Atomkraft voraus oder vorüber?

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So ganz ist nicht klar, welcher Kurs in dieser Frage anliegt. Von der Steuerfrau des sinkenden Schiffes hört man in der Sache nichts Neues, außer dass sie entschlossen abwartet und guckt, wohin die Reise geht.

Atomausstieg? So schnell wie möglich! Das ist das Credo der Kanzlerin. Doch Angela Merkel meidet eine konkrete Jahreszahl, wartet ab und gibt keine Führung vor.

Quelle: Spiegel Online

Wie sagte Volker Pispers einst so treffend? Sie sieht das Problem auf sich zukommen, guckt wie sie immer guckt, um dem Problem ein Gesicht zu geben und wartet ab, bis sich alle anderen in Bewegung setzen, weil sie das Warten auf eine gemeinsame Lösung leid sind. Die Richtung ist dabei völlig egal. Dann setzt sich die Kanzlerin an die Spitze der Bewegung mit dem Ruf, mir nach, ich folge euch.

Bei der Atomkraft läuft es ganz genauso ab.

„Jetzt geht es darum, dass wir nicht als erstes immer nur Bedenken äußern, sondern dass man einfach sagt: Wir wollen das schaffen.“

Dafür hat sie einen Arbeitskreis aus Kirchgängern und abgehalfterten Politikern gebildet – in der Fachsprache sagt man dazu Expertengruppe -, die völlig talentfrei und bar jeder Sachkenntnis die schon längst beantwortete Frage erörtern sollen, ob oder wie schnell ein Ausstieg aus der Atomkraft wirtschaftlich und gesellschaftlich möglich ist oder so ähnlich. Es spielt ja keine Rolle, denn wir alle suchen eine gemeinsame Lösung. Das muss reichen. Zuletzt suchte die Regentin Verwalterin Verweserin das Gespräch mit den Ministerpräsidenten und heraus kam ein Potpourri der Sprechblasen, die sich im Kern auf die Botschaft konzentrieren, dass Dinosaurier zwar aussterben werden, aber zuvor ziemlich lange auf der Erde überlebten, bis ihnen eine globale Katastrophe zum Verhängnis wurde.

Mit anderen Worten, alle wollen aussteigen, aber nicht sofort. Die einen tun nur so, als würden sie schneller aussteigen wollen und die anderen tun so, als bräche die Katastrophe in Form höherer Strompreise gerade durch einen schnellen Ausstieg über uns herein.

Ich warte nur noch auf den PR-Slogan: „Mit Atomkraft steigt ihr Strompreis langsamer!“

Und was sagt eigentlich die FDP dazu?

Längst suchen die anderen Parteien die florierende Kostendebatte für sich zu nutzen. Philipp Rösler, designierter FDP-Chef, sagte der „Passauer Neuen Presse“, mit ihm werde es keine Steuererhöhung zur Finanzierung des Umstiegs auf erneuerbare Energien geben: „Ich bin gegen einen Energie-Soli.“

Da bin ich beruhigt, dass es mal nicht um ein einfaches, niedriges und gerechtes Steuersystem geht. Mit Rösler wird es keinen Energie-Soli geben. Stimmt, den haben ja Westerwelle und Brüderle mit der Erhöhung der Tabaksteuer neulich bereits eingeführt und zwar unter dem Motto: Rauchen für die Schwerindustrie, damit diese nicht auf ihre Steuerprivilegien (Ökosteuerrabatt) zu Gunsten des Jahrhundertsparpakets der schwarz-gelben Chaostruppe verzichten musste.

Aber das ist bereits Schnee von gestern, im Augenblick scheint es bei dem fingierten Streit, um eine konkrete Abzugsperspektive mit Zeitangabe zu gehen. Ich meine natürlich um einen konkreten Termin für den endgültigen Ausstieg aus der Atomkraft. Da werden allerhand Jahreszahlen genannt. Wahrscheinlich wird es in einem Gesetz dann lauten, dass der Ausstieg aus der Atomkraft im Jahr X beginnen und im Jahr Y abgeschlossen sein soll, sofern es die Sicherheitslage erlaubt. Ich meine natürlich, sofern es die Entwicklung des Strompreises erlaubt oder so ähnlich…

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Währungsunion mit und ohne Plagiat

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Nun hat es das „schöne Gesicht der FDP“ erwischt. Silvana Koch-Mehrin soll in ihrer Dissertation ebenfalls ordentlich abgeschrieben haben. Auf über 30 von 227 Seiten ihrer Arbeit seien Plagiate durch die Plattform „VroniPlag Wiki“ entdeckt worden. Die Universität Heidelberg prüft bereits die Vorwürfe und auch die Staatsanwaltschaft ist eingeschaltet.

Silvana Koch-Mehrin hat 2000 ihre Dissertation mit dem Titel „Historische Währungsunion zwischen Wirtschaft und Politik: die Lateinische Münzunion 1865 – 1927“ an der philosophischen Fakultät der Uni Heidelberg eingereicht. Darin geht sie unter anderem der Frage nach, ob die Münzunion, zu der sich sich Ende des 19. Jahrhunderts fünf europäische Staaten zusammengeschlossen hatten, ein Vorläufer der Europäischen Währungsunion war. Die Arbeit wurde mit „cum laude“ bewertet, was einem „Gut“ entspricht und nach „summa cum laude“ und „magna cum laude“ die drittbeste Zensur ist.

Quelle: Stern

Das Thema der Arbeit ist natürlich interessant. Historische Währungsunion und einheitliches Geld. Da fiel mir spontan Koch-Mehrins Auftritt bei hart aber fair wieder ein und ihre voller Kompetenz strotzende Behauptung, wonach die Verschuldung in gut 75 Minuten Sendezeit um lediglich 6000 Euro gestiegen sei. In Wirklichkeit waren es 20 Millionen Euro. Nun wissen wir aber, dass sich Frau Koch-Mehrin wahrscheinlich auf die lateinische Münzunion Ende des 19. Jahrhunderts bezog.

Wie sagte Urban Priol in der Anstalt doch so treffend, Koch-Mehrin sei der überflüssigste Kostenposten, den wir je zur Endlagerung nach Brüssel geschickt haben und die wir nun, wahrscheinlich alternativlos, durchfüttern müssten, so wie die inkompetente, machtversessene Zonenwachtel, die alle ins komatöse Politikdesinteresse wegverwalte.

