Rücktritt von Kraft reicht nicht aus

Geschrieben von: am 14. Mai 2017 um 20:17

Die SPD fährt in NRW ihr schlechtestes Ergebnis aller Zeiten ein. Was die Sozialdemokraten verlieren, gewinnt die CDU hinzu. Dazu scheint es sogar für Schwarz-Gelb zu reichen. Eine Katastrophe, aber mit Ansage durch Absage. Hannelore Kraft ist in den letzten Tagen lieber über das Rote-Socken-Stöckchen der CDU gesprungen, als sich mit dem zu beschäftigen, was sozialdemokratische Politik sein sollte. Ihr Rücktritt ist konsequent, reicht aber nicht aus. Die SPD in Berlin muss sich in dieser Woche entscheiden, ob sie an der Seite der Union so weiter macht und noch einmal über ein Stöckchen springt – Stichwort Autobahnprivatisierung und ÖPP an Schulen – oder die umstrittenen Grundgesetzänderungen im Bundestag am Freitag noch verhindert und endlich aus der Großen Koalition aussteigt.

Weil die CDU es so wollte, schloss Hannelore Kraft noch einmal nachdrücklich ein rot-rot-grünes Bündnis kategorisch aus. Damit signalisierte sie den Wählern, „ich mache lieber Große Koalition“. Die Statistik zeigt: Ziemlich viele Stimmen wanderten deshalb direkt von der SPD zur CDU. Das heißt, wenn die SPD keine Alternative anbietet, wird sie auch nicht gewählt. Wenn sie nur die Aussicht auf eine Große Koalition zulässt, profitiert die Union. Dass es jetzt sogar für Schwarz-Gelb reichen könnte, ist der Super-Gau und ein deutliches Signal für den Bund, dass eine Regierung auch gänzlich ohne die SPD möglich ist.

SPD muss Notbremse ziehen, um voranzukommen

Über die Stöckchen der Union zu springen, bringt also nichts. Es hat daher auch keinen Sinn, an diesem Freitag für die Autobahnprivatisierung zu stimmen und damit institutionellen Anlegern wie Banken und Versicherungen öffentliches Eigentum auf dem Silbertablett zu servieren. Was werden die Wähler wohl davon halten, wenn sie merken, dass die Privatisierung der Autobahnen doch möglich ist, obwohl die SPD ständig etwas anderes behauptet hat? Achtung Dialektik: Der Schulz-Zug kann nur dann noch einmal Fahrt aufnehmen, wenn der Lokführer endlich die Notbremse zieht und begreift, dass er in eine andere Richtung fahren muss.

Ein klares Nein zu den 13 Grundgesetzänderungen, 5 Begleitgesetzen und 18 weiteren Gesetzesänderungen am Freitag wäre eine zwingende Voraussetzung dafür. Nur dieses Bremsmanöver könnte die SPD noch retten. Diese Entscheidung würde natürlich auch das Ende der Großen Koalition im Bund bedeuten, was nicht tragisch ist, da das Konzept von äußerer Opposition durch einen Kandidaten, der mit der GroKo angeblich nichts zu schaffen hätte, kläglich gescheitert ist. Leider wird es dazu nicht kommen. Mit dem Rücktritt von Kraft wurde ja dem Zweck, Konsequenzen aus der Wahlschlappe gezogen zu haben, bereits Rechnung getragen. Das ist wie bei Steinbrück 2013. Er musste gehen, damit die anderen so weiter machen konnten, wie bisher.

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Über den Autor:

André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.
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Kommentare

  1. Derweg  Mai 15, 2017

    An dieser Stelle muss man jedoch konstatieren, dass die Absage Krafts auch der Linken wieder nichts gebracht hat. SPD, Grüne und Piraten haben zusammen ca. 20 Prozentpunkte verloren. Von diesen 20 Prozentpunkten gingen gerade mal 2,5 Prozentpunkte an die Linke und warum? Weil die Linke es weiter versäumt ihre Wahlkampfstrategie zu ändern. Man tappt vo einer Niederlage zur nächsten und hofft auf die nächste Wahl. Es ist zwar richtig, dass auch die SPD ihre Strategie ändern muss, aber für eine Änderung in der Bundespolitik braucht es auch einen entsprechend starken Koalitionspartner der diese Politik mitträgt. So wie es jedoch derzeit läuft, muss die Linke aufgrund ihrer inzwischen gesamtdeutschen Schwäche sogar um den Einzug in den Bundestag bangen.

    • André Tautenhahn  Mai 15, 2017

      An dieser Stelle muss man jedoch konstatieren, dass die Absage Krafts auch der Linken wieder nichts gebracht hat.

      Das ist richtig, allerdings auch nicht verwunderlich, wenn der größere Koalitionspartner, den man braucht, ein Bündnis immer wieder ausschließt. Wenn vorhandene linke Mehrheiten einfach nicht genutzt werden, verschwinden sie irgendwann.

