Hornochsen

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Nun wird Stefan Mappus in den Kommentaren der Medien als Einzelgänger und Hornochse beschrieben, der sich von einem geldgeilen Banker hat dirigieren lassen. Doch über diesen Banker Dirk Notheis erfährt man wenig, seine Rolle bei der immer wieder propagierten Privatisierung der Deutschen Bahn wird gar vollkommen unter den Teppich gekehrt. Dabei drängt sich doch die Frage auf, welches Interesse Notheis damit verfolgt haben mag, wenn beim EnBW-Deal schon klar geworden ist, dass eine möglichst hohe Provision aus einer vermittelten Transaktion herauszuschlagen, das Ziel der Übung war. 

Gleichzeitig wird so getan, als sei die CDU neben dem Land und den Steuerzahlern bloß ein weiteres Opfer von Mappus’ Alleingang. Dabei wird geflissentlich unterschlagen, dass Mappus-Freund Notheis ebenso gut mit CDU-Chefin und Bundeskanzlerin Angela Merkel befreundet ist wie auch mit CDU-Fraktionschef Volker Kauder. Beide ließen sich im Wahlkampf 2005 von Notheis beraten, der auch als Spendensammler für die CDU in Erscheinung trat. Zum Dank profitierte Morgan Stanley vom Börsengang der Postbank, bei der Verstaatlichung der HRE und weiterer Geschäfte, bei denen die Bank als Vermittler Provisionen einstrich.

Wer fragt aber danach, ob bei diesen Transaktionen oder den noch immer so beliebten öffentlich privaten Partnerschaften (kurz: ÖPP oder PPP) alles mit rechten Dingen zuging? Niemand, weil mit Mappus wie üblich nur ein Einzeltäter infrage kommen darf, der als ertappter Bösewicht dem Rest der Bande Schutz verschafft. Albrecht Müller bezeichnet die CDU aus diesem Grund als Mafia. Ob das stimmt, weiß ich nicht. Jedenfalls scheint die Feststellung richtig zu sein, dass das EnBW-Geschäft vermutlich nur die Spitze eines Eisbergs war.

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Oettinger auf halbmast? Er hat doch gesündigt

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Vor kurzem wollte EU-Kommissar Günther Oettinger die Flaggen von Schuldnerländern vor EU-Gebäuden auf halbmast setzen lassen. Das hätte zwar nur Symbolcharakter, aber auch einen hohen Abschreckungseffekt, meinte der CDU-Politiker via Bild-Zeitung. Mit den Zahlen muss man es schließlich so machen, wie Oettinger zu seiner Regierungszeit in Baden-Württemberg. Einfach nicht kommunizieren.

Auf Oettingers Wunsch hin sollen die Ergebnisse zur Berechnung von Stuttgart 21 unter der Decke gehalten worden sein, weil diese dem politischen Gegner und der Öffentlichkeit nur schwer hätten vermittelt werden können. Die Rede ist von Kosten zwischen mindestens 4,9 und wahrscheinlichen 6,5 Mrd. Euro. So genau wollte es der damalige Ministerpräsident Oettinger dann gar nicht mehr wissen und ordnete an, dass weitere Berechnungen zu unterbleiben hätten.

Das alles will der Spiegel erfahren haben. Weiter unten im Bericht heißt es in einer Anmerkung der Redaktion:

In einer früheren Version dieses Artikels hieß es, die Regierung Mappus habe die Berechnung verheimlicht. Tatsächlich war es aber die CDU-Regierung unter der Führung des Mappus-Vorgängers Günther Oettinger. Wir haben den Text entsprechend korrigiert und bitten den Fehler zu entschuldigen.

In der Zeit als Oettinger Ministerpräsident war, hatte Mappus den Posten des CDU-Fraktionsvorsitzenden inne. Es ist schwer vorstellbar, dass der spätere Nachfolger Oettingers im Amt des Ministerpräsidenten, der seine Überzeugung für das Projekt S21 auch mit Gewalt durchsetzen ließ, keine Kenntnis von den Berechnungen der Beamten besaß.

Jedenfalls zeigt die Rechenpraxis unserer politischen Zahlenverdreher und Euroratgeber deutlich, dass einige es verdient hätten, persönlich auf halbmast gesetzt zu werden, um andere von einem ähnlichen Gebaren abzuschrecken. Ganz in Oettingers Sinne wäre das ja auch nur symbolisch gemeint.

