Frag nicht die Kanzlerin in Trennungsfragen

Geschrieben von: am 26. Aug 2012 um 12:34

Heiner Flassbecks Beitrag „Trennt euch!„, der diese Woche unter anderem auf den NachDenkSeiten erschien, ist zuweilen enttäuschend, weil die Aussage des Textes wohl gern ignoriert werden und im Gegenteil dazu führen wird, dass sich die “Horden engstirniger deutscher Provinzpolitiker”, wie Flassbeck sie nennt, in deren Auffassung bestätigt sehen. Und kaum ist die Woche rum, wartet die Bild am Sonntag mit einem Interview zweier Generalsekretäre auf, die über den Austritt Griechenlands fabulieren, obwohl ein Gespräch über den Eintritt von Intelligenz in die Köpfe von Dick und Doof, pardon, Dobrindt und Döring allemal sinnvoller gewesen wäre.

Am Abend hat dann die Kanzlerin in der ARD mal wieder das Wort und darf mit Sicherheit erneut eine Frage von Deppendorf und Becker nach den vermeintlichen Unruhen innerhalb der Koalition beantworten. Das geht schon seit Jahren ihrer Regentschaft so. Ein bissel Gezänk im eigenen Laden, das lenkt von den Problemen ab, die Merkel ebenfalls seit Jahren nur vor sich herschiebt und dennoch als Machtpolitikern mit klarem Kompass und Ziel überall geachtet wird.

Bereits im letzten Jahr versicherte sie den beiden Fragestellern der ARD, zum nächsten Euro-Sondergipfel nur reisen zu wollen, wenn dieser auch zu einem Ergebnis führe. Inzwischen sind zwölf Monate und dutzende weitere Krisengipfel ohne Ergebnisse rum. Die Lage ist schlimmer als vorher und wieder wollen Deppendorf und Becker nur wissen, wie es mit Europa weitergeht, anstatt danach zu fragen, wann die Kanzlerin endlich damit aufhört so zu tun, als täte sie was.

Aber das wird nicht passieren. Stattdessen ist im Vorspann zur Sendung die Rede von der mächtigsten Frau der Welt, zu der Angela Merkel kürzlich wieder gekürt wurde. Doch wäre sie die mächtigste Frau, trüge sie doch auch Verantwortung für das Desaster, in dem sich Europa und die Welt befinden. Nein, so weit reicht der Hirnschmalz im Führungsduo des Hauptstadtstudios der ARD aber nicht. Denn die Schuld am Schlamassel tragen immer die anderen, die Auflagen nicht erfüllen und trotz radikaler Kürzungen noch immer über ihre Verhältnisse leben würden. Merkels Politik “aus dem hohlen Bauch” trifft da eher den Geschmack der Berichtenden und kritisch nicht wirklich Nachfragenden.

Dank Merkels Krisenmanagement befindet sich Europa bereits in der Rezession und nun taumelt auch Deutschland hinterher. Natürlich ist sie und ihre Regierung nicht dafür verantwortlich, sondern “der Wunsch nach mehr Staat und mehr sozialen Wohltaten”, wie es etwa von der Pfeife aus dem Wirtschaftsministerium heißt.

Ich kann Heiner Flassbeck schon verstehen, wenn er meint, dass eine Trennung nun das richtige wäre. Allerdings dürfe die nicht zwischen Nord- und Südeuropa vollzogen werden, sondern eindeutig zwischen dem Souverän und der von ihm bestellten Bundesregierung. Um das zu erreichen ist weiter Aufklärungsarbeit zu leisten.

Trennt Euch endlich von dieser Kanzlerin und ihrer Regierung! Und wenn ihr schon dabei seid, trennt euch auch von amtlichen Regierungspropagandisten mit Presseausweis.

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Über den Autor:

André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.
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Kommentare

  1. Einhard  August 26, 2012

    Tja, allerdings sieht es weiterhin so aus, als bliebe uns Bundes-Angie auch nach der nächsten Wahl noch (wenn auch mit neuem Partner; nicht daß das was ändern würde) erhalten :no:

  2. Rosi Feinig  August 27, 2012

    Die Frage ist nicht wer sich wovon bzw. von wem trennen sollte, sondern worauf sich wer wieder einmal einigen können sollte. Dabei bliebe die Systemfrage wahrscheinlich nicht unberührt und DAS geht ja in unserer pluralistisch freiheitlichen Grundordnung (DDR 2.0 + Nationale Front 2.0) wohl nun doch auch nicht.

  3. Arnold  August 27, 2012

    Ich komme mir vor wie im Film „Matrix“. Hier sind jedoch die Reichen die Maschinen, die den Rest der Menschheit in einer Traumwelt gefangen hält. Als ich mich entschloss mehr über die Zusammenhänge in der Volkswirtschaft zu lernen war es als nähme ich die Pille der Erkenntnis, die mir die Realität zeigt. Manchmal wünschte ich, ich hätte diese Pille nicht geschluckt, dann bräuchte ich mich über die Naivität der Reporter und die Lügen (oder ebenfalls grenzenlose Naivität?) der Politiker nicht aufzuregen.
    Ich habe mir das Sommerinterview beim ZDF mit Philipp Rösler angetan. Masochistische Neigungen (wie befürchtet) kann ich nicht haben denn es hat nur geschmerzt. Das Lustgefühl ist ausgeblieben.

    • Rosi Feinig  August 27, 2012

      Du bist nicht allein . . . WIR allerdings wohl ziemlich in der Unterzahl!!! Das Plankton wiegt schwer … schwerer als jeder Wal ;-)