Frau Merkel hat es inzwischen geschafft, die aktuelle Währungsunion vollständig an die Wand zu fahren. Nachdem sie immer wieder betont hatte, die Deutschen würden nicht zum Zahlmeister der Eurozone und das Geld der Steuerzahler gäbe es wenn überhaupt auch nur, wenn Defizitsünder harte Sanktionen akzeptieren, hat sie nun klammheimlich mit dem neuen Euro-Rettungsmechanismus (ESM) eine „Einzugsermächtigung für den Bundeshaushalt“ erteilt. Der Bundesrechnungshof ist bei seiner Prüfung der Vorgänge auf diese defacto Außerkraftsetzung des Deutschen Bundestages gestoßen.

Im Extremfall, monieren die Regierungskontrolleure, wären die Euro-Mitglieder verpflichtet, Geld nachzuschießen, ohne dies verhindern zu können: „Reicht das Barkapital nicht aus, wird automatisch Kapital von den Mitgliedstaaten abgerufen, ohne dass es einer Entscheidung des Verwaltungsrats oder des Direktoriums bedarf.“

Wo sind da eigentlich die Schreihälse aus der FDP, die immer vor einer Transferunion gewarnt haben? Wo ist Haushalts Fricke, der immer so schlau daherquatscht, Haushaltsdisziplin anmahnt und ständig von Ausgabenkürzungen und Generationengerechtigkeit faselt? Hier will seine Chefin wieder ein Ermächtigungsgesetz vorlegen, mit dem das Parlament ausgeschaltet würde. Fricke meint dazu recht diplomatisch:

„Unter den Haushaltspolitikern der Koalition gibt es große Einigkeit, dass die Beteiligungsmöglichkeiten des Bundestags beim ESM deutlich ausgebaut werden“

Quelle: FTD

Und was, wenn nicht? Platzt dann die Koalition? Gibt es ein Misstrauensvotum gegen Merkel? Wohl kaum bei den Umfragewerten für die FDP.

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Merkels Terminkalender

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Merkels Terminkalender bleibt für die Öffentlichkeit weiter tabu. Dennoch muss sie die Gästeliste der Ackermann-Geburtstagsparty, die am 22. April 2008 im Kanzleramt stattfand, offenlegen. Das entschied heute das Berliner Verwaltungsgericht.

Zur Begründung erklärte das Gericht, es habe sich sämtlich um Personen des öffentlichen Lebens gehandelt, die nicht als Privatpersonen, sondern in ihrer Funktion von der Bundeskanzlerin eingeladen worden seien.

:DD Die Richter beweisen mit dieser Art von Begründung wohl Humor? Denn es war ja Angela Merkel, die kürzlich die Trennung zwischen Amt und Person verkündet hat, um einen beliebten Minister den Job zu retten. Sie habe zu Guttenberg nicht als wissenschaftlichen Mitarbeiter, sondern wegen seiner Fähigkeiten als Minister eingestellt, tönte sie selbstgefällig. Nun drehen die Richter den Spieß offenbar um und erwidern, dass Frau Merkel ins Kanzleramt auch keine Privatpersonen zum Feiern einladen könne, sondern nur solche, die in ihrer Eigenschaft als Funktionsträger zu sehen seien, an deren Identität ein öffentliches Interesse besteht.

Lustig oder?

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Nach der Wahl folgt der Tag der Gremien

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Es ist immer dasselbe. Nach einem Urnengang heißt es am Wahlabend immer, es sei zu früh, das Ergebnis zu analysieren. Da müsse man in Ruhe drauf schauen und seine Schlüsse ziehen. Das passiert freilich nie. Da Wahlen in der Regel am Sonntag stattfinden, treffen sich am Montag die sogenannten Gremien in den Parteizentralen, um über das weitere Vorgehen zu beraten. Heute war wieder so ein Montag und unterm Strich muss man sagen, dass durchaus Konsequenzen an den Stellen gezogen wurden, wo es keinem wehtut.

So ist zum Beispiel Rainer Brüderle als Landesvorsitzender der FDP in Rheinland-Pfalz zurückgetreten, pardon, hat angekündigt, nicht mehr für den Vorsitz kandidieren zu wollen. Auch Stefan Mappus gab an, nicht mehr als Landesvorsitzender seiner Partei antreten zu wollen. Dafür steht jetzt Mappus-Klon Tanja Gönner in den Startlöchern.

Ansonsten war nix. Die FDP hat personelle und inhaltliche Veränderungen durch ihr Generalsekret Lindner ankündigen lassen, aber aus Mangel an beidem, also Personal und Inhalt, hat sich Parteichef Westerwelle vorerst für eine Vertagung der basisdemokratischen Debatte entschieden. Dennoch habe er die Botschaft der Wähler verstanden. Nur warum löst er seinen Laden dann nicht auf? Die FDP wird nicht mehr gebraucht.

In der CDU hat sich derweil die Chefin zu Wort gemeldet und mit einem klaren „Weiter So“ geantwortet. Die Wahlen änderten nichts an den Beschlüssen der Union zum Moratorium. Das werde jetzt durchgezogen und drei Monate intensiv darüber nachgedacht, wie schnell man aus der Atomenergie aussteigen könne. Basta!

„Wir werden die Zeit des Moratoriums nutzen, um eine Energiewende mit Augenmaß hinzubekommen.“

Ich frage mich an dieser Stelle immer wieder, warum man noch darüber reden muss. Es hat doch einen Vertrag zwischen dem Gesetzgeber und den Energieversorgern gegeben, den Schwarz-gelb ohne Not aufkündigen ließ, der aber den Ausstieg aus der Atomenergie ganz klar geregelt hat. Im Prinzip hätte der Umstieg auf erneuerbare Energien längst gelaufen sein können, samt Investitionen in die nötige Infrastruktur, deren Fehlen gegenwärtig beklagt wird, wenn die Versorger den Ausstieg nur ernstgenommen hätten.

Das haben sie aber von Anfang an nicht, weil sie immer darauf hofften, eine schwarz-gelbe Regierung würde den Atomkompromiss schon wieder rückgängig machen. Was ja auch genau so geschehen ist. Schließlich wurden die tatsächlichen Restlaufzeiten einzelner Kernkraftwerke ganz bewusst an eine Gesamtreststrommenge geknüpft, die beliebig zwischen den AKWs hin und her verteilt werden durfte. So konnten Kernkraftwerke länger am Netz bleiben, weil andere wegen Pannen still standen und somit Reststrommengen einsparten, die dann einfach übertragen oder solange zurückgehalten wurden, bis endlich die ersehnte Regierung im Amt war.