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Stefan Mappus wird Führungskraft beim Pharmariesen Merck

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Den Traumjob als Ministerpräsident hat er abgeben müssen. Nun wechselt Stefan Mappus in die Pharmabranche. Dem Vernehmen nach soll er vom Darmstädter Pharma- und Chemiekonzern Merck zur Spitzenkraft im Außendienst umgeschult werden. Ein halbes Jahr Einarbeitungszeit ist dafür vorgesehen. Früher hieß das ja mal Probezeit und die Einarbeitung war ein Teil davon. Doch bei Mappus ist man sich sicher, dass er in Südostasien oder Amerika eine gute Figur abgeben wird.

Immerhin hat Mappus einen ordentlichen Beruf erlernt. Er ist Industriekaufmann und hat einen Hochschulabschluss als Diplom-Ökonom vorzuweisen. In der Zeit von 1995 bis 1997 arbeitete er in Teilzeit bei Siemens und hatte mit dem Vertrieb von Telekommunikationsanlagen zu tun. Im anderen Teil der Zeit war er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Politische Wissenschaften an der Universität Hohenheim. Was er da genau gemacht hat, ist bei Wikipedia nicht dokumentiert. Vielleicht hat er ja den Telefondienst übernommen. 

Der Mann ist also bestens qualifiziert und vor allem international einsatzfähig. Das ist spätestens bei seinem Besuch in Saudi-Arabien deutlich geworden, als er dem dort herrschenden Königshaus freundlich Anerkennung zollte und seine Bewunderung darüber zum Ausdruck brachte, mit welcher Schnelligkeit Projekte auf der arabischen Halbinsel angegangen und realisiert würden.

„Ich bewundere, wie Sie es schaffen, mitten in der Wüste ein Land urbar zu machen und voranzubringen.“

Da haben die Saudis einen entscheidenden Vorteil. Zu Hause in Stuttgart musste Mappus die Urbanisierung mit Knüppel und Wasserwerfer durchsetzen. Die Saudis dürften künftig auf Leopard 2 Panzer aus deutscher Produktion zurückgreifen. 

Vielleicht hat Mappus Glück, und er wird nach Connecticut, USA, versetzt. Dort könnte er dann seinem Parteifreund Karl-Theodor zu Guttenberg in Fragen der Selbstmedikation beraten. Der wiederum kam für Merck als Führungskraft nicht in Frage. Der Konzern hatte seine Generika-Sparte bereits 2007 verkauft.

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Nach der Wahl folgt der Tag der Gremien

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Es ist immer dasselbe. Nach einem Urnengang heißt es am Wahlabend immer, es sei zu früh, das Ergebnis zu analysieren. Da müsse man in Ruhe drauf schauen und seine Schlüsse ziehen. Das passiert freilich nie. Da Wahlen in der Regel am Sonntag stattfinden, treffen sich am Montag die sogenannten Gremien in den Parteizentralen, um über das weitere Vorgehen zu beraten. Heute war wieder so ein Montag und unterm Strich muss man sagen, dass durchaus Konsequenzen an den Stellen gezogen wurden, wo es keinem wehtut.

So ist zum Beispiel Rainer Brüderle als Landesvorsitzender der FDP in Rheinland-Pfalz zurückgetreten, pardon, hat angekündigt, nicht mehr für den Vorsitz kandidieren zu wollen. Auch Stefan Mappus gab an, nicht mehr als Landesvorsitzender seiner Partei antreten zu wollen. Dafür steht jetzt Mappus-Klon Tanja Gönner in den Startlöchern.

Ansonsten war nix. Die FDP hat personelle und inhaltliche Veränderungen durch ihr Generalsekret Lindner ankündigen lassen, aber aus Mangel an beidem, also Personal und Inhalt, hat sich Parteichef Westerwelle vorerst für eine Vertagung der basisdemokratischen Debatte entschieden. Dennoch habe er die Botschaft der Wähler verstanden. Nur warum löst er seinen Laden dann nicht auf? Die FDP wird nicht mehr gebraucht.

In der CDU hat sich derweil die Chefin zu Wort gemeldet und mit einem klaren „Weiter So“ geantwortet. Die Wahlen änderten nichts an den Beschlüssen der Union zum Moratorium. Das werde jetzt durchgezogen und drei Monate intensiv darüber nachgedacht, wie schnell man aus der Atomenergie aussteigen könne. Basta!

„Wir werden die Zeit des Moratoriums nutzen, um eine Energiewende mit Augenmaß hinzubekommen.“

Ich frage mich an dieser Stelle immer wieder, warum man noch darüber reden muss. Es hat doch einen Vertrag zwischen dem Gesetzgeber und den Energieversorgern gegeben, den Schwarz-gelb ohne Not aufkündigen ließ, der aber den Ausstieg aus der Atomenergie ganz klar geregelt hat. Im Prinzip hätte der Umstieg auf erneuerbare Energien längst gelaufen sein können, samt Investitionen in die nötige Infrastruktur, deren Fehlen gegenwärtig beklagt wird, wenn die Versorger den Ausstieg nur ernstgenommen hätten.

