Minister-Kabarett: Schäuble vs. Brüderle

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Wollen sie etwas Lustiges aus dem Politikbetrieb lesen? Dann passen sie genau auf.

Gestern meldete sich ja Rainer Brüderle und sein Ministerium zu Wort, um von einem kleinen Jobwunder zu berichten (siehe hier im Blog). Konkret wird die Aufschwungseuphorie in der Pressemitteilung des Wirtschaftsministeriums wie folgt wiedergegeben.

Quelle: BMWi

Deutschlands Wirtschaft wächst wieder, und wir beobachten ein kleines Jobwunder. Die erfreuliche Belebung der deutschen Wirtschaft wird von der Erholung der Weltwirtschaft, aber zunehmend auch von der Binnennachfrage getragen.

Das Wichtigste habe ich einmal unterstrichen. Denn sie müssen diese Botschaft vergleichen mit dem aktuellen Monatsbericht April des Bundesfinanzministeriums. Dort heißt es nun:

Quelle: BMF

Die Gesamtheit der aktuellen Wirtschaftsdaten deutet darauf hin, dass eine merkliche konjunkturelle Belebung im 1. Quartal ausgeblieben ist. Nach verhaltenem Start der deutschen Wirtschaft in das neue Jahr stellte sich das Indikatorenbild auch im Februar uneinheitlich dar.

Die deutliche Entlastung der privaten Haushaltseinkommen zu Jahresbeginn hat bisher noch nicht zu einer spürbaren Erholung der privaten Konsumtätigkeit geführt. Das Gesamtbild der Indikatoren bekräftigt die bisherige Einschätzung, dass vom privaten Konsum vorerst keine entscheidenden Nachfrageimpulse zu erwarten sind.

So, und jetzt dürfen sie einmal laut lachen oder wahlweise ihren Monitor vor Wut aus dem Fenster schmeißen. Ich kommentiere das jedenfalls nicht mehr. :crazy:

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Ein kleines Jobwunder?

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Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle befindet sich im Dauerrausch. Bei der Vorstellung seiner Prognose für die deutsche Wirtschaft sagte er:

Quelle: Süddeutsche

„Deutschlands Wirtschaft wächst wieder, wir erleben so etwas wie ein kleines Jobwunder.“

Ein kleines Jobwunder? Der Mann hat ein ernsthaftes Problem. Zu den Arbeitsmarktstatistiken ist das Nötige bereits wiederholt gesagt worden. Richtig verantwortungslos und kriminiell wird es aber, wenn Brüderle meint, auf der Grundlage nachweislich falscher Annahmen zur Arbeitsmarktsituation, weiterhin das liberale Mantra von den Steuersenkungen verteidigen zu können:

Die positive Lage am Arbeitsmarkt schafft nach den Worten von Brüderle Spielräume für Steuersenkungen. In seiner Rechnung unterstellt der Minister, dass 100.000 Arbeitslose weniger rund zwei Milliarden Euro Staatsausgaben weniger bedeuten.

Das ist schlicht gelogen, weil die Kosten für die Kurzarbeit, die in Wahrheit eine verdeckte Subvention für die Unternehmen ist, sehr viel höher liegen, als die Kosten tatsächlicher Arbeitslosigkeit infolge eines Krisenverlaufs. Egon W. Kreutzer hat das in seinem jüngsten Paukenschlag einmal ausgerechnet und schreibt dazu:

„Kurzarbeit ist die Subvention, die es der Wirtschaft erlaubt, sich kostenlos ein „stehendes Heer“ von Mitarbeitern zu halten, die bei Bedarf jederzeit, von einem Tag auf den anderen reaktiviert und in den Produktionsprozess eingebunden werden können.“

Dazu später mehr. Die dreiste Täuschungsabsicht der Bundesregierung, den Menschen weißmachen zu wollen, dass es bergauf gehe, ist kaum noch auszuhalten. Brüderle meint weiter:

„Die erfreuliche Belebung der deutschen Wirtschaft wird von der Erholung der Weltwirtschaft, aber zunehmend auch von der Binnennachfrage getragen.“

Auch das ist gelogen. Wenn es richtig ist, wie Egon W. Kreutzer schreibt, dass durch die Kurzarbeit die Unternehmen in diesem Land um etwa 7,3 Mrd. Euro entlastet werden, weil die Bundesagentur für Arbeit Entgelte und Sozialversicherung übernimmt, so muss diese Summe auf der anderen Seite durch Beschäftigte und Konsumenten aufgebracht werden. D.h., dass die Kaufkraft der Menschen in diesem Land gerade um diese 7,3 Mrd. Euro gemindert wird. Denn einer muss die Leistungen der Bundesagentur bezahlen. Es kann also keinesfalls richtig sein, zu behaupten, dass die Binnennachfrage zunehme bzw. einen größeren Anteil an einer wirtschaftlichen Erholung trage.

Das ist grobe Irreführung und dummes Zeug. Es gibt ja nicht mal eine wirtschaftliche Erholung, die die Bezeichnung verdienen würde. Da wird von Wachstum gefasselt, obwohl der Absturz und dessen Folgen noch gar nicht richtig verstanden wurden. Laut Schätzung der OECD vom 7. April soll Deutschland im Vergleich der G7 im ersten Quartal 2010 mit -0,4 Prozent einen erneuten Rückfall in den Schrumpfungsprozess erlebt haben und damit Schlusslicht bei der wirtschaftlichen Entwicklung sein (siehe Jahnkes Infoportal). Nach den Zahlen von Eurostat, so Jahnke weiter, habe Deutschland im vierten Quartal 2009 auf Platz 12 von 18 Vergleichsländern abgeschnitten.