„Ein Atomausstieg in Deutschland, um anschließend Atomenergie aus anderen Ländern zu importieren, den halte ich nicht für ehrlich.“ 

Quelle: Tagesschau

Zu dieser abstrusen Begründung der Bundeskanzlerin vielleicht der konservative Herausgeber der FAZ Frank Schirrmacher, der sich heute über die Rhetorik der Atomfreunde seine Gedanken gemacht hat:

5. Auch wenn wir aussteigen, sind wir von Atomkraftwerken umgeben

Das ist vielleicht das erbärmlichste aller Argumente, denn es bezeichnet die Selbstaufgabe von Politik. Man kann die Argumentation versuchsweise auf die Atomwaffenproliferation oder den Atomwaffensperrvertrag übertragen. Selbst wenn wir keine Atomwaffen haben, werden die anderen welche haben. Das war in der Vergangenheit kein Grund, sich selbst welche zuzulegen, sondern andere davon abzuhalten, sie zu bauen.

Quelle: FAZ

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Karikatur: Klaus Stuttmann

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Die Woche: Im Zeichen der Krisen

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An Reaktor 3 sieht es so aus, als könnte da etwas mehr kaputt sein, heißt es heute in den Nachrichten, die uns aus Fukushima erreichen. Wenn es nicht so fürchterlich schlimm wäre, könnte man über eine derart naive Berichterstattung lachen. So aber bleibt es beim Kopfschütteln. Anzunehmen, dass nach Explosionen, Bränden und unkontrolliertem Bewerfen mit Meerwasser, keine Schäden entstanden seien, grenzt schon an große Dummheit. Jetzt wird aber mit Süßwasser gekühlt. Das beruhigt.

Die Woche stand erneut unter dem Eindruck der Atomkatastrophe in Japan. Nicht zuletzt die bevorstehenden Landtagswahlen in Baden-Württemberg und mit Abstrichen Rheinland-Pfalz werden dadurch bestimmt. Am Sonntag wird im Ländle gewählt und man hat den Eindruck, als hätte sich alles dieser Regionalwahl unterzuordnen, sogar die deutsche Außenpolitik. Mit einem klaren sowohl als auch positionierte sich die Bundesregierung zu dem Angriff der westlichen Wertegemeinschaft auf Libyen.

„Ziel dieser Mission teilen wir uneingeschränkt. Unsere Enthaltung ist nicht mit Neutralität zu verwechseln.“

Quelle: Focus Online

Das ist wohl die sprichwörtliche deutsche Bündnistreue und politische Zuverlässigkeit, die international so geschätzt wird und derentwegen Deutschland in den UN-Sicherheitsrat gewählt wurde.

Gestern nun verabschiedete der Bundestag mit den Stimmen der Koalition und der SPD eine Ausweitung des Afghanistanmandats. Künftig darf die Bundeswehr noch mehr AWACS-Aufklärungsflüge übernehmen, damit die Amerikaner ihr Personal für den Libyen-Einsatz abziehen können. D.h. auch, dass nicht nur der zivile Luftverkehr überwacht, wie immer behauptet, sondern auch militärisch aufgeklärt werde, um die Kämpfe gegen Aufständische aktiv zu unterstützen. In der Aussprache begründete der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Gernot Erler die Haltung seiner Partei wie folgt:

Herr Außenminister Westerwelle, ich habe den Eindruck, dass Sie ein Problem nicht verstehen. Wir alle haben in der Vergangenheit versucht, miteinander eine auf möglichst breitem Konsens gestützte Afghanistan-Politik zu verabreden. Das ist für sich schon ein schwieriges Thema. Das, was wir Ihnen vorwerfen, ist, dass Sie uns im Grunde genommen dazu zwingen, jetzt bei einer so wichtigen Abstimmung wie dieser über den AWACS-Einsatz zu überlegen, ob unsere Zustimmung nicht auch als eine Zustimmung zu Ihrer völlig verfehlten Libyen-Politik missverstanden werden kann.

Quelle: Bundestag

Die SPD sorgt sich also um ihr Image. Es soll der Eindruck vermieden werden, die Sozialdemokraten seien nur ein Wurmfortsatz der schwarz-gelben Koalition. Dabei entspricht genau das der Wirklichkeit. Wenn morgen in Baden-Württemberg gewählt wird und das Ergebnis so ausfällt, wie derzeit prognostiziert, dann kann man doch nicht ernsthaft glauben, dass die SPD einen Grünen zum Ministerpräsidenten wählt. Sie wird als Juniorpartner in einer große Koalition eintreten und einen möglichen Verzicht von Mappus auf den Posten des Regierungschefs als Erfolg verkaufen. Wer eine andere Regierung will, muss auch anders wählen.

Ein weiterer Beleg für die Selbstliquidierung der SPD war der Auftritt von Peer Steinbrück bei der am Donnerstag stattgefundenen Aussprache um die Ausweitung des Euro-Rettungsmechanismus‘. Allein schon die Benennung Steinbrücks als Redner spricht Bände. Der Mann, der einer Fortsetzung der großen Koalition auch gegen die Beschlusslage seiner Partei immer das Wort geredet hatte und auf eine harmonische Zweisamkeit mit Angela Merkel zurückblicken kann, die bekanntlich immer nur an seinen Lippen gehangen haben soll, wird nun von der Opposition in Stellung gebracht, um der Kanzlerin Paroli zu bieten.

Und wieder steht dabei nur der Effekt im Vordergrund und nicht die Sache. Steinbrück ist ein glänzender Unterhalter mehr nicht. Seine ökonomischen Fähigkeiten sind kaum messbar. Als Brandstifter war er zusammen mit seinem immer noch in der Regierung sitzenden Mitarbeiter Jörg Asmussen (jetzt persönlicher Berater von Merkel) erfolgreich und als Feuerwehrmann ein großer Versager. In seiner Rede sagte er dann auch:

Das im Europäischen Rat jetzt anstehende Paket ist richtig.

Ihr Paket für Wettbewerbsfähigkeit, Frau Merkel, ist ebenfalls prinzipiell richtig,.

Quelle: Bundestag

Gregor Gysi verglich die Verschärfung der Sanktionen gegen Staaten mit Defiziten mit der Politik von Versailles. Wenn man nur die Absicht sieht, ist das sicherlich richtig, aber praktisch ist dieser Vergleich natürlich falsch, weil die europäische Union oder besser gesagt die Gläubigerbanken keine militärische Option verfolgen können. Der Ackermann wird eben nicht in Irland, Griechenland oder Portugal mit einem Heer einmarschieren, um sicherzustellen, dass die Zinsen auch bezahlt werden. Realistisch ist eben etwas anderes. Nämlich der sprichwörtliche Zerfall der Eurozone und der gesamten Union. Am Ende bleiben die Gläubiger auf ihren Forderungen sitzen und die Bundesregierung muss erklären, warum der jahrelange Verzicht deutscher Arbeitnehmer zu Gunsten der Exportstärke umsonst gewesen war.