Das haben sie aber von Anfang an nicht, weil sie immer darauf hofften, eine schwarz-gelbe Regierung würde den Atomkompromiss schon wieder rückgängig machen. Was ja auch genau so geschehen ist. Schließlich wurden die tatsächlichen Restlaufzeiten einzelner Kernkraftwerke ganz bewusst an eine Gesamtreststrommenge geknüpft, die beliebig zwischen den AKWs hin und her verteilt werden durfte. So konnten Kernkraftwerke länger am Netz bleiben, weil andere wegen Pannen still standen und somit Reststrommengen einsparten, die dann einfach übertragen oder solange zurückgehalten wurden, bis endlich die ersehnte Regierung im Amt war.

„Ein Atomausstieg in Deutschland, um anschließend Atomenergie aus anderen Ländern zu importieren, den halte ich nicht für ehrlich.“ 

Quelle: Tagesschau

Zu dieser abstrusen Begründung der Bundeskanzlerin vielleicht der konservative Herausgeber der FAZ Frank Schirrmacher, der sich heute über die Rhetorik der Atomfreunde seine Gedanken gemacht hat:

5. Auch wenn wir aussteigen, sind wir von Atomkraftwerken umgeben

Das ist vielleicht das erbärmlichste aller Argumente, denn es bezeichnet die Selbstaufgabe von Politik. Man kann die Argumentation versuchsweise auf die Atomwaffenproliferation oder den Atomwaffensperrvertrag übertragen. Selbst wenn wir keine Atomwaffen haben, werden die anderen welche haben. Das war in der Vergangenheit kein Grund, sich selbst welche zuzulegen, sondern andere davon abzuhalten, sie zu bauen.

Quelle: FAZ

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Karikatur: Klaus Stuttmann

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Wahlsonntag

Geschrieben von:

In Baden-Württemberg sowie Rheinland-Pfalz zeichnen sich höhere Wahlbeteiligungen ab. Aber wie vor einer Woche in Sachsen-Anhalt muss man dazu sagen, dass die Wahlbeteiligungen bei den vorangegangenen Urnengängen ebenfalls niedrig waren. In Baden-Württemberg 2006 lag die Beteiligung auf einem historischen Tiefpunkt bei 53,4 % und in Rheinland-Pfalz 2006 bei 58,2 %. Leider verwechseln einige Medien in ihrer Wechsel- und Spannungseuphorie schon wieder höhere mit hoher Wahlbeteiligung.

„Hohe Wahlbeteiligung zeichnet sich ab“

Es kann aber nur eine höhere Wahlbeteiligung auch niedrig sein. Man muss nur wissen, dass die Beteiligung an Landtagswahlen in Baden-Württemberg seit 1972 kontinuierlich abgenommen hat.

1972 waren noch 80 Prozent zur Wahl gegangen.

Quelle: Südwestpresse Neckar Chronik 

Möglicherweise erreicht die Wähler gerade noch rechtzeitig die Meldung aus Japan, dass am havarierten Atomkraftwerk in Fukushima eine zehn Millionen Mal höhere Strahlung gemessen wurde als normal.

Aus dem stark beschädigten Reaktor Nummer 2 ist heute offenbar extrem radioaktiv verseuchtes Wasser ausgetreten. Der Grad der Kontamination sei zehn Millionen Mal höher gewesen, als die Radioaktivität des Wassers in einem funktionierenden Reaktor.

Zudem fließt offenbar immer mehr radioaktiv verseuchtes Wasser ins Meer. Bei Proben 300 Meter südlich des Atomkraftwerks hätten die Werte radioaktiven Jods 1850-mal über dem Normalwert gelegen, sagte ein Sprecher der japanischen Atomsicherheitsbehörde.

Man kann nur daran erinnern, dass Herr Mappus bereits wieder darüber nachdenkt, seine vorübergehend abgeschalteten Atomkraftwerke wieder ans Netz gehen zu lassen. Vielleicht hilft einigen unentschlossen Wählern bzw. Wahlverweigerern folgendes Szenario eines Super-GAUs in Baden-Württemberg, wie wichtig es ist, sein Kreuz an der richtigen Stelle zu machen.

Der Bodensee ist Europas größter Trinkwasserspeicher. Rund 4,5 Millionen Menschen hängen von ihm ab. Im Umkreis von 180 Kilometern stehen 13 Reaktoren. Was, wenn ein schwerer Unfall mit massiver radioaktiver Freisetzung sein Wasser verseuchen würde?

Eine Ausbreitungskarte von Greenpeace zeigt, dass die Entfernung keinen Schutz vor radioaktivem Fallout bietet. Ein Super-GAU in Neckarwestheim würde bei ungünstiger Windrichtung zu schwerer Kontamination des Bodensees führen.

