Die Kürzungsunlogik

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HAZ, 2.8.23

Während der Bundesfinanzminister neue Schulden nur für Aufrüstung und eine „Aktienrente“ zum Zocken am Kapitalmarkt erlaubt, muss an anderen Stellen im Haushalt gespart werden. Das ist häufig sehr abstrakt. Konkret wird es für die Menschen vor Ort. Und leider ist es dann auch immer wieder dieselbe alte Leier. Gekürzt wird bei den sogenannten „freiwilligen Leistungen“, die offenbar nur deshalb so heißen, damit man sie auch zusammenstreichen kann, weil sie quasi die Begründung dafür gleich mitliefern. „Freiwillig“ suggeriert ja, das etwas entbehrlich ist, vielleicht sogar nur Luxus, auf den man in schwierigen Zeiten verzichten kann, ja sogar muss. Doch öffentliche Ausgaben, ob nun freiwillig oder nicht, bedeuten auch immer Einkommen von Menschen, die davon wiederum Steuern und Sozialabgaben zahlen, also zu den Einnahmen der öffentlichen Hand beitragen. Daher gilt auch der Satz, dass der Staat nicht mehr einnehmen kann, als er ausgibt. Er schafft mit seinen Ausgaben überhaupt erst Einkommen. Öffentliche Ausgaben sind also nicht bloß Kosten, sondern haben einen volkswirtschaftlichen Sinn, der leider von denen nicht begriffen wird, die ständig behaupten, dass der Staat nur das ausgeben könne, was er zuvor eingenommen hat. Falsch: Gibt er weniger aus, nimmt er auch weniger ein.

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Versteckte Änderung im Kleingedruckten

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Die Niedersächsische Corona-Verordnung ist einem ständigen Wandel unterzogen. Im Januar gab es zwei, im Dezember vier Anpassungen. Insgesamt ist die Verordnung vom 30. Oktober achtmal überarbeitet worden. Das allein im Blick zu behalten, ist schon schwer. Doch nun bereiten auch einzelne Paragrafen Sorgen, deren Wortlaut sich gar nicht verändert hat, wie die HAZ berichtet. Denn wie die getroffenen Vorschriften genau zu verstehen sind, regelt wiederum die Verordnung zur Änderung der Niedersächsischen Corona-Verordnung. Hier finden sich Begründungstexte, die plötzlich etwas verbieten, was bislang erlaubt war. Das sorgt für weitere Verwirrung und Ratlosigkeit, auch in diesem Blog. Das Begleitpapier zur Verordnung umfasst 14 Seiten, die Verordnung selber 24.

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Montags bei Hoppenstedts in Niedersachsen

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Mit Inkrafttreten der neuen Corona-Verordnung des Landes Niedersachsen, gibt es schon die erste Änderung. Auf heftigen Druck der Öffentlichkeit werden die Kontaktbeschränkungen für Kinder dann doch nicht so streng gehandhabt. Man dulde daher Verstöße gegen die Verordnung, eine Änderung der Vorschriften ist aber erst mit einer neuen Version Ende Januar vorgesehen, was auch heißt, dass das Regieren auf Verordnungsbasis munter weitergeht. Möglicherweise hätte ein Parlament rechtzeitig erkannt, dass für Kinder eine „Notwendigkeit zur ununterbrochenen Betreuung“ besteht. Die Landesregierung hat nun entschieden, dass die Ausnahme für Kinder unter 3 Jahren gilt. Ältere Kinder sind offenbar schon selbstständig genug. Vielleicht sollte man wirklich einmal das Parlament befragen, bevor es wieder eine Rüge aus Lüneburg gibt.

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Masterplan Schwarze Null

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Bild: ShonEjai, pixabay

Da können Brücken einstürzen, die schwarzen Nullen interessiert das nicht. Sie reagieren genervt. Sogar Journalisten, die es eigentlich besser wissen müssten, leugnen, dass es so etwas wie Sparvorgaben in unserer heutigen Zeit überhaupt gibt. Die EU gebe lediglich Empfehlungen ab, heißt es in einem Bericht der Tagesschau beschönigend. Das ist traurig, zumal sich der Rückgang öffentlicher Investitionen infolge des Konsolidierungsdrucks detailliert für jedes Land nachprüfen lässt.

Wer jedoch naiv an „Empfehlungen“ glaubt, hat wohl auch schon wieder vergessen, wie Griechenland mit dem Stopp der Notfall-Liquiditätshilfe (ELA-Kredite) gezwungen worden war, sich den Vorgaben der Austeritärspolitik zu beugen. Im Übrigen: Was auf europäischer Ebene gilt, wird auch national bis hinunter zu den Kommunen immer weiter praktiziert. Es folgt ein aktueller Blick auf das beschauliche Niedersachsen.

