Zum neuerlichen Fall der Einzelhandelsumsätze

Geschrieben von: am 29. Apr 2011 um 16:43

Die deutschen Einzelhandelsunternehmen setzten im März 2011 nach vorläufigen Ergebnissen des Statistischen Bundesamtes (Destatis) nominal 2,0% und real 3,5% weniger um als im März 2010. Beide Monate hatten jeweils 27 Verkaufstage. Im Vergleich zum Februar 2011 ist der Umsatz im März 2011 unter Berücksichtigung von Saison- und Kalendereffekten (Verfahren Census X-12-ARIMA) nominal um 1,8% und real um 2,1% gesunken.

Quelle: destatis

Was ist nur los? Am Mittwoch ließ Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle noch vollmundig und süffig verkünden, dass der private Konsum eine entscheidende Stütze der Konjunktur bleiben werde.

„Die Reaktorkatastrophe in Japan, steigende Energie- und Rohstoffpreise und die anhaltenden Unruhen in Nordafrika und der arabischen Welt haben zwar ein paar Wolken am Konsumhimmel aufziehen lassen. Gleichwohl zeigt aber das weiterhin hohe Niveau des Konsumklimas, dass die Verbraucher die Auswirkungen dieser Ereignisse auf die deutsche Wirtschaft bislang als begrenzt beurteilen. Diese Einschätzung steht auch im Einklang mit Ergebnissen aus jüngsten Unternehmensbefragungen. Der Aufschwung in Deutschland steht auf einer soliden Grundlage. Der private Konsum wird in diesem Jahr eine entscheidende Stütze bleiben.“

Quelle: BMWi

Ich frage mich zwar noch immer, welche Auswirkungen die Reaktorkatastrophe in Japan und anhaltende Unruhen in der arabischen Welt auf den privaten Konsum in Deutschland haben sollen, aber vielleicht haben auch bei der GfK (Gesellschaft für Konsumübertreibung) und dem Brüderle ein paar Wolken oder sollte man sagen, eine trübe Suppe die Hirne vernebelt.

Demnach müsste man doch annehmen, dass der durchschnittliche deutsche Verbraucher Probleme mit der Umstellung seiner bisherigen Ess- und Trinkgewohnheiten hat. Denn natürlich war es doch bisher so, dass er mit Vorliebe japanische und arabische Importprodukte konsumierte, die nun ja wegen Fukushima einerseits und den Gadaffis andererseits nicht mehr den Weg nach Deutschland und in die Einkaufskörbe der Verbraucher finden. Denn laut statistischem Bundesamt sparen die Deutschen noch immer an Lebensmitteln, Getränken und Tabakwaren.

Der Einzelhandel mit Lebensmitteln, Getränken und Tabakwaren setzte im März 2011 nominal 2,8% und real 4,8% weniger um als im März 2010. Dabei lag der Umsatz bei den Supermärkten, SB-Warenhäusern und Verbrauchermärkten nominal um 3,0% und real um 4,9% niedriger als im Vorjahresmonat. Im Facheinzelhandel mit Lebensmitteln wurde nominal 1,5% und real 3,2% weniger als im März 2010 umgesetzt.

Die Langzeitenwicklung spricht Bände. Von einer Konjunkturlokomotive, die der private Konsum nun schon seit Jahren sein soll, fehlt weiterhin jede Spur. Trotzdem geht das Aufschwunggerede unwidersprochen weiter. Vorgestern das Konsumwumder, gestern das Jobwunder und heute einmal mehr die Ernüchterung, die kaum kritisch beachtet werden wird.

Einzelhandel bis März 2011

In vielen Meldungen ist mal wieder von unerwarteten Rückgängen die Rede. Die Überraschung ist nicht zu verstehen, zumal jedem halbwegs wachen Journalisten ein simpler Zusammenhang hätte auffallen können. Joachim Jahnke weißt in seinem Infoportal auf einen Verlust der Massenkaufkraft hin.

Der Rückgang des Einzelhandelsumsatzes folgt dem realen Einbruch der Massenkaufkraft. Im Januar 2011 lagen die Tarifverdienste nominal nur um 0,9% über dem Vorjahr, während die Inflation bei 2,0% angekommen war, also ein realer Verlust von 1,1%.

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Über den Autor:

André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.
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Kommentare

  1. realasmodis  April 29, 2011

    Der deutsche Einzelhandel verdient immer weniger … Wen wundert’s bei Hartz-IV und Dumpinglöhnen … Das Problem dabei ist die sich selbst stabilisierende Abwärtsspirale!

  2. Ormuz  April 29, 2011

    was man nicht verdient kann man auch nicht ausgeben, so einfach ist das – aber ich befürchte das trink Brüderle trink wird diesen Zusamenhang nie mehr begreifen …

    • adtstar  April 29, 2011

      Es sei denn, man lebt mittels Schulden über seine Verhältnisse. Die Amerikaner haben diese Erfahrung schon hinter sich.

      • Ormuz  April 29, 2011

        Um Schulden zu machen muß man heutzutage nicht mal über die sogenannten Verhältnise leben, mittlerweile müßen Leute Schulden machen für die allernotwendigsten Dinge wie Miete oder Strom, die denken nicht mal an irgendwelchen Konsum geschweige denn überverhältnismäßigen.

  3. Kroesus2  Mai 1, 2011

    Die Amerikaner haben das Ende ihrer Immobilienentwertung auch noch nicht gesehen.
    Und die Deutschen ?
    haben die Sanierungskosten der EU ihrer ‚Arbeitgeber‘ auch noch nicht erfasst.

    Und Afrika ?
    http://muenchenausgestrahlt.blogspot.com/2011/05/endlager-wohin-mit-dem-dreck.html