Bitte gehen sie zur Wahl!

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Edit: Die Betreiberfirma Tepco hat Meldungen zurückgezogen, wonach Strahlenwerte gemessen wurden, die zehn Millionen Mal höher liegen als normal.

Möglicherweise seien Messwerte falsch abgelesen worden. Neue Untersuchungen wurden angekündigt. Die Angabe, wonach die erhöhten Werte 1000 Millisievert pro Stunde betragen hätten, sei aber korrekt.

Quelle: Tagesschau

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Zu Neues aus der Anstalt – Folge 42

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Zunächst einmal muss man sagen, dass es das ZDF wieder nicht hinbekommen hat, die Anstalt pünktlich starten zu lassen. Etwa zehn Minuten Verspätung. Okay, bei der Bahn ist es schlimmer. Aber dennoch, ich habe nicht ganz erkennen können, woran das wieder lag. Lag es an dem dämlichen Wettrennen zum Südpol mit Markus Lanz oder doch am heute-journal? Kam Claus Kleber mit seinem virtuellen High-Tech Studio einmal mehr nicht zurecht? Pünktlich um viertel vor zehn ging die Nachrichtenschau auf Sendung, 36 Minuten später endete sie. Danach noch das Wetter und zahlreiche Programmtipps, Lanz war wieder dabei.

Von meiner Anstalts-Aufnahme fehlt somit der Schluss. Dafür habe ich Gundula Gauses Rubrik Börse und Sport ungewollt mitgeschnitten, aus der ich erfahre, dass die internationalen Finanzmärkte wegen der Lage in Japan und der anhaltenden Kämpfe in Libyen leicht ins Minus gedreht hätten. Die Anleger seien skeptisch und Franz Zink, der Börsenspezi des ZDF, sollte erklären, warum die Unternehmen zum einen riesige Gewinne meldeten, aber gleichzeitig vor schlechten Geschäften warnen würden. Erklärt hat der Mann gar nichts, sondern nur darauf hingewiesen, dass die einen „Experten“ Risiken sähen und die anderen halt nicht. Die Krönung war ein Einpieler mit dem Metro-Chef Cordes, der, nachdem es nur positive Meldungen und Aussichten für seinen Konzern gab, seine nun jüngst geäußerte Warnung vor schlechten Geschäften damit begründete, dass unvorhergesehene Ereignisse negative Auswirkungen haben könnten. Wissen, tue er das freilich noch nicht. Häh?

Bei diesem Bericht aus Frankfurt, den sich die Redaktion wegen Informationsleere komplett hätte sparen können, hat man dann verstanden, warum Urban Priol ein paar Minuten später davon sprach, dass die Erde der Fiat unter den Planeten sein müsse.

Es geschehen einfach so viele verrückte Dinge auf einmal, dass man gar nicht mehr beim Verarbeiten des Wahnsinns hinterherkomme. Darunter litt meiner Meinung nach auch die Sendung. Im Augenblick ist es ja so, dass man buchstäblich auswählen könnte zwischen den Themen. Doch wenn man sich auf eines festlegt, würde man merken, dass es schon gar nicht mehr aktuell ist. So bleibt im Prinzip nur die Diagnose einer kollektiven Schizophrenie. Darauf versuchte sich die Anstaltsleitung einzurichten, in dem sie das Foyer zum provisorischen Krankenmehrbettzimmer umfunktionierte, weil damit gerechnet werde, dass spätestens nach der Landtagswahl in Baden-Württemberg am kommenden Sonntag eine Masseneinlieferung ins Haus stehe.

Für den noch Ministerpräsidenten habe Priol gleich zwei Liegen reserviert, um die gespaltene Persönlichkeit optimal versorgen zu können. Das ist okay, aber unterm Strich ein wenig dürftig. Georg Schramm hat es vor etwas mehr als einer Woche in Stuttgart besser gemacht als er über Mappus sagte, dass er wie eine aus dem Jahrhundert gefallene Figur wirke, die, ob sie nun die Wahl gewinnt oder nicht, eigentlich schon längst tot sei und man nur vergessen habe, sie auch zu begraben. Eine Therapie wäre also so gesehen der falsche Ansatz. Man müsse vielmehr die Frage stellen, wie es dazu kommen konnte, dass sich einer wie Mappus, der sich als Konservativer versteht, gerade diese Gruppe zum Feind mache.

Weil er kein Konservativer ist. Das habe er mit dem anderen Vorzeigekonservativen zu Guttenberg gemeinsam, meint Schramm vor den Stuttgart 21 Gegnern. Einer, der das Parlament belügt und einer, der es hintergeht, das habe nichts mit konservativ zu tun, das sei vielmehr ein Witz.