Selbst der neulich wieder gefeierte Exportanstieg, der ebenfalls die Behauptung Brüderles widerlegt, wonach die Binnennachfrage einen höheren Anteil an der wirtschaftlichen Entwicklung einnähme, liegt aktuell immer noch um rund 16 Prozent unter dem Stand von vor zwei Jahren. Bezüglich der Exporte konnte gerade einmal der Einbruch aus dem Januar wieder ausgeglichen werden. Von Erholung also keine Spur. Joachim Jahnke schreibt dazu ganz klar:

„Die Produktion läuft bereits seit September vergangen Jahres wieder nach unten oder stagniert (gegenüber September 2009 -1,7 %, ohne Energie und Bau – 1,3 %). Im Februar stagnierte die Produktion auch ohne das Bau- und das Energiegewerbe; am kalten Winter kann es also nicht gelegen haben, wie der Bundeswirtschaftminister in seiner Kommentierung meint. Besonders negativ ist zuletzt die Entwicklung der Konsumgüterproduktion verlaufen, was vor allem mit der schlechten deutschen Binnenkonjunktur zusammenhängen dürfte.

Was wiederum auch am koalitionären Dauerbrenner „Kurzarbeitergeld“ liegen dürfte. Die Verlängerung dieser Maßnahme, die nur den Interessen der Wirtschaft diene und nicht den Interessen der Arbeitnehmer (siehe Kreutzer), kann nie und nimmer dazu beitragen, die wirtschaftliche Entwicklung zu stabilisieren. Im Gegenteil. Sie wirkt krisenverschärfend, weil sie das unsinnige deutsche Exportmodell stützt und erlaubt, deutsche Produkte auf den Weltmärkten auch weiterhin konkurrenzlos günstig anzubieten. Kreutzer schreibt dazu:

„Unternehmen in einer Volkswirtschaft mit Kurzarbeitsregelung sind gegenüber Unternehmen in Volkswirtschaften ohne Kurzarbeitsregelung klar im Vorteil, weil sie die Kosten und das Risiko schwankender Auftragseingänge sozialisieren, also auf die Beschäftigten und den Staat abwälzen.
Dieser Kostenvorteil wird, so weit erforderlich, in der Akquisition in Form von Dumpingpreisen an den Weltmarkt weitergegeben, während der verbleibende Überschuss den Eignern zufließt.“

Und so etwas dürfen sie mit Fug und Recht als kriminell bezeichnen, weil diese Politik nicht nur Deutschland schadet, sondern auch den europäischen Partnern, denen man gerade aufträgt, dass sie ihre Finanzen in Ordnung zu bringen hätten, während man selber dafür sorgt, den Versuch der Konsolidierung in diesen Ländern durch die oben beschriebene Politik im eigenen Land zu unterminieren. Erstaunlich robust ist also nicht etwa der von Brüderle angeführte Arbeitsmarkt, sondern seine eigene Borniertheit und die seiner „Experten“, die den Menschen selbst dann noch Sachverstand vorgaukeln, wenn dieser bereits zigmal widerlegt worden ist und diese Leute eigentlich vor Scham tief im Boden versunken sein müssten. Sie kommen jedoch immer wieder. Weil die Medien sie lassen, statt sie endlich anzuklagen und solche Dummschwätzer wie den Professor (Un)Sinn auch als solche zu brandmarken.

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Kurz zu den heutigen Haushaltsberatungen

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Ich habe vorhin nur einen Redeschnipsel von Norbert Barthle (CDU/CSU) im Radio mitbekommen. Das hat mir eigentlich schon gereicht. Er sagte:

„In den Haushaltsberatungen ist es uns gelungen, dafür zu sorgen, dass wir heute ein Gesamtkunstwerk vorlegen,…“

Der zweite Teil des Satzes ging im Gelächter der Opposition fast unter…

„…das zwei sich teilweise widersprechenden Zielsetzungen gerecht werden soll und auch gerecht wird.“

Man kann ja über das angebliche „Kunstwerk“ spotten und sich lustig machen, aber aus meiner Sicht ist es dann doch interessanter, zu hören, welche sich widersprechende Zielsetzungen Herr Barthle eigentlich meinte.

„Dieser Haushalt ist der Bekämpfung der Wirtschafts- und Finanzkrise gewidmet.“

Dann folgt ein kurzes bla, bla über Wachstumsbeschleunigungsgesetz, Wachstumsimpulse, Stabilisierung des Arbeitsmarktes usw. Und dann die zweite Zielsetzung.

„Die zweite Zielsetzung, der wir gerecht werden, ist der Kurswechsel hin zur Konsolidierung des Haushalts.“

Dieser zweiten Zielsetzung schließt sich eine lange Rechtfertigungsliste an, wo und was man alles einspart. Man rühmt sich der Stelleneisparungen im öffentlichen Dienst und Barthle rechnet triumphierend vor:

„Darüber hinaus haben wir für das Haushaltsjahr 2010 wieder eine pauschale Stelleneinsparung in Höhe von 1 Prozent in den Haushaltsentwurf aufgenommen. Wir gewährleisten eine Gleichbehandlung aller Bereiche, indem wir die 0,4-prozentige Stelleneinsparung, die im Entwurf schon vorgesehen war, ebenfalls fortschreiben. Damit, meine Damen und Herren, werden brutto insgesamt 2 600 Stellen eingespart. Das ist eine beachtliche Größenordnung.“

Ja sehr beachtlich, vor allem weil diese Einsparungen auf der anderen Seite wohl kaum für Wachstum sorgen werden. Allein in dieser Passage können sie erkennen, wie dumm und hohl ein Schwadronieren über doppelte Zielsetzungen ist. Wer die Wirtschafts- und Finanzkrise mit Wachstum bekämpfen will, darf nicht den öffentlichen Sektor einsparen, aus dem heraus in Krisenzeiten in der Regel die meiste Nachfrage entwickelt wird. Es sei denn, man will es gar nicht so weit kommen lassen und die Nachfrage buchstäblich abwürgen. Dann bleiben Straßen eben kaputt, Schulen unrenoviert, Lehrerstellen unbesetzt usw. usf.