Was soll auch passieren, wenn betroffene Staaten sagen, sie halten sich nicht an die vorgegebenen Maßnahmen zur Konsolidierung ihrer Haushalte? Strafe zahlen? Wovon? Die neue irische Regierung verhandelt bereits die Bedingungen neu, die Portugiesen haben im Parlament die Sparvorschläge einfach abgelehnt und die Griechen boykottieren im Alltag die steigenden Gebühren für Fahrkarten im öffentlichen Nahverkehr, die Verpflegung in Kindergärten und Horten sowie die Krankenhausgebühr.

Den Rücktritt des portugiesischen Premierministers Sócrates sowie die Ablehnung seines Sparpakets nannte Guido Westerwelle eine besorgniserregende Entwicklung. Für ihn sei klar, dass Solidarität keine Einbahnstraße sei und Portugal seine Hausaufgaben erledigen müsse, wahrscheinlich ungeachtet der demokratischen Mehrheitsmeinung. Es gilt der neue Slogan, Solidarität nur gegen Solidität, auch um den Preis der Demokratie. Schließlich gehe es ja um die Stabilität der Gemeinschaftswährung, beteuerte Westerwelle, aber nicht nur er. Immer wieder wird behauptet, die Maßnahmen dienten der Rettung des Euro, dabei geht es schlicht darum, die Forderungen der Gläubiger zu retten, die sonst Abschreibungen in größerem Umfang vornehmen müssten.

Politiker wie Westerwelle und Merkel halten schlechtere Bankbilanzen für schlimmer als schlechtere Lebensbedingungen der EU-Bürger. Sie akzeptieren den unausweichlichen Ruin ganzer Volkswirtschaften, damit die systemrelevanten Ackermänner ihre Renditeversprechen auf Kosten der Allgemeinheit erfüllen können. Denn nicht sie, die ihren Reichtum trotz Krise immer weiter vergrößern konnten, leben über ihre Verhältnisse, sondern jene Völker, die den deutschen Exporterfolg auf Pump finanzieren durften, ohne das ein Ausgleich stattgefunden hätte. Denn während der Konsum der Südeuropäer den Absatz deutscher Waren und Dienstleistungen befeuerte, verordnete die deutsche Politik und Wirtschaft dem eigenen Volk Verzicht und Rücklagenbildung fürs Alter.

So entstanden entgegen der europäischen Stabil
itätsidee enorme Handelsungleichgewichte, die die Bundesregierung und die EU nun dadurch bekämpfen wollen, in dem es die Defizitländer dem deutschen Vorbild gleichtun. Das hieße im Klartext einen Wettbewerb um die Leidensfähigkeit der Völker in Gang zu setzen, um eine Antwort auf die Frage zu finden, wessen Gürtel sich am engsten schnallen lässt?

Aber das kann keine Lösung sein, wie es auch keine ist, die Rettung von Banken zur Daueraufgabe zu erklären. Gerade die Katastrophe von Japan führt vor Augen, um welches Ausmaß es eigentlich geht. Der durch Erdbeben und Tsunami angerichtete Schaden beläuft sich nach ersten Schätzungen auf 235 Mrd. Euro. Jeder hat die Bilder der Zerstörung gesehen. Wenn man nun die Gelder dagegenstellt, die allein für die Rettung von Banken in Europa und speziell Deutschland bereitgestellt werden, bekommt man eine Vorstellung über die Verhältnismäßigkeit. Allein die kleine Münchner Hypo Real Estate musste mit über 100 Mrd. Euro gerettet werden. Der deutsche Rettungsschirm beträgt 500 Mrd. Euro, der europäische nun schon fast eine Billion Euro (950 Mrd. Euro).

Insgesamt setzt sich der dauerhafte ESM also aus folgenden drei Bestandteilen zusammen:

  • 80 Milliarden Euro werden von den Mitgliedstaaten direkt einbezahlt (die Zahlungen fließen ab dem Jahr 2013 in fünf Raten zu jeweils 16 Milliarden Euro) und stehen dem ESM unmittelbar zur Verfügung.
  • 420 Milliarden Euro werden von den Mitgliedstaaten als Kreditgarantien für ESM-Anleihen bereitgehalten. Um für ESM-Anleihen insgesamt ein AAA-Rating zu erzielen, muss jeder Mitgliedstaat allerdings für mehr als nur seinen eigenen Anteil bürgen. Die Garantiesumme ist damit insgesamt höher, nämlich rund 620 Milliarden Euro.
  • 250 Milliarden Euro stellt gegebenenfalls weiterhin der IWF als Kredit zur Verfügung.

Quelle: Wikipedia

Hier werden Gelder für etwaige Schäden vorgehalten, die das Ausmaß von Naturkatastrophen bei weitem übersteigen, ohne dass auch nur eine Bank deswegen neuaufgebaut werden müsste. Hier wird weiter frech umverteilt und die Verursacher der Krise geschont. Diese unglaublich hohen Mittel müssen natürlich an anderer Stelle erspart werden. Was folgt, ist also eine Zerstörung von Wirtschaft, gesellschaftlichen Einrichtungen ganz ohne Erdbeben und Tsunamis. Man muss kein Prophet sein, um den nächsten Crash vorauszusehen. Nur dann müssen die Regierungen erklären, wieso es ihnen nicht gelungen ist, das Finanzkasino zu schließen, als die Gelegenheit dazu bestand, sondern sich damit begnügten, ein paar windelweiche Auflagen zu erteilen.

Die Finanztransaktionssteuer wurde von allen gefordert, auch von Merkel, Steinbrück und Schäuble. Betont haben sie aber immer, dass diese nur international durchgesetzt werden könne. Ein durchschaubares Manöver, welches nun wieder mit Blick auf die vorübergehende Aussetzung der Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken angewendet wird. Auch die Abschaltung von AKWs sowie der Übergang in das Zeitalter der erneuerbaren Energien könne nur gemeinschaftlich geschehen, nationale Alleingänge brächten hingegen nichts.

Nach Brüderles Fauxpas fühlt sich in Baden-Württemberg Stefan Mappus in der Atom-Frage sogar schon wieder so sicher, die Wiederinbetriebnahme derzeit abgeschalteter Meiler unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit zu diskutieren.

Baden-Württembergs Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) gibt dem Atomreaktor Philippsburg 1 Chancen, nach der dreimonatigen Auszeit wieder ans Netz zu gehen. „Ich schätze Philippsburg 1 rentabler ein als Neckarwestheim 1“, sagte der Politiker der Financial Times Deutschland. Beurteilen müsse dies jedoch am Ende der Betreiber EnBW.