Immerhin gelang es Priol anhand der gestrigen Meldung, wonach sich zu Guttenberg auf Facebook bei seinen Unterstützern bedankt haben soll, treffsicher anzumerken, dass überall auf der Welt das Internet und vor allem Facebook dazu genutzt werde, sich gegen die herrschenden Tyrannen zu organisieren. Nur bei uns diene die Plattform dazu, dass obrigkeitshörige, adelsbesoffene Untertanenwürstchen glauben, die vermeintliche Ehre eines arroganten, aufgeblasenen, blasierten, schmierig, klebrigen Hochstaplers verteidigen zu müssen.

Aber die Lichtgestalt ist längst unter dem dichten Rauch von Fukushima I, dem Moratorium der Bundesregierung und der Bomben auf Libyen verschwunden. Für Priol und Pelzig hat die Haltung der Bundesregierung zu diesen Ereignissen, vor allem etwas mit den bevorstehenden Landtagswahlen zu tun. Das Ländle bestimme über die Weltpolitik. Merkel wollte es wie Schröder machen und sich mit einem mehr oder weniger klaren Jein zum Krieg gegen Gaddafi Wählerstimmen sichern. Pelzig meinte dazu nur:

Schade, dass der Weltuntergang nicht auch Ländersache ist, denn dann würde er garantiert nicht stattfinden.

Der Föderalismus und die Wahlen verstellen natürlich immer wieder den Blick auf wirklich wichtige Zusammenhänge. Schmickler forderte, dass die Vorstände der WestLB, die sich unter anderem mit Papieren des japanischen Energieunternehmens und Kernkraftwerkbetreibers Tepco verzockten, nach Fukushima geschickt werden sollten, um dort zur Kühlunterstützung an Block 3 zu pinkeln.  Pelzig erinnerte z.B. daran, dass die TÜV Süd AG, die die Atomkraftwerke kontrolliert, mehrheitlich den Energieversorgern selbst gehört. Pelzig erklärt den Erfolg des Atomlobbyismus, auf den die im Augenblick jammernde Branche doch aufbauen könne.

Und Frau Merkel scheint Borderliner für einen Kajalstift zu halten, meint Priol am Ende bissig.

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Wie immer finden sie die komplette Sendung, ohne lästige Berichte des heute-journals, in der ZDF-Mediathek.

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An einem Wendepunkt

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Wenn man die Welt im Jahr 2011 beschreiben müsste, käme man wohl zu dem Ergebnis, sie als etwas zu bezeichnen, das unkontrollierbar geworden ist. Möglicherweise zeigt gerade die atomare Katastrophe in Japan, die alle Menschen live mitverfolgen können, wie absurd das Gerede über eine Zurückeroberung von Kontrolle ist, die für das Selbstverständnis der Gesellschaften westlicher Prägung bisher grundlegend war. Seit Tagen hört man, dass sich die Lage in Fukushima verschlimmere oder weiter zuspitze. Am irritierendsten ist die Aussage, dass etwas noch mehr außer Kontrolle geraten könne als bislang schon geschehen. Dabei verbirgt sich in dieser Form der sprachlichen Vermittlung immer noch die Hoffnung oder sollte man sagen, der Glaube an die Beherrschung von Prozessen, die sich praktisch nicht mehr aufhalten lassen.

Es gibt keinen Knopf, den man drücken, oder eine vom Verstand geleitete Gruppe von Menschen, die dafür sorgen könnte, einen im Gang befindlichen nuklearen Zerfallsprozess aufzuhalten. Bisher wurde das auch nur indirekt getan, in dem man die Unterbrechung der Kettenreaktion durch automatische Abschaltung der Reaktoren im Zuge des Erdbebens durch Kühlung der Brennstäbe erreichte. Diese Kühlsysteme sind nun ausgefallen und die durch den Zerfallsprozess entstehende Wärme wird nicht mehr sicher aus den Druckbehältern abgeführt. In diesen wird es somit immer heißer. Eine Kernschmelze, Feuer oder Explosionen sind die Folge.

Nun kann man da aber nicht einfach hingehen, die Tür des Behälters aufmachen oder, falls durch eine der oben genannten Szenarien bereits geöffnet, drüber fliegen, um von außen mit Wasser den Reaktorinhalt zu kühlen. Die radioaktive Strahlung macht solchen Verzweiflungsaktionen einen Strich durch die Rechnung. In Wahrheit ist man dazu verdammt, bei der Zerstörung der Anlage und der Verseuchung der Umgebung tatenlos zuzusehen. Alternativlos sozusagen. Doch gerade in dieser ausweglosen Situation tut man so, als könne man noch etwas retten oder gar die Kontrolle zurückgewinnen. Das ist eine Selbsttäuschung, die aber notwendig ist, weil das bisherige System der rücksichtslosen Verwertung menschlicher Abeitskraft und aller Lebensbereiche nichts mehr verachtet als die Tatenlosigkeit und das Versagen vor Ort.