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Totalausfall

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Mit Blick auf den Ausgang der ersten Wahlrunde in Frankreich haben sich viele Kollegen in den Medien festgelegt. Es mangelt an aufrechten Demokraten, die sich nun geschlossen gegen den Rechtsextremismus wenden und ihren Wählern empfehlen, in der Stichwahl am 7. Mai für Emmanuel Macron zu stimmen. Gemeint ist Jean-Luc Mélenchon, der bislang eine Wahlempfehlung schuldig blieb und deshalb keinen Anstand besitze, wie heute im Leitartikel der HAZ von Andreas Niesmann zu lesen ist. Er spricht vom Totalausfall der Linken, legt aber als Autor selbst einen hin.

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Zeit für den geistigen Ruhestand

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Wonka_Rente_NeuFür die Samstagsausgabe (03.01.2015) der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung (HAZ) liefert Dieter Wonka den Leitartikel zum Thema Rente. Das Jahr hat kaum begonnen, schon kocht die Debatte um eine längere Lebensarbeitszeit wieder hoch. Die Bundesagentur für Arbeit fragt scheinheilig, wieso nicht bis 70 arbeiten? Und wie immer fragt sich der Wonka unter der Berliner Käseglocke das auch. Dabei wäre es Zeit für den geistigen Ruhestand.Wonka_Rente_groß

Wonka findet die Idee sympathisch, weil schließlich viele Politiker wie Seehofer, Kretschmann und Schäuble fröhlich weiterarbeiten, obwohl sie die bekannten Altersgrenzen längst überschritten haben.

Diese Beispiele würden zeigen, dass der Eintritt in das Renteneintrittsalter eine höchst persönliche Angelegenheit sei. Seltsam ist, dass Wonka beim Nachdenken über Berufe nur der des Politikers einfällt und sonst nichts. Das liegt wohl an der Käseglocke und den vielen Hintergrundgesprächen in der Hauptstadt. Seltsam ist aber auch Wonkas Begründung.

So schreibt er, dass dieses neue Denken durch zwei finanzielle Faktoren angestoßen worden sei. Und nun folgen zwei geistige Aussetzer. Zum einen schreibt die Berliner Edelfeder, dass aufgrund der geburtenschwachen Jahrgänge die Beitragseinnahmen der Rentenversicherung bedenklich sinken werden. Das ist falsch. Die Beiträge sinken, weil die Berufspolitik es so entschieden hat. Die Beitragsdeckelung lässt die Einnahmen schrumpfen nicht die Tatsache, dass es weniger Menschen in einem Jahrgang gibt.

Würden die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung steigen statt diese als überteuerte Prämien auf die Mühlen der privaten Versicherungswirtschaft umzuleiten, hätte die gesetzliche Rente kein Finanzierungsproblem. Stattdessen muss die gesetzliche Rentenversicherung mit den Beiträgen der Versicherten auch noch Werbung für die privaten Konzerne machen, die, wie wir inzwischen wissen, die versprochenen Renditen niemals werden zahlen können. Über diese Absurdität sollte sich Wonka einmal Gedanken machen.

Gerd Bosbach, ein Mathematiker bei klarem Verstand, sagt: “Die ’private Vorsorge‘ ist für die Gold wert. Jedes Prozent, das weniger in die gesetzliche Rentenkasse eingezahlt wird, sind für die Arbeitgeber 5 Milliarden Euro weniger Lohnnebenkosten! Da lohnen sich natürlich die Investitionen in große Kampagnen und Forschungseinrichtungen, die öffentlichkeitswirksame Studien veröffentlichen.”

Das heißt, auch die Arbeitgeber haben ein Interesse an niedrigen Rentenbeiträgen. Sie sagen, hohe Lohnnebenkosten wirken beschäftigungshemmend. Dass der Arbeitnehmer aber privat vier Prozent seines Einkommens für die kapitalgedeckte Altersvorsorge allein aufbringen soll und auch sonst alle Kosten zu tragen hat, die die Arbeitgeber sparen, findet die Presse kaum erwähnenswert. Die Arbeitgeber haben auch ein Interesse an der Diskussion um einen angeblichen Fachkräftemangel.

Wonka hinterfragt auch das nicht, sondern plappert es einfach nach. Klar, wenn es geburtenschwache Jahrgänge gibt, muss es auch irgendwann weniger Fachkräfte geben. Die Tatsache aber, dass die heutige Jugend in einem maroden Bildungssystem samt einsturzgefährdeter Schulgebäude aufwachsen muss, kümmert die Arbeitgeber wenig. Sie jammern lieber über zu dumme Schüler. Die von Wonka so geschätzte Berufspolitik könnte etwas daran ändern und so dem drohenden Fachkräftemangel aktiv entgegenwirken. Das fordert die Edelfeder aber nicht.

Wonka sieht eher die Gefahr bei der Rente mit 63, wie viele Arbeitgeber und konservative Berufspolitiker, vor allem die oben erwähnt wurden, auch. Stichhaltig ist das alles nicht, es sei denn, man ist ein Fan der Arbeitgeberlobby und hält deren gebetsmühlenartig vorgetragenen Behauptungen für unbestrittene Wahrheiten. Für die Leser der HAZ ist der Kommentar von Wonka wie so oft eine Beleidigung.


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