Quelle: FTD

Und Chef des Betreibers ist er neuerdings selber. Da hat dann wohl nicht der besorgte Ministerpräsident gesprochen, der sich um die Sicherheit der schwäbischen Hausfrau sorgt, sondern der Unternehmer, dessen Interesse der Rentabilität seines Investments gewidmet ist. Persönlichkeitsspaltungen in der Union. Spätestens seit zu Guttenberg ist das augenscheinlich in Mode gekommen.

Man kann nur hoffen, dass es bei soviel innerer Spaltung nicht zur plötzlichen und unkontrollierten Schnellabschaltung kommt, wie im Atomkraftwerk Isar 1.

Eon hatte Isar1 nach eigenen Angaben am Donnerstag gegen 16 Uhr vom Netz genommen. Fünf Stunden später sank der Kühlwasserstand im Reaktordruckbehälter so rapide ab, dass sich die automatische Schnellabschaltung auslöste. „Beim Herabfahren eines Reaktors kommt es immer zu Schwankungen des Kühlwasserstandes“, erklärte die Eon-Sprecherin zu dem Vorfall. „Aber das Sicherheitssystem hat wie erwartet reagiert.“ Anschließend sei das Kühlwasser wieder auf Normalmaß angehoben worden.

Quelle: Süddeutsche

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Protokollfehler

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Mal wieder ein Verständnisproblem. Was der Protokollant verstanden und was eigentlich gemeint war, soll angeblich nicht übereinstimmen. Der BDI springt dem Bundeswirtschaftsminister bei und behauptet, dass Herr Brüderle in einer Sitzung mit den großen Energiebossen falsch zitiert worden sei. Ein Übersetzungsfehler sozusagen. Das könnte man noch nachvollziehen, aber was er nun genau gesagt hat, ist scheinbar nicht mehr feststellbar. Viel spannender ist doch die Frage, was der Bundeswirtschaftsminister Brüderle bei den Spitzen der Industrie überhaupt zu besprechen hatte. Oder wurde er besprochen?

Es soll sich ja um eine Sitzung des BDI-Vorstands bzw. Präsidiums gehandelt haben, an der auch die Vorstandschefs der Energiekonzerne RWE und Eon, Jürgen Großmann und Johannes Teyssen teilnahmen. Letzterer ist nach Bekanntgabe des Moratorium-Beschlusses durch die Bemerkung aufgefallen, nach drei Monaten begänne das Spiel mit der Bundesregierung und um die Atomkraftwerke neu. Es liegt also nahe, zwischen dieser Äußerung Teyssens und der angeblich nie abgegebenen Versicherung Brüderles, nur wegen der Landtagswahlen irrational, um nicht zu sagen berechnend, entschieden zu haben, einen Zusammenhang herzustellen.

Die Mitglieder der Bundesregierung sind schon famos. Der eine klaut jedes Zitat, das er kriegen kann und deklariert es als eigene Leistung und der andere lässt sich partout nicht zitieren. Er sagt auch nicht, wie er sich denn gern verstanden wissen möchte. Auf wikipedia findet man auch nur einen überlieferten Satz Rainer Brüderles, zu dem er wahrscheinlich auch heute noch kompromisslos steht.

„Wer nichts trinkt, ist verdächtig.“

Und über all dem schwebt die Kanzlerin der mit sprachmissbräuchlicher Klarheit ausgedrückten sachlichen Unverbindlichkeit. Mit der christlich-liberalen Koalition werde es keine Vergemeinschaftung der Schulden innerhalb der Eurozone geben, so die Chefin heute im Bundestag. Wohlwissend, dass die Exportfixierung Deutschlands und damit die weiter steigenden Bilanzüberschüsse ja schlussendlich zu neuen und höheren Defiziten im Rest der Eurozone führen müssen. Insofern hat Merkel recht, wenn sie garantiert, dass keine Vergemeinschaftung der Schulden stattfinden werde, weil Deutschland nach gegenwärtigem Stand am Ende allein auf sämtlichen Schulden sitzen bleiben und der Rest Europas damit beschäftigt sein wird, die Forderungen deutscher Banken zu bedienen.

Auch sie könnte im Nachhinein einen Protokollfehler geltend machen, wenn alle anhand der Zunahme deutscher Verpflichtungen bei der Rettung ganzer Staaten behaupten, die Merkel habe das Wahlvolk mit Ansage belogen und betrogen.

Was hat Brüderle denn schon gesagt? Er hat nur das etwas verständlicher wiedergegeben, was Merkel und Westerwelle bei Verkündigung des Moratoriums verklausuliert auch schon gesagt hatten. Das Moratorium sei eine befristete Aussetzung der Laufzeitverlängerung für drei Monate. D.h., dass die Kraftwerke, die vorübergehend vom Netz gegangen sind, zum größten Teil auch wieder laufen werden, weil nach Auffassung der Bundesregierung ohnehin keine Sicherheitsbedenken bestehen.

Okay, es wurde gesagt, Japan habe die Lage verändert und nichts werde so sein wie vorher. Aber konkret kann das auch bedeuten, dass die Sicherheitsprüfer sowie die neue Regierungskommission zu einem Ergebnis gelangen, wonach deutsche Atomkraftwerke weder durch die für Europa typischen Erdbeben noch für die Nord- und Ostsee typischen Sturmfluten bedroht seien. Vielleicht lässt sich das alte SPD-Schlitzohr Dohnanyi sogar zu der Bemerkung hinreißen, dass Deutschland im Gegensatz zu Japan nicht auf einer Insel liege. Im Falle eines regionalen GAUs wäre somit die Evakuierung ganzer Landstriche dank EU-Osterweiterung und Dank des Sieges des Kapitalismus über den Kommunismus problemlos möglich.

Die Protokolle dieses Gremiums zur Auslagerung parlamentarischer Entscheidungen möchte man gar nicht erst präsentiert bekommen. Hätten wir hingegen noch eine funktionierende Volksvertretung, müssten die Parlamentarier nach Artikel 67 GG der gewählten Bundeskanzlerin das Misstrauen aussprechen und dafür Sorge tragen, dass ein Nachfolger gewählt wird, der oder die die Rechte des Parlaments wieder ernst nimmt. Herr Lammert täte also gut daran, seine berechtigte Sargnagel-Rhetorik der letzten Tage in ein konstruktives Misstrauensvotum zu verwandeln und die Mitglieder seines Hauses zu ermuntern, der beinahe diktatorischen Willkür der Regierung einen Riegel vorzuschieben. In Portugal hat das gerade wieder funktioniert.

Das wäre wenigstens eine demokratische Antwort auf den Irrsinn der Exekutive in diesem Land. Leider verstehen sich viele Parlamentarier nicht mehr als Teil einer mit Bedacht gewählten Gewaltenteilung, sondern entweder als Mitglieder der Regierung oder der Opposition. Mit diesem Rollenverständnis sind sie aber nicht mehr als Abnicker und Statisten, die im fingierten Schlagabtausch der Öffentlichkeit ein wenig Demokratie vorspielen.