Dieser Haushalt beinhaltet keine doppelte Zielsetzung, sondern ist einmal mehr dem alleinigen Konsolidierungsdogma untergeordnet mit einigen Geschenken für die gehobene Klientel. Oder wie es Gesine Lötzsch von den Linken in ihrem ersten Satz als Antwort auf Barthle sagte:

„Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In einem Satz kann man den Bundeshaushalt so zusammenfassen: Er ist gut für Spekulanten und schlecht für Arbeitslose.“

Sie können sich die Rede von Lötzsch auch anschauen, in der sie einmal mehr aufzählt, was alles in Bezug auf die Finanzkrise nicht passiert sei, obwohl es die Regierung versprochen oder zumindest den Eindruck vermittelt hatte, etwas dagegen zu tun. Sie geht auch darauf ein, dass die Regierung ihr Kürzungsprogramm bei der Agentur für Arbeit in Höhe von drei Mrd Euro feiert.

„CDU/CSU und FDP feiern als größten Erfolg der Haushaltsberatungen Kürzungen von 3 Milliarden Euro bei der Bundesanstalt für Arbeit. Um es ganz deutlich zu sagen: Damit werden Westerwelles Pöbeleien gegen Arbeitslose in diesem Haushalt schon in Zahlen gegossen.“

Lötzsch hat natürlich auch nur den Westerwelle im Kopf und weniger ein Programm, mit dem man der Finanz- und Wirtschaftskrise begegnen könne. Ein Mindestlohn bzw. höhere Sozialleistungen sind richtig, aber wo bleibt die Forderung nach einem echten Konjunkturprogramm? Es scheint fast so, als stünde auch die Linke unter dem Mainstream-Eindruck, dass man nun unbedingt sparen müsse. Ein kritischer Hinweis auf die total absurde Schuldenbremse fehlte leider auch. Aber die Bemerkung zu Westerwelle ist natürlich richtig und wichtig:

„Der entscheidende Grund, Kollege Westerwelle, warum Sie die Debatte über die Hartz-IV-Empfänger angezettelt haben, ist doch nicht, dass Sie sich Sorgen um die alleinerziehende Kellnerin machen, die Sie immer als Beispiel genannt haben, sondern dass Ihre Freunde Ihnen gesagt haben: Sorg mal dafür, dass nicht mehr über die Verursacher der Bankenkrise geredet wird. -Dieses Manöver haben wir durchschaut. Wir finden: Die Verursacher der Bankenkrise müssen zur Kasse gebeten werden, und Pöbeleien gegen Arbeitslose und Hartz-IV-Empfänger müssen vom gesamten Deutschen Bundestag deutlich und entschieden zurückgewiesen werden.“

Hier ist das Video.

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Quelle zu den Redebeiträgen, siehe vorläufiges Plenarprotokoll des deutschen Bundestags:
http://www.bundestag.de/dokumente/protokolle/vorlaeufig/17029.html

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Kritik an Deutschlands "Geschäftsmodell"

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Das ist ja mal sehr interessant. Nun meldet sich der große Nachbar Frankreich endlich mal zu Wort und beklagt die deutschen Exportüberschüsse, die in der europäischen Gemeinschaft mehr schädlich als nützlich sind und sofort formiert sich hierzulande die gesamte Presse, Wirtschaftsvertreter und Politik, um dem alten „Erzfeind“ die Krallen zu zeigen. Man müsse sich schließlich nicht dafür entschuldigen, dass man seine Hausaufgaben gemacht hätte. Und schon gar nicht müsse man sich von EU-Staaten, die ihre Hausaufgaben nicht gemacht hätten, etwas vorwerfen lassen. Schließlich sei Deutschland der größte Beitragszahler der Europäischen Union.

Das ist natürlich ein Argument. Zieht man mal die Gelder ab, die auch Deutschland aus dem EU-Topf erhält, überweisen wir jährlich rund 9 Mrd Euro nach Brüssel. Zum Vergleich, der Handelsbilanzüberschuss Deutschlands wuchs bis zum Jahr 2007 auf rund 195 Mrd Euro an. Im Jahr 2008 waren es noch etwa 176 Mrd und im Krisenjahr 2009 immerhin noch 136 Mrd Euro. Im Januar 2010 beläuft sich der Überschuss auf 8,71 Mrd Euro. Mit anderen Worten: In der EU sind wir zwar ein sog. Nettozahler, aber volkswirtschaftlich betrachtet sind wir ein großer globaler Gläubiger.

Und Frankreich ist bilanztechnisch unser Schuldner wie im Übrigen der gesamte südeuropäische Raum auch. D.h. wir exportieren in diese Länder mehr als wir aus diesen importieren. Wenn jetzt also die französische Wirtschaftsministerin Christine Lagarde sagt, dass Deutschland seine Handelsbilanz ausgleichen müsse, mit anderen Worten, mehr aus den Schuldner-Ländern importieren sollte, dann wäre das ein Beitrag zur Stabilität des Euroraums und jener Länder, die hoch verschuldet sind. Deutschland müsste dazu aber die eigene Binnenkaufkraft stärken und das heißt wiederum höhere Löhne und höhere Sozialleistungen zulassen statt ständig dem Kürzungsdogma oder unverdächtig formuliert, der moderaten Lohnentwicklung, zu folgen.

