"Die biblische Erkenntnis, alles habe seine Zeit"

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Ole von Beust liefert ganz großes Kino. Sein Rücktritt folgt der biblischen Erkenntnis, alles habe seine Zeit. Wie nobel und die Kommentatoren honorieren diesen Schritt, ziehen sogar eine positive Bilanz eines volksnahen ersten Bürgermeisters, der erfolgreich regierte und sogar als erster eine schwarz-grüne Koalition zustande brachte. Liberal und weltoffen lauten die Zuschreibungen. Wer denkt da noch zurück an die Zeit, als sich Ole von Beust durch Ronald Schill zur Macht verhelfen ließ.

Ronald Schill, der im Bundestag gegen Ausländer hetzen durfte. Ronald Schill, der Giftgas für die Hamburger Polizei forderte. Ronald Schill, der der SPD Blut an den Händen vorwarf und Ronald Schill, dessen Partei Internanierungslager für kranke Zuwanderer forderte. Zu all diesen Ausfällen seines Koalitionspartners schwieg der nette Ole von Beust damals in den Jahren seiner ersten Amtszeit zwischen 2001 und 2004. Er wurde ja auch kaum drauf angesprochen, von Medien, die in Hamburg zu fast 90 Prozent vom Springer-Konzern kontrolliert werden.

Sehen sie deshalb noch einmal einen Bericht des Magazins Panorama vom 26. Februar 2004 mit dem Titel: „Hamburgs heimliche Wahlhelfer – Die Springer-Presse auf Kampagnen-Kurs“

Quelle: Panorama

Ole von Beust strahlt – tausendfach: auf Wahlplakaten, in Werbespots und bei jedem öffentlichen Auftritt. Der Erste Bürgermeister der Hansestadt Hamburg hat alle Chancen, die Wahl am kommenden Sonntag zu gewinnen. Denn seine zweijährige Kumpanei mit Innensenator Schill und die damit verbundenen Skandale haben die Bürger offenbar vergessen. Ole von Beust ist wieder ein Saubermann – und die gesamte Springer-Presse hat an diesem Hochglanz-Image einseitig mitpoliert. Sie hofiert von Beust, widmet ihm Homestories und freundliche Schlagzeilen. Der Springer-Konzern, der 85 Prozent des Hamburger Zeitungsmarktes dominiert, hat sich zum heimlichen Wahlhelfer der CDU gemacht.

Ronald Barnabas Schill, der einstige Steigbügelhalter von Ole von Beust, kommt in den Springer-Zeitungen kaum mehr vor. Vor zwei Jahren war das noch ganz anders. Damals war er der umjubelte Polit-Neuling in BILD und Co. Jetzt weisen dieselben Blätter nicht mal mehr auf Schills Wahlkampfauftritte hin. Und so wird die politische Landschaft in Hamburg retuschiert – ganz im Sinne des Ersten Bürgermeisters. Kein Wunder, dass der strahlt!

Autorin/Autor: Bericht: Iris Ockenfels und Dietmar Schiffermüller

Der Link zum Video:

http://daserste.ndr.de/panorama/media/wahlhelfer100.html

Es ist traurig, dass die Medien inzwischen so vergesslich geworden sind, dass ihnen zur Schill-Sauerei von damals nichts mehr einzufallen scheint. Diese unsägliche Koalition zwischen CDU, FDP und Schill-Partei kommt in den Kommentaren, die vorgeben eine Bilanz ziehen zu wollen, gar nicht vor. Das ist nicht nur schlecht, sondern auch schäbig.

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