Gesundheit ist kein Geschäft

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Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen, lautet ein bekannter Spruch. Doch die Halbgötter in weiß machen munter mit, bei dem, was dem Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr politisch lobbyistisch so vorschwebt. Er will die private Krankenversicherung, obwohl bereits klinisch tot, unbedingt erhalten. Womit, das sagt er nicht. Aber es ist klar, dass der ehemalige Beirat der ERGO Versicherungsgruppe AG und des DUK Versorgungswerk e. V. das private Versicherungsmodell attraktiver gestalten muss, um es wiederbeleben zu können. Und das geht nur mit Besserverdienenden, denen es am Ende wurscht ist, wohin ihre Beiträge gehen, solange die Leistung stimmt.

Der Allgemeinheit und insbesondere der gesetzlichen Krankenversicherung, die keinen Profit erwirtschaften muss, können die Beiträge der Besserverdiener allerdings nicht egal sein. Damit eine Sozialversicherung funktioniert, müssen auch alle Einkommen und Vermögen zur Finanzierung herangezogen werden. Das Modell der Bürgerversicherung lehnt Bahr wie auch der Verband der Kittelträger aber kategorisch ab. Sie warnen gar vor dem Tod der heiligen Kuh Wettbewerb und gleichzeitig vor einer Zweiklassenmedizin. Diesen Widerspruch muss man erst einmal verkaufen können. Laut Bahr und den Ärzten gäbe es die private Krankenversicherung, obwohl bereits jetzt schon klinisch tot (s.o.), selbst dann noch, wenn die Bürgerversicherung den Wettbewerb erst richtig zerstört hat.  

Wie sagte Urban Priol in Neues aus der Anstalt: “Ich bin für jeden Autisten dankbar, der nicht in der FDP Karriere macht.”

Wir brauchen keinen Wettbewerb, sondern eine solidarische Absicherung gesundheitlicher Risiken! Die Gesundheit oder Krankheit von Menschen darf nicht Grundlage von Geschäften sein.

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Ärzte als Unternehmer

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In der Diskussion um die Förderung von Verkaufsseminaren für Ärzte, die ihren Patienten individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL) schmackhaft machen wollen, scheint die Nutzlosigkeit solcher Angebote klar geworden zu sein. Allerdings führt die Einsicht nicht etwa zu einem Verbot dieser Untersuchungspraktiken. Vielmehr hat das verantwortliche Ministerium die bisher – aus welchen Gründen auch immer – bestehende Förderkulisse bloß einkassiert.  

Eine aktiv betriebene Vermarktung von individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL) sei mit den ethischen Grundsätzen des Berufsrechts der Ärzte nicht vereinbar, hieß es zur Begründung. “Holen sich Ärzte zur Entwicklung entsprechender Verkaufsstrategien externe Hilfe, ist dies vor allem unter gesundheitspolitischen und ethischen Gesichtspunkten nicht unterstützungswürdig”, teilte das Ministerium mit.

Quelle: Tagesschau

Ärzte, die eine Verkaufsstrategie verfolgen, haben aufgrund von gesundheitspolitischen und ethischen Gesichtspunkten keinen Anspruch auf entsprechende öffentliche Unterstützung. Offenbar erlauben es aber die gleichen gesundheitspolitischen und ethischen Gesichtspunkte, die Vermarktung von individuellen Gesundheitsleistungen trotzdem fortzuführen. Schließlich ändert die Einsicht des Rösler-Ministeriums zu den Förderrichtlinien nichts an der praktisch für richtig gehaltenen Markt-Ideologie. Andernfalls hätte die Bundesregierung ja nicht nur die Finanzierung von Verkaufsseminaren unterbunden, sondern auch die Vermarktung durch die Ärzte insgesamt.

Ärzte sollen aber unternehmerisch denken und wie alle anderen Akteure im Gesundheitswesen auch, einen “gesunden” Wettbewerb austragen. Gesundheit als Ware, dieses Leitbild bleibt im Ergebnis ungebrochen. Dabei lohnt ein Blick in das entsprechende Sozialgesetzbuch, um zu verstehen, in welchem Umfang medizinische Leistungen angeboten werden sollten.