An diesem Vorschlag ist nichts Falsches und zwar aus einem ganz wichtigen Grund. Wegen John Maynard Keynes. Im letzten Jahr noch gefeiert, in 2010 wird er schon wieder verdammt. Eine Volkswirtschaft kann sich nicht auf Dauer von der globalen Wirtschaft abkoppeln und so tun, als gäbe es auf der anderen Seite keine Bilanz, die negativ ausfällt. Während Deutschland seine Exporterfolge feiert und am liebsten dahin zurück möchte, muss einer positiven Bilanz immer auch eine entprechend negative gegenüberstehen. D.h. damit Deutschland überhaupt Exporterfolge vorweisen kann, bedarf es eines Schuldners, der bereit ist, über seine Verhältnisse zu leben. Deutschlands Überschüsse müssen also in den Handelsbilanzen der Partner-Staaten als Defizite wieder auftauchen.

Doch was passiert, wenn der Schuldner zahlungsunfähig wird bzw. an den Rand der Zahlungsunfähigkeit gerät? Wie muss der Gläubiger dann reagieren? Mit Beschimpfungen und wilden Sparvorschlägen, die die Rückzahlungsfähigkeit des Schuldners weiter verschlechtern?

Nein, aber genau das tut Deutschland mit seinen Schuldnern in Südeuropa, aber auch mit Frankreich. Statt auf einen Ausgleich zu setzen, um die Rückzahlungsfähigkeit zu wahren, schwadronieren die hiesigen Hausaufgabenweltmeister davon, dass die anderen gefälligst für ihre Finanzprobleme selber geradestehen und sich vielleicht am Welt- und Europameister ein Beispiel nehmen sollten. Dann hätten wir mehr solide Gläubiger und weniger schlechte Schuldner, so die deutsche Logik. Aber wer nimmt dann am Ende die Kredite der Gläubiger?

„Der Mond? Der Mars? Oder doch wieder die Amerikaner?“

Das fragt Heiner Flassbeck in seinem Buch „Gescheitert“. Deutschland selber wolle nichts an seinem Geschäftmodell der ständigen Verbesserung der Wettbewerbsposition ändern. Das bedeutet aber ganz zwangsläufig, dass Schuldner wie Griechenland ihre Verbindlichkeiten nicht mehr ohne Hilfe bedienen können. Sie können eben nicht auf Dauer über ihre Verhältnisse leben und die Exporterfolge der Deutschen finanzieren. Das durch die EU den Griechen auferlegte Sparprogramm ist gerade deshalb auch ein Witz, weil es dem Ziel der Defizitreduzierung zuwider läuft. Auch das lehrt John Maynard Keynes, dem selbst Frau Merkel im letzten Jahr mit der Bemerkung folgte, dass es falsch sei, in die Krise prozyklisch hineinzusparen.

Baut Deutschland die Ungleichgewichte innerhalb der EU nicht ab, in dem es beispielsweise mit einem Konjunkturprogramm antizyklisch in die Wirtschaft eingreift und selbst für eine Nachfragebelebung sorgt, wird man als Gläubiger zwangsläufig zahlen müssen. Entweder über verbesserte Zinskonditionen, einen Schuldenerlass oder im Fall der Pleite mit einem Totalausfall der Ansprüche gegen Griechenland. Wenn sich also die Finanzminister der 16 EU-Staaten heute in Brüssel treffen, kann nur als Ergebnis herauskommen, dass Deutschland zahlt und zwar als größter Gläubiger einen riesigen Batzen.

Und statt den französischen Vorstoß zu geißeln, sollte man einmal darüber nachdenken. Dazu noch einmal Heiner Flassbeck (aus: „Gescheitert“):

„Wenn nicht bald im Bundeswirtschafts- oder Finanzministerium ein Referat eingerichtet wird, das nichts anderes tut, als die Auswirkungen der deutschen Wirtschaftspolitik auf andere Länder abzuschätzen und den Minister vor den Rückwirkungen zu warnen, wird Deutschland noch oft in diese Falle der Globalisierung tappen.“

Auf diese Tatsache hin könnte man ja auch mal die Westerwellsche Türöffnungspolitik im Ausland abklopfen und nicht die Frage stellen, wem Westerwelle da die Tür öffnen will, sondern welchen Zweck die Öffnung eigentlich volkswirtschaftlich erfüllen soll. In diesem Zusammenhang finde ich übrigens Sigmar Gabriels heutige Kritik am „rechthaberischen Schreihals“ Westerwelle sehr amüsant:

„Diejenigen, die Herr Westerwelle – zum Teil aus der Schweiz – mitnimmt auf Auslandsreisen, sind das Gegenteil von Leistungsgesellschaft. Sie gehören eher zur Lumpenelite, die den Wirtschaftsstandort Deutschland schädigen und nichts dazu beitragen, dass es in diesem Land vorangeht.“

Quelle: Stern

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Konjunkturentwicklung: Experten zum Totlachen

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Wie das statistische Bundesamt heute mitteilte, rauschen die deutschen Exporte weiter in den Krisenkeller.

Quelle: destatis

Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) anhand vorläufiger Ergebnisse mitteilt, wurden im Januar 2010 von Deutschland Waren im Wert von 63,9 Milliarden Euro ausgeführt und Waren im Wert von 56,0 Milliarden Euro eingeführt. Die deutschen Ausfuhren waren damit im Januar 2010 um 0,2% höher und die Einfuhren um 1,4% niedriger als im Januar 2009. Im Vormonatsvergleich war die Entwicklung von Aus- und Einfuhren kalender- und saisonbereinigt gegenläufig: Während die Ausfuhren im Januar 2010 gegenüber Dezember 2009 um 6,3% sanken, nahmen die Einfuhren um 6,0% zu.

Uff. Damit hat natürlich wieder niemand gerechnet. Die Entwicklung komme völlig überraschend, so die scheinbürgerliche Märchen-„Welt“ des Axel Springer Verlags. Dort heißt es, wir sind mit unserem Latein am Ende. Ach quatsch, bei genauerem hinsehen steht da:

Ökonomen ratlos wegen starken Export-Rückgangs

Und im Text können sie dann die Sprachlosigkeit ratloser aber überbezahlter Experten verfolgen, auf deren Gehalt ich gern einen Anspruch anmelden möchte. Sie können sich dem gern anschließen. Aber lesen sie zunächst mal selbst:

Mehrere Analysten konnten in ersten Reaktionen die Ergebnisse des Statistischen Bundesamts nicht erklären. „Produktion und Aufträge waren zuletzt okay. Da muss bei den Ausfuhren ein Sondereffekt eine Rolle gespielt haben. Denn diese Zahlen passen nicht in das Bild der anderen Wirtschaftsindikatoren.

