Lasst Gauck links liegen!

Geschrieben von: am 02. Nov 2014 um 12:45

Wenn sich zwei alte Betonköpfe in einer Kirche treffen, um 25 Jahre nach dem Fall der Mauer miteinander Vorurteile auszutauschen, ist statt hinhören, abschalten oder mitlachen angesagt. Von Bedeutung ist das aber nicht.

Der Bundesbürgerpräsident hat Bedenken gegen einen linken Ministerpräsidenten geäußert. Das schürt den Zorn, was aber vollkommen überflüssig ist, wenn man weiß, dass Gauck eigentlich nichts zu sagen hat. Er ist nur Grußonkel, den einige, wie Berliner Journalisten vom Schlage Deppendorf dennoch für besonders wichtig halten und sich deshalb in einer Kirche zum Gespräch treffen, um lieb gewonnene Vorurteile auszutauschen. Zwei Deppen unter sich.

Roberto De Lapuente hat mal treffend geschrieben, Gauck sei ein Präsident von gestern, der im Heute überfordert ist und diese Überforderung mit eloquenter Rhetorik vertuscht. Mit anderen Worten, er ist ein Dummkopf, der mit seiner Sprache die Dummheit nur zu überspielen versteht. Sowohl in der Fragestellung Deppendorfs wie auch in der Antwort des Bundespräsidenten wird deutlich, dass die Mauer in beiden Köpfen nie gefallen, sondern immer wieder neu errichtet worden ist.

Dass Deppendorf es nicht besser weiß und eine Frage stellt, die mal wieder die Linke als alleinige Trägerin eines SED Erbes stigmatisiert, ist bekannt. Dass Gauck darauf hereinfällt und sich zu einer persönlichen Äußerungen verleiten lässt, weil er sich in der Gemeinschaft der Deppen sicher fühlt, die er mit „viele andere auch“ umschreibt, war zu erwarten und unterstreicht die Überforderung eines Präsidenten, der sein Amt einst als Lehrling mit fürstlichen Bezügen und Aussicht auf lebenslangen Ehrensold antrat.

Würde er die Beschreibung zur Amtsführung des Bundespräsidenten kennen, die auf der Internetseite seines Hauses zu finden ist, er hätte es beim Respektieren des Wählerwillens belassen sollen, anstatt darüber Kenntnis zu heucheln, was Menschen in seinem Alter, die die DDR miterlebten, nun denken und fühlen würden. Ein Anwalt vor Gericht würde sagen, dass so etwas unmöglich ist. Ein Demoskop würde sagen, dass es einfach nicht stimmt, da Befragungen das Gegenteil beweisen.

Gauck hat das Klassenziel noch immer nicht erreicht. Er bleibt eine peinliche Nummer, die sich hinter Beliebtheitswerten und den Zuspruch jener Eliten versteckt, die ihn in einem überstürzten Akt üblichen Geschachers ungewaschen ins Amt hievten. Er ist ohne Kontakt zur Außenwelt, glaubt sie aber zu kennen, weil eine breite Mehrheit der Bundesversammlung ihn einst zum Präsidenten kürte.

Nur ihr fühlt er sich offenbar verpflichtet. Nur von ihr lässt er sich vorschreiben, was er zu sagen hat. Daher lasst ihn reden über Gott und die Welt. Hört hin oder hört weg. Lacht lieber über zwei alte Herren, die in einer Kirche sitzen und sich 25 Jahre nach dem Fall der Mauer an einem intellektuellen Gespräch versuchen. Lasst sie einfach sitzen oder noch besser links liegen.


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Über den Autor:

André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.
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Kommentare

  1. adtstar  November 2, 2014

    Die ‪Prantl‬ Fortsetzung von „Der unbesonnene Präsident“ heißt „Bundespräsident Gauck fällt aus der Rolle“ und ist wieder empfehlenswert. Sieht so aus, als liefere der Grußonkel aus Schloss Bellevue den Stoff für einen Mehrteiler.