§ 12 Wirtschaftlichkeitsgebot

(1) Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.

Dass die Leistungserbringer, vulgo Ärzte, dennoch unnötige Leistungen verkaufen können, funktioniert nur, weil diese explizit außerhalb des § 12 SGB V abgewickelt werden. Gleichzeitig wird durch sie jedoch der Eindruck erweckt, bei der angebotenen Dienstleistung handele es sich um eine notwendige (“sinnvolle”) Untersuchung. Das führt wiederum zu einer Verunsicherung bei Patienten, die plötzlich als Verbraucher entscheiden sollen. Doch sollte dieser Bereich überhaupt als Geschäft betrieben werden?

Der heutige Bundeswirtschaftsminister Rösler begann seine Berliner Karriere als Gesundheitsminister und trat mit dem Ziel an, im Gesundheitssystem mehr Wettbewerb und Eigenverantwortung durchsetzen zu wollen. Seine Vorstellung von Solidarität lautete, die starken Gesunden helfen den schwächeren Kranken. Und so ist es auch gekommen, die starken Gesunden helfen den schwächeren Kranken, bei der Erleichterung ihrer Portemonnaies. Denn Wettbewerb heißt, der eine setzt sich durch und der andere nicht. Der eine erzielt einen Überschuss und der andere nicht.

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Reinhold Robbe und sein letzter Bericht

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Da ich gerade Egon W. Kreutzers lesenswerten Paukenschlag über die Kopfpauschale lese und erfahren habe, dass Dr. med. Philipp Rösler seine medizinische Ausbildung auf Staatskosten und ohne lästige Studiengebühren bei der Bundeswehr absolvierte, habe ich mir gedacht, schau doch noch einmal in den letzten Bericht des Wehrbeauftragten Robbe. Der hat sich ja laut darüber beklagt, dass es in der Truppe an vielem fehlt. Unter anderem auch an qualifizierten Ärzten. Rösler ist ja ausgebildeter Chirurg mit abgebrochener Augenarztausbildung. In dem Bericht heißt es nun.

Um in den Auslandseinsätzen und bei humanitären Hilfsmaßnahmen die von der Sanitätsführung geforderte medizinische Betreuung ?wie im Inland? zu gewährleisten, muss der Sanitätsdienst Ärzte verschiedener Fachrichtungen sowie medizinisches Assistenz- und Hilfspersonal bereithalten, ausbilden und abstellen. Gebraucht werden insbesondere Rettungsmediziner sowie Chirurgen und Anästhesisten. Gerade in diesen Bereichen ist der Besetzungsgrad aber nicht zufriedenstellend. So waren bei den Anästhesisten im Jahre 2009 von 161 Dienstposten nur 113 besetzt, bei den Chirurgen 100 von 136 Dienstposten. Darüber hinaus ist etwa ein Drittel der Fachärzte mit entsprechenden Qualifikationen nicht für den Auslandseinsatz verwendungsfähig. Für die verbliebenen Ärztinnen und Ärzte ist die Einsatzbelastung dadurch besonders hoch.

Personalengpässe gibt es auch im Bereich der Augenheilkunde und bei den Zahnärzten. Die entsprechenden Dienstposten können im Einsatz häufig nur eingeschränkt besetzt werden.

Quelle: Jahresbericht des Wehrbeauftragten 2009

Tja. Warum holt die Bundeswehr dann nicht den Fahnenflüchtigen Rösler zurück und befreit uns von einem Politiker, „der freiwillig oder unfreiwillig, wissentlich oder gutgläubig, als Kopfgeldjäger im Dienste der PKV“ unterwegs ist, wie Egon W. Kreutzer sehr treffend schreibt? Weiter heißt es im Paukenschlag:

Schließlich war die Ausbildung des Herrn Rösler zum Mediziner für unseren Staat eine teure Investition, in deren Folge wir uns eine mindestens dreißigjährige ärztliche Tätigkeit versprochen hätten.

Aber jeder kann sich irren, jeder soll seine zweite Chance haben, und so soll Herrn Dr. med. Rösler auch nicht vorgeworfen werden, dass er nach langer und teurer Ausbildung erkannte, dass er diesen Beruf nicht ausüben kann, weil er seine Berufung für die Politik entdeckt hatte.