Ja ja, irgendwas muss da eine Rolle gespielt haben, was die Analysten so nicht haben sehen können oder wollen. Verflixte Wirtschaftsindikatoren. Vielleicht sollte man sich endlich von den Glaskugelblicken des ifo-Instituts verabschieden und den eigenen Kopf zum Denken benutzen. Wenn ich schon lese, dass die Zahlen nicht zum nachweislichen Schuss ins Blaue passen würden, wird mir schlecht. Da erschlägt einen quasi die geballte Wirtschaftskompetenz… 88|

Aber es wird noch besser:

Auch Commerzbank-Analyst Simon Jun ist überrascht. „Ich kann nicht genau sagen, was da passiert ist. Ich bin überrascht, dass die Zahlen so schlecht sind. Anscheinend ist die Binnennachfrage gut, wenn die Importe so stark steigen. Das ist aber auch das einzige Positive, was man aus den Daten herausziehen kann. Die Zahl ist eine Katastrophe.“

Die Binnennachfrage sei gut? HÄH??? 88| Wenn man keine Ahnung hat, sollte man wirklich die Klappe halten. Wie kommen solche Volldeppen eigentlich in ihre hochbezahlten Positionen und als Experten tituliert in Zeitungsberichte? Immerhin stimmt das mit der Katastrophe. Nachdem man die Krise schon als weitgehend überstanden betrachtet hat, kann man nicht mehr beschönigend um den heißen Brei herumreden. Allerdings ist diese Analystenzunft auch Teil der Katastrophe.

Und zum Schluss darf die Exit-Strategie der düpierten Analysten nicht fehlen:

Die Außenhandelszahlen dürften die Konjunktur im ersten Quartal belasten. Citigroup-Ökonom Jürgen Michels sagte, „Es sieht im Moment nicht danach aus, dass der Außenhandel die Konjunktur im ersten Quartal gestützt hat. Aber es gilt, die Ergebnisse für Februar und März abzuwarten.“

Abwarten!? Toll! Solche Experten sind wirklich wichtig. Die Bundesregierung ist da übrigens PR-technisch schon weiter. Bei denen heißt Nichtstun übersetzt „Prüfen“.

Und weil es mal wieder so gut passt. Volker Pispers über Berufsgruppen, die diese Welt nicht braucht.

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Löhne und Einzelhandelsumsätze befinden sich ununterbrochen auf Talfahrt

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In der Meldung des statistischen Bundesamts von heute heißt es:

Quelle: destatis

Nach vorläufigen Ergebnissen des Statistischen Bundesamtes (Destatis) lag der Umsatz im Einzelhandel in Deutschland im Januar 2010 nominal 3,0% und real 3,4% niedriger als im Januar 2009.

Und vor einem Jahr meldete das statistische Bundesamt für den Januar 2009 ebenfalls einen Rückgang der Umsätze im Vergleich zum Vorjahresmonat.

Quelle: destatis

Nach vorläufigen Ergebnissen des Statistischen Bundesamtes (Destatis) lag der Umsatz im Einzelhandel in Deutschland im Januar 2009 nominal um 1,2% und real um 1,3% niedriger als im Januar 2008.

Und im Jahr davor hieß es:

Quelle: destatis

Nach vorläufigen Ergebnissen des Statistischen Bundesamtes (Destatis) lag der Umsatz des Einzelhandels in Deutschland im Januar 2008 nominal um 2,7% und real um 0,6% höher als im Januar 2007. Beide Monate hatten jeweils 26 Verkaufstage. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass im Januar 2007 erstmals die neuen höheren Mehrwertsteuersätze galten. Sie führten in diesem Monat zu deutlichen Rückgängen des Einzelhandelsumsatzes (nominal – 2,3%, real – 2,9% zum Januar 2006). Vergleicht man den Umsatz des Januars 2008 mit dem des Januars 2006, so ergibt sich nominal ein Zuwachs von 0,3% und real ein Rückgang von 2,3%.

Mit anderen Worten. Seit Jahren und spätestens mit der Erhöhung der Mehrwertsteuer im Jahr 2007 brechen die Einzelhandelsumsätze immer dramatischer weg. Ich kann einfach nicht verstehen, wie einige Medien schon wieder schreiben können, dass die Umsätze im Einzelhandel im Januar überraschend stabil gewesen sein sollen.

Siehe zum Beispiel:

  • AFP unter der Überschrift
    „Umsatz im Einzelhandel im Januar stabil“

Dabei bezieht man sich wieder auf den wenig nützlichen Vergleich zum Vormonat Dezember und deutet an, einen Trend beobachten zu können. Denn so gesehen, seien die Umsätze mit einer Veränderung um real 0,0 Prozent stagniert. Toll. Leider macht sich keiner die Mühe, in der Tabelle zu den Vormonatsveränderungen des statistischen Bundesamtes mal nachzuschauen. Dann hätte man nämlich leicht feststellen können, dass nach dieser Methode nix stagniert. Im November 2009 ging es um -1,2 Prozent im Vergleich zum Oktober runter. Der Dezember legte aber nur um 0,9 Prozent im Vergleich zum November zu und nun im Januar messen die Statistiker keine Veränderung zum Dezember. Wenn man also nur diese drei Monate als einen Zeitraum für sich betrachten würde, was übrigens völliger Blödsinn wäre, müsste man feststellen, dass die Einzelhandelsumsätze nicht überraschend stagnieren, sondern nach wie vor auf einem negativen Niveau verharren.