Am Ende ist es egal, was in einem Protokoll steht, denn wer schon die Verfassung nicht ernst nimmt, braucht sich über angebliche Protokollfehler nicht beklagen.

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Zu Neues aus der Anstalt – Folge 42

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Zunächst einmal muss man sagen, dass es das ZDF wieder nicht hinbekommen hat, die Anstalt pünktlich starten zu lassen. Etwa zehn Minuten Verspätung. Okay, bei der Bahn ist es schlimmer. Aber dennoch, ich habe nicht ganz erkennen können, woran das wieder lag. Lag es an dem dämlichen Wettrennen zum Südpol mit Markus Lanz oder doch am heute-journal? Kam Claus Kleber mit seinem virtuellen High-Tech Studio einmal mehr nicht zurecht? Pünktlich um viertel vor zehn ging die Nachrichtenschau auf Sendung, 36 Minuten später endete sie. Danach noch das Wetter und zahlreiche Programmtipps, Lanz war wieder dabei.

Von meiner Anstalts-Aufnahme fehlt somit der Schluss. Dafür habe ich Gundula Gauses Rubrik Börse und Sport ungewollt mitgeschnitten, aus der ich erfahre, dass die internationalen Finanzmärkte wegen der Lage in Japan und der anhaltenden Kämpfe in Libyen leicht ins Minus gedreht hätten. Die Anleger seien skeptisch und Franz Zink, der Börsenspezi des ZDF, sollte erklären, warum die Unternehmen zum einen riesige Gewinne meldeten, aber gleichzeitig vor schlechten Geschäften warnen würden. Erklärt hat der Mann gar nichts, sondern nur darauf hingewiesen, dass die einen „Experten“ Risiken sähen und die anderen halt nicht. Die Krönung war ein Einpieler mit dem Metro-Chef Cordes, der, nachdem es nur positive Meldungen und Aussichten für seinen Konzern gab, seine nun jüngst geäußerte Warnung vor schlechten Geschäften damit begründete, dass unvorhergesehene Ereignisse negative Auswirkungen haben könnten. Wissen, tue er das freilich noch nicht. Häh?

Bei diesem Bericht aus Frankfurt, den sich die Redaktion wegen Informationsleere komplett hätte sparen können, hat man dann verstanden, warum Urban Priol ein paar Minuten später davon sprach, dass die Erde der Fiat unter den Planeten sein müsse.

Es geschehen einfach so viele verrückte Dinge auf einmal, dass man gar nicht mehr beim Verarbeiten des Wahnsinns hinterherkomme. Darunter litt meiner Meinung nach auch die Sendung. Im Augenblick ist es ja so, dass man buchstäblich auswählen könnte zwischen den Themen. Doch wenn man sich auf eines festlegt, würde man merken, dass es schon gar nicht mehr aktuell ist. So bleibt im Prinzip nur die Diagnose einer kollektiven Schizophrenie. Darauf versuchte sich die Anstaltsleitung einzurichten, in dem sie das Foyer zum provisorischen Krankenmehrbettzimmer umfunktionierte, weil damit gerechnet werde, dass spätestens nach der Landtagswahl in Baden-Württemberg am kommenden Sonntag eine Masseneinlieferung ins Haus stehe.

Für den noch Ministerpräsidenten habe Priol gleich zwei Liegen reserviert, um die gespaltene Persönlichkeit optimal versorgen zu können. Das ist okay, aber unterm Strich ein wenig dürftig. Georg Schramm hat es vor etwas mehr als einer Woche in Stuttgart besser gemacht als er über Mappus sagte, dass er wie eine aus dem Jahrhundert gefallene Figur wirke, die, ob sie nun die Wahl gewinnt oder nicht, eigentlich schon längst tot sei und man nur vergessen habe, sie auch zu begraben. Eine Therapie wäre also so gesehen der falsche Ansatz. Man müsse vielmehr die Frage stellen, wie es dazu kommen konnte, dass sich einer wie Mappus, der sich als Konservativer versteht, gerade diese Gruppe zum Feind mache.

Weil er kein Konservativer ist. Das habe er mit dem anderen Vorzeigekonservativen zu Guttenberg gemeinsam, meint Schramm vor den Stuttgart 21 Gegnern. Einer, der das Parlament belügt und einer, der es hintergeht, das habe nichts mit konservativ zu tun, das sei vielmehr ein Witz.

Immerhin gelang es Priol anhand der gestrigen Meldung, wonach sich zu Guttenberg auf Facebook bei seinen Unterstützern bedankt haben soll, treffsicher anzumerken, dass überall auf der Welt das Internet und vor allem Facebook dazu genutzt werde, sich gegen die herrschenden Tyrannen zu organisieren. Nur bei uns diene die Plattform dazu, dass obrigkeitshörige, adelsbesoffene Untertanenwürstchen glauben, die vermeintliche Ehre eines arroganten, aufgeblasenen, blasierten, schmierig, klebrigen Hochstaplers verteidigen zu müssen.

Aber die Lichtgestalt ist längst unter dem dichten Rauch von Fukushima I, dem Moratorium der Bundesregierung und der Bomben auf Libyen verschwunden. Für Priol und Pelzig hat die Haltung der Bundesregierung zu diesen Ereignissen, vor allem etwas mit den bevorstehenden Landtagswahlen zu tun. Das Ländle bestimme über die Weltpolitik. Merkel wollte es wie Schröder machen und sich mit einem mehr oder weniger klaren Jein zum Krieg gegen Gaddafi Wählerstimmen sichern. Pelzig meinte dazu nur:

Schade, dass der Weltuntergang nicht auch Ländersache ist, denn dann würde er garantiert nicht stattfinden.

Der Föderalismus und die Wahlen verstellen natürlich immer wieder den Blick auf wirklich wichtige Zusammenhänge. Schmickler forderte, dass die Vorstände der WestLB, die sich unter anderem mit Papieren des japanischen Energieunternehmens und Kernkraftwerkbetreibers Tepco verzockten, nach Fukushima geschickt werden sollten, um dort zur Kühlunterstützung an Block 3 zu pinkeln.  Pelzig erinnerte z.B. daran, dass die TÜV Süd AG, die die Atomkraftwerke kontrolliert, mehrheitlich den Energieversorgern selbst gehört. Pelzig erklärt den Erfolg des Atomlobbyismus, auf den die im Augenblick jammernde Branche doch aufbauen könne.

Und Frau Merkel scheint Borderliner für einen Kajalstift zu halten, meint Priol am Ende bissig.