      So wie es jedoch derzeit läuft, muss die Linke aufgrund ihrer inzwischen gesamtdeutschen Schwäche sogar um den Einzug in den Bundestag bangen.

      Das sehen die Umfragen anders. Derzeit scheint sich die Linke auf dem Niveau zwischen 8 und 10 Prozent zu stabilisieren.

      • Derweg  Mai 15, 2017

        Es zählen reale Ergebnisse und nicht Umfragen. Nach den Umfragen hätte die Linke bei den letzten 3 Wahlen bessere Ergebnisse haben müssen und hatte sie nicht. Was besonders bemerkenswert ist, ist dass die Linke bei sämtlichen Wahlen der letzten 2 Jahre so gut wie keinen Zweitstimmenbonus mehr bekam und ohne den wird es sehr schwierig.

        • Markus Hofheinz  Mai 16, 2017

          Die letzten Umfragen vor der jeweiligen Wahl stimmten jeweils ziemlich exakt mit dem Ergebnis überein. Bei den Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und NRW hatte die Linke jeweils deutliche Stimmengewinne im Vergleich zur letzten Wahl im jeweiligen Bundesland. Im Saarland war das zwar nicht der Fall, aber hier gibt es ein interessantes Detail: Die SPD hat dort, wo sie eine Koalition mit der Linken vorher nicht ausgeschlossen hatte (im Gegensatz zur SPD in Schleswig-Holstein und NRW), mehr Stimmen hinzugewonnen als die Linke verloren hat (absolut, prozentual hatten natürlich beide Parteien leider verloren). Es ist mir zu mühsam das ganze auch noch für 2016 nachzuprüfen, allerdings weiß ich sicher, dass die Linke in Baden-Württemberg ebenfalls deutlich zugelegt hat, wenn auch leider immer noch nicht über 5%. So schlecht sieht es also sicher nicht aus für die Linke bei der Bundestagswahl. Natürlich wird es sicher noch lange nicht so sein, dass die Linke die SPD überholt, was aber vermutlich notwendig – und aus meiner Sicht auch absolut wünschenswert – wäre um bei letzterer endlich eine Rückbesinnung auf tatsächlich sozialdemokratische Politik einzuleiten.

  2. gabimarie  Mai 15, 2017

    Das wird die SPD nicht kapieren.

  3. Hartmut Schwarz  Mai 15, 2017

    Herr Schulz möchte, scheint es, mitregieren. Um dieses zu erreichen muss die SPD allerdings Federn lassen.Hat sich gleich dreimal rupfen lassen müssen. Geht das so weiter, ist sie bald ganz flugunfähig.
    Die Änderungen unseres Grundgesetz, mit den Stimmen der SPD, machen den Weg erst frei, für alle Umverteilungsmechanismen. Danach wird wohl auch dem Letzten klar : Deutschland hat keine echte Opposition. Da haben dann auch keine drei Wahlniederlagen, in kurzer Zeit, zu einer Kursänderung der SPD geführt. Das wär’s dann mit den Wahlversprechern der Partei SPD. Und alles selbst gemacht.
    Autobahnen, Schulen, Gefängnisse, etc, alles in Privater Hand, ÖPP, die Mechanismen zur Umverteilung. Dank SPD.

  4. Hartmut Schwarz  Mai 15, 2017

    Drei Landtagswahlen in Folge verloren: Welche inhaltlichen Konsequenzen folgen ? Eine ganz erstaunliche. Bekanntgabe des weiteren Vorgehens in Sachen Bundestagswahl. In den nächsten Wochen wird über das weitere Vorgehen entschieden. Das scheint auf den ersten Blick betrachtet, cool.
    Nur nicht schon jetzt, die wahre Gesinnung verraten, was Freitag geplant ist.
    Aber denkt man an die Grundgesetzänderungen noch in dieser Woche, macht das so richtig Sinn, nicht zu verraten, wie’s denn weiter geht, nach drei vergeigten Landeswahlen.
    Was bedeutet das, fragt man sich ?
    Die SPD wird auf Kurs gegen den Kleinen Mann bleiben !
    Fazit : Kommt es zum JA, mit den Stimmen der SPD, sind diese Grundgesetzänderungen durch das Parlament gebracht. Folglich, taugt die SPD nicht mal mehr als Opposition.
    Dann werden sich ehemalige SPD Anhänger eine andere Partei suchen können.
    Wir können nur wünschen, das Martin Schulz, die richtige Wahl, für unser Bundeseigentum, das Bürgereigentum, trifft.
    Zeit hat er nicht mehr lange, aber er hat noch Zeit, bis Freitag, den 19.Maitag.
    Nicht das daraus ein SPD, Mayday, Mayday… wird…hoffen wir’s.