Die Veränderungen zum Vormonat sagen für sich genommen nichts aus und schon gar nicht lässt sich daraus ein Trend ableiten, wie das einige Medien immer wieder zu suggerieren versuchen. Erst mit dem Blick auf einen längeren Zeitraum, üblicherweise nimmt man dann den Vorjahresmonat, wird eine Entwicklung deutlich. Und die war, ist und bleibt negativ.

In diesem Zusammenhang ist eine weitere Meldung des statistischen Bundesamts von heute sehr interessant. Die durchschnittlichen Bruttoverdienste seien erstmals seit Gründung der Bundesrepublik im Jahr 2009 gesunken.

Quelle: destatis

Nach ersten Ergebnissen der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen des Statistischen Bundesamtes (Destatis) sind die durchschnittlichen Bruttoverdienste aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland im Jahr 2009 um – 0,4% auf rund 27 648 Euro gesunken. Dies ist der erste Rückgang der Verdienste in der Geschichte der Bundesrepublik.

Diese Meldung taugt nun offenkundig für Manipulationen. Denn der Rückgang der nominalen durchschnittlichen Verdiensthöhe erweckt nunmehr den Eindruck, als seien die realen Löhne in der Vergangenheit gar nicht gesunken. Das taten sie aber. Infaltionsbereinigt sinken die Bruttoverdienste bereits seit sechs Jahren „und liegen nun schon um 5,3 % unter dem Stand des Jahres 2000.“(Quelle: siehe Jahnkes Infoportal) Es ist also falsch zu behaupten, dass nun erstmals seit Gründung der Bundesrepublik die Löhne zurückgegangen seien.

Heute kommen also wieder zwei Dinge ganz klar zur Geltung, die wechselseitig aufeinander wirken. Verfügbares Einkommen und die Einzelhandelsumsätze befinden sich ununterbrochen auf Talfahrt. Doch der Regierung ist die Lage schlicht wurscht. Dort denkt man bereits an den Etat-Entwurf für 2010, der am Donnerstag abschließend im Haushaltsausschuss des Bundestages beraten wird. In der Süddeutschen Zeitung wird dazu Finanzminister Schäuble von einem offenkundig realitätsfremden Journalisten befragt. Geradezu vorwurfsvoll und mit Schaum vorm Mund plärrt Claus Hulverscheidt von der SZ den Finanzminister an, wann dieser nun endlich anfangen wolle, richtig zu sparen. Und Schäuble antwortet:

Quelle: SZ

„Wir können zwar 2010 wegen der andauernden Auswirkungen der Krise noch nicht auf einen konsequenten Konsolidierungskurs einschwenken. Aber wir müssen bereits jetzt deutlich machen: Die expansive Haushaltspolitik wird beendet. Und wir meinen es ernst mit der Schuldenbremse und den im Koalitionsvertrag genannten goldenen Regeln der Finanzpolitik. Das heißt auch: alle schon jetzt erkennbaren Einsparpotentiale zu nutzen. Wenn sich dabei erweist, dass die Erfolge bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit es ermöglichen, die Ansätze für die Arbeitsmarktausgaben abzusenken: um so besser!

Angesichts der heutigen Meldungen verstehe ich einfach nicht die Reaktionen von Journalisten und Politikern. Sind die alle so blind? Wie kann man nur nach dem Sparhammer lechzen und vom Ende der expansiven Haushaltspolitik sprechen, die ja gemacht wurde, um der tiefen Sogwirkung der Krise etwas entgegenzusetzen, wenn diese Krise überhaupt noch nicht verbei ist? Die heutigen Zahlen belegen das doch eindrucksvoll. Wollen wir etwa auch die Mehrwertsteuer drastisch erhöhen, wie das die Griechen gerade bei ihrem Sparprogramm tun? Dann lohnt sich vielleicht ein Blick auf unsere Zusammensetzung des Steueraufkommens, genauer: auf die Verteilung von direkten und indirekten Steuern. Schäuble sagt ja im Interview, dass solide Staatsfinanzen und wachstumsorientierte Steuerpolitik kein Widerspruch seien.

„Eine wachstumsorientierte Steuerpolitik muss sowohl auf Steuervereinfachung als auch auf Steuerentlastung setzen. Wir können auf Dauer nur dann erfolgreich konsolidieren, wenn wir wieder robustes Wirtschaftswachstum erreichen. Und umgekehrt ist das Vertrauen der Wirtschaft in die Solidität und Tragfähigkeit der öffentlichen Haushalte unabdingbare Voraussetzung für anhaltendes Wachstum.“

Der Zusammenhang, dass Konsolidierung nur geht, wenn es Wirtschaftswachstum gibt, ist richtig. Nur ist der beschriebene Weg einfach falsch. Das Absenken von direkten Steuern hat erstens noch nie zu Wachstum geführt und zweitens ist ein solches Vorgehen auch überhaupt nicht nötig, wenn man sich den Anteil am Steueraufkommen genau anschaut.

Anteil direkte und indirekte Steuern am Steueraufkommen
Quelle: BMF

Inzwischen ist es ja so, dass die Absenkung direkter, an der Höhe des Einkommens bemessener Steuern, dazu geführt hat, dass der Anteil der indirekten Steuern, die für alle Einkommensgruppen ja gleich hoch sind (Flat Tax), am Gesamtsteueraufkommen gestiegen ist. Mit anderen Worten, die Finanzierung staatlicher Aufgaben wurde umverteilt. Vor allem untere Einkommensgruppen und Menschen, die über wenig Geld verfügen, werden gemessen an ihrem verfügbaren Einkommen deutlich höher belastet als jene oberen Einkommensgruppen, die zwar den Großteil der direkten Steuern zahlen (70 %), aber gleichzeitig auch über etwa 70 % des Gesamteinkommens verfügen.