Da regt sich zum Beispiel ein ARD-Reporter im noch sicheren Tokio darüber auf, dass den Kraftwerksarbeitern entgangen war, dass die Reaktorkerne buchstäblich austrockneten, weil die Pumpen nicht funktionierten oder dass es zu einem Brand im Lagerbereich für alte Brennstäbe kam. Gern beschreibt man das dann als Zeichen für Inkompetenz oder chaotische Zustände, die dem Ordnungsdenken zutiefst widersprechen.

Den Untergang hat man geordnet und pflichtbewusst zu gestalten. Da kennt sich der Deutsche besonders gut aus. Bei uns hätte es das wohl nicht gegeben?

Sehr richtig. Bei uns werden Vorfälle in den sichersten Atomkraftwerken der Welt lieber vertuscht. Die oberste Atomaufseherin des Landes Baden-Württemberg, Umwelt- und Bahnhoftieferlegungsministerin Tanja Gönner ist diesbezüglich in arge Erklärungsnot geraten. Aber das ist nur ein weiteres Symptom für den Zerfall einer demokratischen Fassade, deren Einbruch spätestens mit dem Finanzmarktdesaster deutlich sichtbar geworden ist.

Die Finanzkrise ist ebenfalls außer Kontrolle, weil den gewählten Volksvertretern die Vertretung mächtiger Partikularinteressen näher liegt, als die Interessen der Mehrheit der Gesellschaft, die weder Anteile einer Bank, ein Hotel noch ein Atomkraftwerk besitzen.

Die teure Rettung von Banken und ganzen Staaten sowie die gleichzeitige Beschenkung einer wohlhabenden Klientel geraten auch außer Kontrolle, weil es nichts mehr gibt, das man von den ärmeren, den Verlieren und der gleichfalls zerfallenden Mittelschicht holen kann, um es nach oben umzuverteilen. Die Frage ist halt, ob die Spaltung der Gesellschaft in viel arm und weniger reich auch zu einer Überhitzung und zu einem vermehrten Druckaufbau führen wird, an dessen Ende zwangsläufig die Explosion steht.

Umstürze und Veränderungen sind nicht neu, sie hat es immer und überall auf der Welt gegeben. Gerade konnte man das und man kann es noch immer im arabischen Raum beobachten. Neu aber ist die Gleichzeitigkeit, mit der Veränderungen auf der ganzen Welt wahrgenommen werden. Als die Titanic im Jahr 1912 unterging, war das ein Schock für die bürgerliche Gesellschaft, nicht aber für die Chinesen, Afrikaner oder Araber. Die bekamen davon nämlich gar nix mit.

Als die Titanic sank, endete das long century, das lange 19. Jahrhundert, das bürgerliche Jahrhundert, in dem für den Menschen in Europa und Amerika alles möglich, machbar und vor allem beherrschbar war. Der Untergang der Titanic war eine Zäsur, die das bürgerliche Selbstverständnis der technischen Überlegenheit tief erschütterte. Später in den Schützengräben des ersten Weltkrieges wurden die Reste dann über alle gesellschaftlichen Gruppen und Nationalitäten hinweg regelrecht niedergemäht.

Der technische Fortschritt wie das Bestreben nach Perfektion sind als Fragmente der bürgerlichen Gesellschaft erhalten geblieben und zum Exportschlager geworden. Ohne technische Entwicklungen und Fortschritt kein wirtschaftliches Wachstum. Der zum Teil unerschütterliche Glaube an die Technik ist immer wieder spürbar und das Entsetzen über deren Versagen groß. Wenn nun in dem Hochtechnologieland Japan die angeblich so saubere Kerntechnologie versagt, so ist jetzt die gesamte Welt Zeuge und gleichermaßen betroffen wie auch geschockt.

Georg Schramm trat am Montag in Stuttgart bei den Gegnern des Bahnhofprojektes Stuttgart 21 auf und erinnerte mit Blick auf den 11. März 2011, dem Tag des Erdbebens in Japan, an den Historiker Eric Hobsbawm und dessen Einteilung der Epochen in long (19. Jahrhundert) und short century (20. Jahrhundert).