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Wie immer finden sie die komplette Sendung, ohne lästige Berichte des heute-journals, in der ZDF-Mediathek.

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Merkels Ablenkungsmanöver

Geschrieben von:

Aus dem Pressestatement der Bundeskanzlerin beim Libyen-Gipfel in Paris entnehme ich folgende Passage:

Dennoch ist vollkommen klar: Diese Resolution gilt, und deshalb wollen wir auch, dass sie erfolgreich durchgesetzt wird. Das hat etwas zu tun mit dem Erfolg der internationalen Staatengemeinschaft. Wir sind auch der Meinung, dass es jetzt umgehend gelingen muss, damit die Menschen in Libyen auch sehen, dass hier gehandelt wird. Denn es ist erkennbar, dass Gaddafi (versucht), die internationale Staatengemeinschaft durch Ablenkungsmanöver abzuhalten – und das wird ihm nicht gelingen.

Es wird gegebenenfalls die Nato involviert sein in die Durchführung von militärischen Aktionen, an denen sich Deutschland ja nicht beteiligt. Aber wir sind bereit, die Nato insbesondere bei den AWACS-Fähigkeiten zu entlasten, indem wir zusätzliche Verantwortung in Afghanistan übernehmen. Dies habe ich hier heute auch deutlich gemacht. Und außerdem werden wir natürlich bereit sein, dass die amerikanischen Stützpunkte in Deutschland auch für militärische Aktionen genutzt werden können.

Die Frage ist jetzt, welches Ablenkungsmanöver Frau Merkel hier fährt. Wie kann man in Deutschland öffentlich den Eindruck erwecken, an einer militärischen Intervention deshalb nicht teilnehmen zu wollen, weil dies bedeuten würde, dass Unschuldige zu Tode kämen und an anderer Stelle relativ unbemerkt verkünden, dass man die militärischen Operationen trotz offizieller Nichtzustimmung doch für richtig und wichtig hält?

Haben Merkel und Westerwelle wirklich geglaubt, mit dieser absurden Strategie, Wählerstimmen im eigenen Land gewinnen zu können? Wird nun auch die Außenpolitik für Wahlkampfzwecke geopfert, nachdem man schon bei der Verlängerung der Laufzeiten für Atomkraftwerke eine Scheinwende vollzogen und versucht hat, das als konsequenteren Ausstieg im Vergleich zu Rot-Grün zu verkaufen?

In Sachsen-Anhalt ist dieses Vorgehen bereits vollkommen in die Hose gegangen. Zumindest für die FDP. Aber auch für die Union. Sie hat die meisten Verluste aller relevanten Parteien zu verzeichnen.

Es herrscht wohl Panik und Ratlosigkeit in den Reihen von Schwarz-Gelb.

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Problemfall Libyen

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Wie ordnet man die militärische Intervention der internationalen Gemeinschaft in Libyen nun ein? Wie steht man zur Haltung der Bundesregierung, sich an den Angriffen nicht zu beteiligen, obwohl man dadurch ein drohendes und von Gaddafi angekündigtes Massaker unter der Zivilbevölkerung verhindern helfen könnte?

Im Augenblick scheinen sich auch viele Blogger und Linke, einer sonderbaren Wirklichkeit ausgesetzt zu sehen. Soll man einen Krieg gegen einen Irren befürworten, obwohl man Kriege ablehnt? Soll man eine Regierung und vor allem einen Außenminister unterstützen, die man lieber heute als morgen entsorgt sähe?

Schwierig. Man sollte es ganz nüchtern betrachten. Als ich hörte, dass die Franzosen darüber nachdachten, ihre Mirage-Kampfflugzeuge nicht einsetzen zu wollen, weil Gaddafi dieselben Maschinen verwendet und daher Verwechslungen befürchtet wurden, erinnerte ich mich an die vormals guten Beziehungen zwischen dem Despoten und seinen europäischen Partnern.

Der westlichen Werte- und Schicksalsgemeinschaft geht es doch keineswegs um die Beseitigung Gaddafis oder um den Schutz seiner Gegner sowie der leidenden Zivilbevölkerung. Wenn ich von den Amerikanern schon wieder höre, dass ihre Bomben präzise ins Ziel gelenkt würden, schüttelt es mich gewaltig.

Statt Freiheit, Demokratie und Befriedung als Motive, vermuten wir lieber mal handfeste Interessen hinter dem Engagement der Angreifer. Möglicherweise einen freien Zugang zu den Bodenschätzen Libyens.

Wenn das gegenseitige Töten damit zunächst ein Ende haben sollte, wäre dies jedoch nur ein erfreulicher Nebeneffekt der nach wie vor rücksichtslos imperialistischen Politik des Westens in der Region, die demokratische Kräfte nur dann zum Zuge kommen lässt, wenn sie eigenen Ambitionen nicht im Wege stehen.

Quelle: Hintergrund

Desinformation gehört natürlich auch zum Geschäft. Warum sollte Libyen eine Ausnahme sein?

Die Bundesregierung hält sich aber zurück, obwohl Frau Merkel vor einem anderen Krieg und in der Funktion einer Oppositionsführerin einmal meinte, dass die Drohung mit militärischen Konsequenzen als letztem Mittel, sowie das militärische Eingreifen selbst einem „Nein“ unbedingt vorzuziehen sei. Dafür flog sie extra nach Amerika, um dem damaligen Präsidenten, dessen Namen ich hier lieber nicht nennen möchte, in den Allerwertesten zu kriechen.

In Regierungsverantwortung haben Merkel und ihr Vize-Kanz-Nicht Westerwelle nun einmal mehr durch Unklarheit geglänzt. Fürchten beide die Wähler so sehr? Oder fürchten sie die eigenen Waffen, die man in großen Mengen an den guten Kunden Gaddafi verkaufte?

Im Bundestag begründete Westerwelle die deutsche Ablehnung damit, dass jeder Truppeneinsatz auch zivile Opfer fordere. Deshalb will man wohl auch die deutsche Präsenz in Afghanistan erhöhen, um die Amerikaner mit Blick auf Libyen zu entlasten. Die Logik müssen sie jetzt nicht verstehen. Aber wer hat den Westerwelle schon verstanden, als er sich in Kairo als Befreier der arabischen Welt feiern ließ, obwohl seine Kanzlerin den Ägyptern kurz vor dem Sturz Mubaraks noch empfahl, alles etwas ruhiger angehen zu lassen und vielleicht einen Sauna-Besuch einzuplanen?