Was Schäuble und die Bundesregierung vorhaben, ist volkswirtschaftlicher Unsinn. Gerade die Meldungen des statistischen Bundesamts von heute weisen die Bundesregierung deutlich darauf hin, was eigentlich gemessen an der aktuellen Lage zu tun wäre. Zunächst einmal bedarf es der Beschäftigungssicherung und damit ist nicht die Kurzarbeit gemeint, die vor allem teuer ist, weil sich die Bundesregierung hoffend darauf verlassen muss, dass irgendwann die Konjunktur von allein wieder anspringt. Billiger wäre es dagegen, wenn die Bundesregierung selbst die Konjunktur durch staatlich befeuerte Nachfragepolitik anheizen würde, statt voreilig den Ausstieg aus der expansiven Ausgabenpolitik zu verkünden. Dann müsste man nämlich nicht dauernd über eine Verlängerung des Kurzarbeitergeldes nachdenken, wie das aktuell Frau von der Leyen wieder tut, weil sich die erhoffte Erholung der Wirtschaft nun doch noch nicht eingestellt hat. Dieses Vorgehen ist einfach nur dumm.

Zweitens braucht dieses Land endlich einen Mindestlohn, damit die staatlich subventionierte Arbeitnehmerausbeutung durch am Markt über Löhne konkurierende Unternehmen endlich aufhört. Die Binnennachfrage kann nur gesteigert werden, wenn auch die Kaufkraft wieder steigt, also das verfügbare Einkommen zu statt immer weiter abnimmt. Erst dann werden auch die Einzelhändler wieder Grund haben, Jubeln zu können. Doch gegenwärtig zeigt die Tendenz nach unten. Die Gefahr einer Deflation ist gerade auch im Hinblick auf die rigorose Haltung gegenüber Griechenland nicht nur ein Schreckgespenst, sondern bereits im Anmarsch. Wenn sich Deutschland und Europa mitten in der Krise zum Sparen um jeden Preis zwingen, steht am Ende die Katastrophe. Dies lehrt uns schlicht die Geschichte des kurzen aber verheerenden 20. Jahrhunderts.

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Im vierten Quartal 2009 erholen sich nur die Vermögenseinkünfte!

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Wie das statistische Bundesamt heute mitteilte, haben sich im vierten Quartal 2009 ausschließlich die Vermögenseinkünfte erholt. Die wirtschaftliche Leistung insgesamt, wie bereits vorab gemeldet, nicht. Die ausführlichen Ergebnisse zur Wirtschaftsleistung im 4. Quartal 2009 können sie auf der Seite des statistischen Bundesamtes abrufen.

Quelle: destatis

Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) bereits in seiner Schnellmeldung vom 12. Februar 2010 mitgeteilt hat, stagnierte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) – preis-, saison- und kalenderbereinigt – im vierten Quartal 2009 auf dem Niveau des Vorquartals (+ 0,0%). Damit hat sich der leichte Aufwärtstrend der Wirtschaft aus dem zweiten (+ 0,4%) und dritten Quartal 2009 (+ 0,7%) nicht fortgesetzt.

Weiter unten im Text findet sich dann aber folgende Passage:

Das Volkseinkommen, das sich aus dem Arbeitnehmerentgelt und den Unternehmens- und Vermögenseinkommen zusammensetzt, hat um 0,3% zugenommen. Während das Arbeitnehmerentgelt zurückging (– 0,8%), waren die Unternehmens- und Vermögenseinkommen nach zuletzt fünf Quartalen mit negativen Veränderungsraten im vierten Quartal 2009 erstmals wieder höher als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum (+ 2,9%).

Das ist ja sehr interessant. Wer mehr darüber erfahren möchte, findet auf dem Infoportal von Joachim Jahnke wie immer eine sehr ausführliche Analyse mit zahlreichen Grafiken und Erklärungen. Schauen sie sich dort bitte die Abbildungen 04305 und 14818 genauer an sowie die Grafikabbildung 04004, um sich vor Augen zu führen, welcher Teil der Volkswirtschaft, dank günstiger politischer Verhältnisse, schneller aus der Krise zu kommen scheint und welcher nachweisbar nicht. Bezüglich der Entwicklung von Arbeitnehmerentgelten einerseits und Unternehmens- und Vermögenseinkommen andererseits möchte ich hier folgende Passage aus dem Infoportal zitieren:

Über den ganzen Zeitraum seit dem 1. Quartal 2000 sind die Nettolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer um 4,0 % gesunken, während die Unternehmens- und Vermögenseinkommen trotz des Einbruchs in 2008 um 31,0 % expandiert sind. Dabei ist die Absenkung der realen Arbeitseinkommen eine seit Jahren zu beobachtende Dauersituation, während der Einbruch bei den Unternehmens- und Vermögenseinkommen nur eine krisenbedingte und bereits vorübergehende Situation ist.

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Staatliche Defizitquote im Jahr 2009 beträgt 3,3%

Geschrieben von:

So lautet die Überschrift einer heute erschienen Pressemitteilung des statistischen Bundesamts. Damit ist Deutschland mal wieder Defizitsünder nach den heiligen EU-Stabilitätskritierien. Aber das ist jetzt nicht so wichtig. In der PM heißt es weiter unten, und ich traue meinen Augen nicht:

Quelle: destatis

In der für das europäische Verfahren bei einem übermäßigen Defizit des Staates maßgeblichen Abgrenzung beträgt das Finanzierungsdefizit des Staates 79,1 Milliarden Euro. Das leicht geringere Defizit resultiert dabei aus der Einbeziehung von Zahlungsströmen aus Swapvereinbarungen und Forward Rate Agreements bei den Zinsen. Auch in dieser Abgrenzung beträgt die Defizitquote 3,3%.