Vorhalten kann man ihm jedoch, dass er meint, Studium, Promotion und eine abgebrochene Ausbildung zum Facharzt für Augenheilkunde bei der Bundeswehr hätten ihm ausreichende Erfahrungen im Gesundheitswesen beschert, um als „Arzt“ in der gesundheitspolitischen Debatte kompetent mitreden zu können.

Herr Rösler hat nie erlebt, mit welchen Problemen und Schwierigkeiten niedergelassene Ärzte zu kämpfen haben, Herr Rösler weiß nicht, wie es an öffentlichen Krankenhäusern und privaten Kliniken zugeht, er kennt aus eigener beruflicher Anschauung nur die Bundeswehrumgebung, wo man als Arzt zwar zugleich wehrhafter Uniformträger, Vorgesetzter und Untergegebener ist, aber im Vergleich zu denjenigen Ärzten, die in der freien Wildbahn des deutschen Gesundheitswesens hier um den Profit, da um das blanke Überleben kämpfen, doch eher wie im Kuscheltiergehege lebt.

Die liberalen Hochleistungsträger sollten sich freiwillig zum Dienst in Afghanistan melden. Rösler als Arzt im Feldlazarett und Westerwelle in der Zweigstelle der Arbeitsagentur in Kunduz, um wechselwillige Taliban zu betreuen.

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Hart aber Fair vom 16.09.2009 – Thema: Geschmierte Ärzte, Patienten zweiter Klasse – wie krank ist das Gesundheitssystem?

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Die gestrige Hart aber Fair Sendung im Ersten würde ich ausnahmsweise mal empfehlen. In der Sendung können sie einen sehr schönen Einblick bekommen, wie unser Gesundheitssystem zwischen politischen Entscheidungen, die von der Ideologie des Wettbewerbs getragen sind und der medizinischen Praxis zerrieben werden. Da beklagen sich die Ärzte über die Politik, die ihnen das privatwirtschaftliche Wettbewerbsmodell aufgenötigt habe und die Politiker schimpfen mit erhobenem moralischen Zeigefinger auf jene Ärzte, die eine Gewinnmaximierungspraxis auf Kosten der Gesundheitsvorsorge betreiben, die vom Gesetzgeber so nicht gewollt wurde.

Und dazwischen saß Daniel Bahr, gesundheitspolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, der sich als cleverer Hütchenspieler präsentierte. Natürlich wurden seine Mitgliedschaften im Beirat der ERGO Versicherungsgruppe und des privaten Versorungsunternehmen DUK.e.V. nicht erwähnt, jedoch erfreulicherweise der Aufsichtsratposten von Karl Lauterbach bei der privaten und börsennotierten Krankenhauskette Rhön-Klinikum AG. Frank-Ulrich Montgomery brachte diese Tatsache an, verzichtete aber gleichzeitig darauf, Daniel Bahrs Verflechtungen mit der Finanz- und Versicherungswirtschaft offenzulegen. Stattdessen warb Montgomery für Schwarz-Gelb, da dann eine bessere Gesundheitspolitik Einzug hielte. Übrigens hat Daniel Bahr vor kurzem noch die Abschaffung der gesetzlichen Krankenversicherung gefordert und vorgeschlagen, dass sich jeder Bürger zwangsweise bei einem privaten Anbieter versichern solle.

Sei’s drumm. Der eigentliche Glücksgriff der Sendung und damit für den Zuschauer war Dr. Werner Bartens von der Süddeutschen Zeitung, der mit einigen Vorurteilen aufräumen konnte und sehr schön beschrieb, welche Probleme die Ökonomisierung der Medizin mit sich bringt. Besonders toll fand ich die Antwort auf Daniel Bahrs leistungsgerechtes Entlohnungssystem. Bartens zog dem FDP-Trickser somit die Hosen runter, indem er danach fragte, wie man denn die Leistung eines Arztes überhaupt messen soll.

Die Sendung gibt es unter folgendem Link zum Nachschauen.

http://www.wdr.de/themen/global/webmedia/webtv/getwebtv.phtml?p=4&b=237

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