Fest steht jedenfalls, nach der Wahl Deutschlands in den UN-Sicherheitsrat hat sich die Bundesregierung gleich blamiert. Westerwelle hätte den Einsatz deutscher Truppen auch bei einer Zustimmung zur Resolution ablehnen können, ohne dass ihm einer der Partner einen Vorwurf daraus gemacht hätte. Sarkozy ist sowieso daran interessiert, die Kampfkraft der Grande Nation unter Beweis zu stellen.

Seltsam bleibt die Entwicklung allemal. Zunächst passierte lange Zeit gar nichts, obwohl sich die Militärmacht Amerika mit Kriegsschiffen vor der Küste Libyens in Stellung brachte. Und nun haben die Kampfhandlungen rasch begonnen. Das riecht ein wenig nach einem erfolgreichen Deal zwischen dem Westen und den Despoten der Arabischen Liga, die ebenfalls mit inneren Unruhen zu tun haben, wie der Hintergrund schreibt.

Mit der Unterstützung demokratischer Kräfte hat die Durchsetzung der „Flugverbotszone“, sprich: der seit Wochen im Eiltempo vorbereitete Militäreinsatz gegen die libysche Regierung jedenfalls denkbar wenig zu tun. Denn wie sonst wäre der Umstand zu erklären, dass der Westen seine regionalen arabischen Hilfstruppen ausgerechnet in den despotischen Staaten des Golfkooperationsrats (GCC) sucht. Dessen Truppen sind seit ein paar Tagen darum bemüht, mit Duldung der USA den demokratischen Volksaufstand in Bahrain mit vereinten Kräften niederzuschlagen.

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Die Woche: Atomkraftwerke und Kaffeemaschinen

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Die letzte Woche stand ganz im Zeichen eines atomaren Super-GAUs in Fukushima, Japan. Hie und da wird daran noch gezweifelt, weil anscheinend noch keine Kernschmelze stattgefunden hat oder aber die Betreiberfirma Tepco nicht aufgibt, die überhitzten Reaktoren doch noch irgendwie zu kühlen und unter Kontrolle zu bringen. Koste es, was es wolle. Hubschrauber, Wasserwerfer und natürlich die Gesundheit der Mitarbeiter. Egon W. Kreutzer hatte ob der Berichterstattung über die Rettungsversuche auf seiner Internetseite geschrieben:

Die verwirrenden und widersprüchlichen Meldungen über Fukushima zu verfolgen, war längst zur Qual geworden. Der größte Irrsinn aber war die Meldung, die seit gestern durch die Welt geisterte:

Es ist Dampf aufgestiegen, als wir Wasser auf das Abklingbecken schütteten, also war Wasser drin.

Es folgt eine Geschichte zum Verständnis des physikalischen Vorgangs des Wasserns von heißen metallischen Oberflächen, den eigentlich jeder aus seinem Alltag kennen dürfte. Mir ist das am Wochenende auch wieder begegnet. Ich habe mir nämlich eine neue Kaffeemaschine zugelegt. Ein einfaches Filtertüten-Modell. Und in der Bedienungsanleitung steht folgender wichtiger Satz:

Wichtig: Beim Einfüllen von Frischwasser kurz nach dem Brühvorgang kann heißer Dampf aus dem Wasserauslauf austreten (Verbrühungsgefahr).

Atomkraftwerke und Kaffeemaschinen sind sich also gar nicht so unähnlich in ihrem Verhalten, was den Einsatz von Frischwasser nach der Betriebsabschaltung angeht. Der Unterschied besteht nur darin, dass mein heimischer Siedewasserreaktor ein gut duftendes Heißgetränk zubereitet und relativ rasch abkühlt, wohingegen die Atomreaktoren neben Strom, todbringende Strahlen produzieren, die man zwar messen, aber keinesfalls riechen, schmecken, hören, sehen oder fühlen kann. Der Atomreaktor kühlt auch nicht nach Abschaltung sofort ab, sondern kann bei unzureichendem Wärmemanagement, wie man gesehen hat, so heiß werden, dass Explosionen, Brände oder gar ein Austritt des Kernmaterials drohen bzw. auch geschehen.

Den Kaffeefilter schmeiß‘ ich einfach weg, verbrauchte Brennstäbe müssen kontrolliert abklingen und später irgendwo in Fässern für Millionen von Jahren sicher aufbewahrt werden. Merkwürdigerweise spricht in der Woche der per Dekret spontan angeordneten Kraftwerksstilllegungen, wegen dringend vorzunehmender Sicherheitsüberprüfungen, kaum jemand über die Endlagerung. So als ob die radioaktive Lauge in der niedersächsischen Asse kein ernsthaftes Sicherheitsrisiko darstellen würde.

Für Frau Merkel, die nicht nur Bundeskanzlerin, sondern auch Physikerin ist, mit einschlägigen Kenntnissen auf dem Gebiet der Strahlenforschung, stehe die Sicherheit an aller erster Stelle. Der Vorfall in Japan habe nun eine neue Lage geschaffen, die bisher freilich nicht zu existieren schien, sonst hätte es ja keine Laufzeitverlängerung gegeben. Wissenschaftliche Reputation zählt, wie wir neuerdings wissen, aber nicht zu jenen Qualifikationen, die ein Mitglied der Exekutive mitbringen muss. Da wird sauber getrennt, gelegentlich auch im Nachhinein. Bei Frau Merkel ist das nicht anders. Sie verfährt strikt nach dem Motto, mir nach, ich folge euch (Zitat: Volker Pispers).

So kann man dann vielleicht auch den subversiven Gedankengang erklären, den die Regierungschefin zur Verteidigung ihrer atomaren Wende im Bundestag anführte.

„Wir tun mehr, als ein Moratorium bedeuten würde; denn ein Moratorium der Verlängerung der Laufzeiten führte uns zurück auf die Rechtsgrundlage der rot-grünen Regierung. Die wiederum würde jetzt nur zur Folge haben, dass Neckarwestheim 1 abgeschaltet werden müsste. Alle anderen Kernkraftwerke würden heute, zum jetzigen Zeitpunkt, weiterlaufen.“

Quelle: Plenarprotokoll vom 17.03.2011

Mit anderen Worten, sie, Frau Merkel, wolle eigentlich viel mehr Ausstieg, als die rot-grüne Bundesregierung es je vorhatte. Wow. Da hilft auch kein starker Kaffee mehr.

Bei Kreutzer heißt es übrigens noch weiter:

Ach ja, und dann ist da noch das Stromkabel. Daran sollen, so heißt es, in den Reaktorgebäuden die Kühlpumpen angeschlossen werden.

Es gibt aber keine Reaktorgebäude mehr, sondern nur noch Trümmerhaufen.

Ganz genau. Aber das Offensichtliche scheint der GaGa-Öffentlichkeit schon gar nicht mehr aufzufallen…

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