Swapvereinbarungen und Forward Rate Agreements!

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Deutschland setzt also, wie das auf der Anklagebank sitzende Griechenland, auch auf außerbörsliche Zinstermingeschäfte – kurz Derivate -, um seine Bilanzen besser aussehen zu lassen? Bewerten sie das bitte für sich selbst. Ich habe da jetzt keine Lust mehr zu. :roll:

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Zum Tarifabschluss in der Metallbranche

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Wo bleibt da eigentlich Dr. Guido Westerwelles Intervention? Der Chef des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall Martin Kannegiesser droht damit, den Tarifabschluss wieder platzen zu lassen, falls die Bundesregierung nicht dafür sorgt, dass die Bundesagentur für Arbeit auch weiterhin die Sozialabgaben für Kurzarbeiter den Unternehmen erstattet. (Quelle: Focus)

Könnte man das nicht als „sozialistische Züge“ bezeichnen, Herr Westerwelle? Denn bisher haben doch gerade die großen, vom Export abhängigen Unternehmen, immer darauf gepocht, wirklich autonome Tarifverhandlungen zu führen, ohne politische Einmischung. Und nun, wo die Not ebenfalls groß zu sein scheint, gilt dieses heilige Gesetz der Freiheit nicht mehr? Was wird der zuletzt sehr ernst wirkende Spaß-Gwuido dazu wohl sagen. Ich glaube, ich weiß es.

Der Turboleister und Superdurchblicker der FDP wird demnächst wieder auf die Agentur für Arbeit schimpfen, weil deren Finanzbedarf ständig steigt und deren Personalbestand inzwischen auf über 100.000 Mitarbeiter angewachsen ist, obwohl es kaum gelingt, „dekadent auftretende arbeitslose Faulenzer“ so unter Druck zu setzen, dass die wieder arbeiten gehen, anstatt sich in die soziale Hängematte zu legen. Da müsse man Kürzungen vornehmen. Ist doch klar. Schließlich bietet die Bundesagentur dem FDP-Vorsitzenden augenblicklich Paroli und widerlegt die Lügen Westerwelles.

Die Sendung quer im Bayerischen Fernsehen ist Westerwelles Behauptungen ebenfalls nachgegangen und hat dazu einen sehr schön aufklärenden Bericht mit dem Titel, „Held der Deppen – Westerwelles Feldzug gegen den Sozialstaat“, produziert.

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Zur wirtschaftlichen Lage

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Das Bundeswirtschaftsministerium hat sich heute zur wirtschaftlichen Lage im Februar 2010 geäußert.

Quelle: BMWi

Die Erholung der deutschen Volkswirtschaft vom Wirtschaftseinbruch im Winterhalbjahr 2008/2009 hat im Jahresschlussquartal 2009 eine Pause eingelegt. Die Wirtschaft bleibt in ihrer Grundtendenz aber auf Erholungskurs. Dieser wird allerdings Anfang des Jahres noch durch überdurchschnittliche witterungsbedingte Produktionsbehinderungen überlagert.

Allein dieser Einstieg hat schon ausgereicht, um bei einigen Journalisten für ein geistiges Abschalten zu sorgen. Vorhin hörte ich bei NDR-Info den Satz, dass die deutsche Wirtschaft im Schlussquartal überraschend stabil gewesen sei. Unglaublich. Aber was will man auch erwarten, wenn das Ministerium selbst von Erholungspause spricht und erst ein paar Sätze später von Stagnation. Für den Laien klingt das dann halt wie stabile Verhältnisse. Dabei ist mit Stabilität übersetzte Stagnation aus volkswirtschaftlicher Sicht überhaupt nicht gut.

Das Ministerium täuscht die Öffentlichkeit und die Agenturen machen munter mit und verbreiten den PR-Unsinn des Weinkenners Brüderle. Bei Reuters lese ich folgenden Einstiegssatz:

Trotz des kalten Winters bleibt die Konjunkturerholung in Deutschland nach Ansicht des Bundeswirtschaftsministeriums intakt.

Es wird getrickst und manipuliert, dass es nur so kracht. Auf der anderen Seite wird eine scharfe Sozialdebatte geführt, die mir samt spätrömisch dekadentem Auslöser immer mehr wie eine bewusst gesteuerte Kampagne vorkommt. Westerwelle ist gar nicht durchgeknallt und läuft amok, weil er angesichts sinkender Umfragewerte im Trüben Stimmen fischen will. Nein. Westerwelle ist nur der nützliche Idiot, der sich bereitwillig vor den Karren hat spannen lassen, um jene Reformen zu retten, die CDU/CSU, FDP, SPD und Grüne in der ganz großen Koalition beschlossen hatten.

Denn nur der harsche Ton Westerwelles lenkt davon ab, dass die in seinem Schatten auftretenden Gestalten, die inhaltlich dasselbe wie er fordern, wie moderate Stimmen erscheinen. Westerwelle zieht das Feuer auf sich und bietet dem übrigen politischen Gesindel die Möglichkeit, weitgehend unbehelligt, den bereits beschlossenen Sozialabbau weiter voranzutreiben und scheinseriös zu propagieren. Denn wovor warnt der Finanzminister Wolfgang Schäuble doch gleich? Nein, nicht vor laschen Finanzmarktregeln, die z.B. das Hinterziehen von Steuern in diesem Land so einfach macht. Nein. Schäuble und Springers Märchen-Welt warnen vor dem ausufernden Sozialstaat. Nichts ufert anscheinend mehr aus.

Deshalb und weil es mal wieder passt, Wilfried Schmicklers Schimpftirade auf Turboleister wie Guido Westerwelle, die einfach nur keinen Bock mehr hätten, die Minderleister durchzufüttern. Da würde man am liebsten zum ganz dicken Dreschflegel greifen und der selbsternannten Elite die Arroganz aus dem Leistungsschädel prügeln…

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