Es gibt einen berühmten englischen Historiker, Eric Hobsbawm, der sagt, Jahrhunderte beginnen nicht mit dem ersten Januar auf dem Kalender, sondern mit einem Ereignis, in dem das ganze Jahrhundert bereits thematisiert ist. (…) Der Beginn des 20. Jahrhunderta war für Eric Hobsbawm der Untergang der Titanic. Der Untergang der Titanic ist dem selbem Grundmuster gefolgt wie die Katastrophe in Japan – menschliche technische Hybris, die nicht im Dienst der Menschheit stand! – Georg Schramm

Quelle: le bohémien

Die menschliche technische Hybris, die nicht im Dienst der Menscheit stand.

Einen Satz, den man sich merken sollte. Schramm spricht von einem Wendepunkt, einer Wegmarke, die stellvertretend für das 21. Jahrhundert stehen könnte. Er spricht auch über den Protest und Stéphane Hessel, jenem französisch-deutschen Schriftsteller und Mitbegründer der Menschenrechtscharta, der vor kurzem mit seinem Manifest „Empört Euch! (Indignez-vous !)“ die Menschen dazu aufrief, Widerstand zu leisten.

„Neues schaffen, heißt Widerstand leisten und Widerstand leisten, heißt Neues schaffen!“

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Mappus‘ Geschäftsidee

Geschrieben von:

Vor einigen Tagen habe ich darüber berichtet, wie Herr Mappus mit dem EnBW-Deal in die Liga der großen Finanzjongleure aufsteigen will.

Innenminister de Maizière fährt die Polizeipräsenz in der Öffentlichkeit nach mehr als zwei Monaten wieder zurück (Quelle: SpOn). Ich frage mich warum? In Baden-Württemberg läuft nämlich ein Verrückter herum, der als Ministerpräsident Anleihen im Gesamtwert von über 4,5 Mrd. Euro platziert hat, um für 4,7 Mrd. Euro beim Stromkonzern EnBW einzusteigen. Der erstaunten Öffentlichkeit rechnet der Mann, der sich Mappus nennt, vor, dass die Zinsen für die Anleihen niedriger seien, als die Rendite, die der Stromkonzern abwerfen soll (Quelle: FTD).

Falls der zweite Teil der Rechnung nicht aufgehen sollte, hat sich der schlaue Ministerpräsident vorgenommen, so zu handeln, wie es schlaue, die deutsche Rechtslage ausnutzende, Hedgefonds auch machen.

Nun hat der Ministerpräsident, der auch auf eine Wiederwahl im März hoffen kann, das Personal vorgestellt, welches er als Miteigentümer von EnBW in den Aufsichtsrat entsenden will. Dabei betonte Mappus zugleich, dass die Landesregierung nicht beabsichtige, in die Geschäftspolitik eingreifen zu wollen.

Zudem hat Mappus drei externe Vertreter nominiert: Den Chef des Mannheimer Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Franz, den Chef von Südwestmetall und ProMinent Dosiertechnik in Heidelberg, Rainer Dulger, sowie Hubert Lienhard vom Heidenheimer Anlagenbauer Voith. Mappus erklärte: „Die Berufung der Persönlichkeiten aus der freien Wirtschaft unterstreicht, dass sich die Landesregierung nicht in das operative Geschäft der EnBW einmischen will. Der Kauf der EnBW-Anteile ist vor allem eine standortpolitische Entscheidung.“

Quelle: Stimme

Man kennt das ja von den Banken. Auch da gab und gibt die Politik viel Geld, hält sich aus der Geschäftspolitik aber einfach heraus. Warum nur? Und was soll der Hinweis auf Standortpolitik? Befürchtet Mappus etwa ein Abwandern des Stromkonzerns oder gar ein Land ohne Strom?

Für mich klingt die Geschäftsidee von Mappus wie ein Programm zur Umverteilung von Steuergeldern. An dem Rückkauf der EnBW-Anteile verdienen schon mal Anwälte, Beratungsunternehmen und Banken. An einer neuerlichen Privatisierung, wie von der FDP gefordert, dann wohl auch. Da sich das Land aus dem operativen Geschäft heraushalten will, ist auch klar, dass die Preistreiberei weitergehen wird, während die Kosten für Modernisierung u.ä. vom neuen Miteigentümer, dem Land, zum Großteil übernommen werden müssen. So einen schlauen Ministerpräsidenten, der nicht nur die Interessen der Bürger im Blick hat, wählt man natürlich gern wieder ins Amt. Das kann ich schon verstehen.

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Deutschlands Sicherheit müsste auch an der Schwäbischen Alb verteidigt werden

Geschrieben von:

Innenminister de Maizière fährt die Polizeipräsenz in der Öffentlichkeit nach mehr als zwei Monaten wieder zurück (Quelle: SpOn). Ich frage mich warum? In Baden-Württemberg läuft nämlich ein Verrückter herum, der als Ministerpräsident Anleihen im Gesamtwert von über 4,5 Mrd. Euro platziert hat, um für 4,7 Mrd. Euro beim Stromkonzern EnBW einzusteigen. Der erstaunten Öffentlichkeit rechnet der Mann, der sich Mappus nennt, vor, dass die Zinsen für die Anleihen niedriger seien, als die Rendite, die der Stromkonzern abwerfen soll (Quelle: FTD).

