Die neue Empirie der Neuen Presse

Geschrieben von: am 08. Dez 2008 um 11:48

Man guckt aus dem schicken Mendini-Gebäude im Medienviertel der Innenstadt. Und beim Blick auf die vorweihnachtlich geschmückte Fußgängerzone in der Georgstraße kommt man zu neuen atemberaubenden statistisch relevanten Erkenntnissen. Zone voll, gleich Geschäfte voll, gleich volle Umsätze. „Kaufen gegen die Krise“ überschreibt daher Udo Harms seinen heutigen Leitkommentar in der Neuen Presse. Kernthese beim Gang durch die Fußgängerzone ist: „Die Bundesbürger gehen trotz Krise shoppen.“

Ich habe ja nichts gegen die Erfahrung an sich. Sie ist wichtig, um etwas aussagen zu können. Jedoch fehlt es an einer brauchbaren Theorie. Udo Harms tut ja gerade so, wie im übrigen der Großteil der Medien heute auch, als würde der Konsummotor laufen und die Tatsache, dass ein Einbruch ausgeblieben ist, soll etwas belegen. Ja, was denn überhaupt? Dazu schreibt der Herr Harms nämlich nix. Er stellt nur fest, dass vor Weihnachten gekauft wird. 8| Gleichzeitig deutet er an, dass die Krise dann gar nicht so schlimm sein könne. Die Politik müsse den Bürgern nun nur noch etwas mehr Sicherheit geben und eine klare Strategie erkennen lassen.

Das klingt wie eine Verteidigung von Merkels Kurs und die Schaffung von Verhandlungsmasse für das Koalitionsgipfeltreffen im Januar 2009. Denn sollte die SPD nicht mit den dann vorgeschlagenen Maßnahmen einverstanden sein, wird ihr die alleinige Rolle einer auf Wahlkampftaktiererei gepolten Partei zugeschrieben werden, die dem Land allein Schaden zufügt. Diese Strategie der Meinungsmache, der Udo Harms hier folgt, ist echt übel. Statt die Kanzlerin und ihren Finanzminister ordentlich in die Mangel zu nehmen und aufzuzeigen, welch desaströse politische Entscheidungen seit Ausbruch der Krise getroffen wurden, übernimmt der Autor einfach deren aktuelle Positionen und entpuppt sich als Wahlkampfhelfer der CDU. Echt übel und unverständlich Herr Harms. :roll:

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Über den Autor:

André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.
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