ergebnis ihrer Politik konfrontiert und schlagen wie kleine Kinder wild um sich. Sie wollen ihre Fehler nicht eingestehen, fordern wie immer eine Erhöhung der furchtbaren wie nutzlosen Dosis und suchen parallel Schuldige für die ausbleibende Wirkung. Ein vermeintlicher Populist wie Tsipras kommt da gerade Recht. Er müsse verantwortlich dafür sein, dass die segensreiche Reformpolitik auf so viel Unverständnis in der Bevölkerung stoße.

Er missbrauche die Demokratie ja nur, während die neoliberalen Dogmatiker im Norden Europas sie marktkonform erhalten wollen. Um das zu erreichen, wird gehetzt, gedroht, sich eingemischt, sich blamiert und letztlich Lügen als Wahrheit verkauft. Da Griechenland weiterhin am Hilfstropf hängt – wieso eigentlich, wenn alles so gut läuft – nutzen die Musterdemokraten ihre Macht vorsorglich aus, um die nächste Entscheidung des Volkes zu beeinflussen.

Angst vor der Notbremse

Die deutschen Schreiberlinge sorgen sich derweil um ein Ende der Privatisierungen in Griechenland. Sie stellen besorgt die Frage, ob ein Regierungschef Tsipras Investoren nun enteignen oder entschädigen will, statt zu fragen, welchen Gewinn die Geldgeber aus der bisherigen Enteignung des griechischen Volkes gezogen haben.

Rund 50 Milliarden Euro sollte durch die Privatisierung öffentlichen Eigentums in die griechische Staatskasse fließen. Im Jahr 2015 werden es nach Schätzungen des IWF aber nur etwas mehr als sechs Milliarden Euro sein. Haben die Griechen da schlecht verhandelt oder die Investoren eine günstige Gelegenheit bloß ausgenutzt? Eine Frage, deren Klärung sehr viel wichtiger für das Verständnis ist, als die panische Angst vor dem berechtigten Griff zur Notbremse.

Die selbst in die Radikalität abdriftenden deutschen Leitmedien beantworten diese Frage aber nicht. Sie fürchten sich lieber vor einem echten Regierungswechsel in Griechenland. Denn statt den Lokführer bloß auszutauschen, wie es bisher üblich war, wenn nichts mehr lief, wollen die Griechen mit Tsipras jemanden wählen, der den Zug offenbar anhalten und die Richtung überprüfen will. Das können deutsche Medien, die alle vier Jahre von Richtungswahlen schwadronieren, obwohl sie nur den Austausch eines Lokführers meinen, natürlich nicht verstehen.


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