Falls der zweite Teil der Rechnung nicht aufgehen sollte, hat sich der schlaue Ministerpräsident vorgenommen, so zu handeln, wie es schlaue, die deutsche Rechtslage ausnutzende, Hedgefonds auch machen.

Und was, wenn der Gewinn einbricht?
Immerhin, für letzteren Fall hat Mappus vorgesorgt, wie aus Unterlagen rund um den Milliardendeal hervorgeht: Fällt der Gewinn des Stromversorgers, will die Stuttgarter Staatskanzlei einfach nach Heuschreckenmanier eine Erhöhung der Ausschüttungsquote durchsetzen. Anders ausgedrückt: Das schwäbische Milchmädchen macht sich daran, den EnBW-Konzern kräftig zu melken.

Ein toller Plan. Wozu vor Terroristen Angst haben, wenn man solche Politiker in Regierungsverantwortung hat? Weniger Polizeipräsenz an Bahnhöfen und vor öffentlichen Gebäuden ist ja schön und gut, aber gegen eine Verstärkung der Truppen im Büro von Mappus hätte ich nichts einzuwenden. Meinetwegen können die auch Maschinenpistolen tragen.

Ein Anschlag fand übrigens nicht statt, wie der Innenminister heute enttäuscht zugab.

Trotzdem sei die Anordnung, die im November einigen Wirbel und Besorgnis in der Bevölkerung verursacht hatte, auch aus heutiger Sicht richtig gewesen, sagte der Minister am Dienstag. Zwar wisse man „nicht mit Sicherheit“, ob die Maßnahmen letztlich Anschläge verhindert hätten, aber: „Eine gute Wirkung hatten sie allemal.“

Quelle: FR

Das mutmaßliche Anschlagsvorhaben, das der Bundesinnenminister nach einem Hinweis eines nicht näher genannten ausländischen Partners für Ende November 2010 angekündigt hatte, ist auch nicht mit zeitlicher Verspätung umgesetzt worden. Shit happens. Dafür hatte Schlägertruppführer Mappus die Gelegenheit nicht nur einen Bahnhof als Geißlersche Plusoption unter die Erde zu schlichten, sondern auch noch Zeit, als moderner Finanzjongleur weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit in die Fußstapfen der ganz großen Finanzbläser zu treten.

Ich will ja keine Panik verbreiten, aber dieser Vorgang stellt in meinen Augen eine ernsthafte Gefahr für die Sicherheit in diesem Land dar. Natürlich können wir auch weiterhin Phantomterroristen hinterher jagen.

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Schwarz-Grün in Stuttgart nicht ausgeschlossen

Geschrieben von:

Meine Angst vorm Superwahljahr bleibt weiterhin begründet. Am 2. Januar schrieb ich hoffnungslos in diesem Blog:

In Baden-Württemberg stehen die Zeichen auf Geißler. Eindeutig. Dort wird es zu einer geschlichteten Schwarz-Grünen Regierungstieferlegung kommen. Mehr ist dazu nicht zu sagen, auch wenn alle Beteiligten etwas anderes behaupten.

Und ja, die Grünen schließen ein Bündnis mit Mappus nicht aus. Warum? Ja, weil man eben nichts mehr ausschließt. Ganz einfach. Man muss halt positiv denken und einfach sehen, dass es auf die Verpackung ankommt. Beim Gammelfleisch und „Stuttgart 21“, aus dem der Kostveredler Geißler ein scheinbar schmackhaftes „Stuttgart 21 plus“ zauberte, hat die Umetikettierung doch auch funktioniert, zumindest für eine Weile. Die Frage ist jetzt nur, wird der Wähler den stinkenden Braten auch riechen?

Aber dagegen, dass er am Ende womöglich doch noch ein Bündnis mit der viel kritisierten CDU eingeht, wollte sich Kretschmann dann doch nicht festlegen. Zwar sagte er: „Ich glaube, es riecht zurzeit nicht nach Schwarz-Grün“, doch Koalitionen von vornherein auszuschließen, halte er nicht für klug. Zurückliegende Wahlen hätten gezeigt, dass Überraschungen und schwierigste Situationen möglich sind. „Wir werden einen eigenständigen Wahlkampf führen, und dann entscheidet der Souverän.“ Es sei aber klar: „Wenn es die Möglichkeit gibt, die CDU in die Opposition zu schicken, werden wir das tun.“

Quelle: taz

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