Die Theater-Maut hilft Schäuble

Geschrieben von: am 01. Dez 2016 um 23:37

Nun ist das Maut-Ei ins Nest gelegt. Ob es noch weiter ausgebrütet wird, spielt eigentlich schon gar keine große Rolle mehr. Viel wichtiger ist die Erkenntnis, dass es gelungen ist, die Diskussion auf nutzerabhängige Gebühren zu verengen. Dass der Erhalt wie der Bau von Infrastruktur aber eine öffentliche Aufgabe ist, die entsprechend aus Steuermitteln finanziert werden muss, darüber redet kaum noch jemand. Das hilft dem Bundesfinanzminister.

Das Label „Ausländermaut“ war nur der Hebel, um sich Gehör an den jeweiligen Stammtischen zu verschaffen. Denn eine Gebühr für die Nutzung von Straßen traf schon immer auf wenig Gegenliebe, eine Ausländermaut hingegen rief eine gewisse Sympathie hervor. Das Argument, wonach vor allem der Transitverkehr für die Schäden auf deutschen Autobahnen verantwortlich ist und daher Durchreisende aus dem Ausland, die ja keine Steuern in Deutschland zahlen, per Gebühr zur Kasse gebeten werden müssten, leuchtete so manchem durchaus ein.

Vermögen für wenige, Schlaglöcher für alle

Nur leider durchschauten die wenigsten das eigentliche Spiel, an dem vor allem der Bundesfinanzminister beteiligt ist. Denn der arbeitet schon lange daran, die Finanzierung der öffentlichen Daseinsversorge so zu organisieren, dass Vermögende daran auch noch verdienen (Stichwort: Bundesfernstraßengesellschaft), während die gleiche Klientel von höheren Abgaben in Form von Vermögens- oder Erbschaftssteuern verschont bleibt.

Dafür zahlen die Vermögenden auch gerne ein bisschen Maut oder spenden hie und da etwas für einen wohltätigen Zweck. Das nennt man neoliberale Politik. Sie sichert das Vermögen für die wenigen und garantiert die Schlaglöcher für alle anderen. Das Kaputtsparen der öffentlichen Infrastruktur wie auch das Ausdünnen des öffentlichen Dienstes hat einen enormen Investitionsbedarf und Sanierungsstau hinterlassen. Viel Geld und noch mehr Personal müssen deshalb her.

Die Rest-Maut könnte jetzt dem Finanzminister als nützliche Argumentationshilfe dienen, da sie auf dem Papier noch weniger einbringen wird, als bislang wohlwollend errechnet. Schäuble will die privaten Investoren, die das Geld der Vermögenden bloß Gassi führen, als ideale, um nicht zu sagen, als alternativlose Lösung präsentieren. Denn welche Bauverwaltung stöhnt nicht unter der Belastung, die mit der Beseitigung des Sanierungsstaus verbunden ist. So viele Baustellen parallel sind einfach nicht zu wuppen, hört man oft. Öffentliche Gelder werden auch schon gar nicht mehr abgerufen.

Weitere Ölquelle künstlich angelegt

Wer da die umfangreichen Aufgaben der Daseinsvorsorge noch erfüllen will, ja muss, klagt zunächst einmal laut, so als ob nicht auch er sich seit Jahren der schwarzen Null verpflichtet fühlte und immer noch fühlt, holt sich dann aber doch den privaten Partner als Retter mit ins Boot. Da kann der Bundesrechnungshof rügen so viel er will. Das Geschäftsfeld für Renditejäger ist längst bestellt und eine weitere durch die Allgemeinheit gut abgesicherte Ölquelle künstlich angelegt.

Der Staatsbürger wird unterdessen zum Mieter seines Eigentums. Den Vertrag dazu darf er nicht einmal einsehen. Er hat den Zins zu zahlen, während er immer wieder hört, das alles diene der Gerechtigkeit zwischen den Generationen. Mehr öffentliche Schulden gehen schließlich nicht. Da haben die neoliberalen Parteien mit der Schuldenbremse im Grundgesetz entsprechend vorgesorgt.

Und während der Finanzminister eine schwarze Null nach der anderen feiert, obwohl er im Sinne der Steuerzahler günstiger an Kapital herankommen könnte, wachsen die teuren Schattenhaushalte immer weiter an, die dann gern als Sondervermögen bezeichnet werden. Aber das ist nicht weiter schlimm. Denn die Bilanztricks sieht ja keiner. Erst irgendwann in der Zukunft, wenn der Finanzminister nicht mehr Finanzminister ist, wird die große Rechnung noch einmal präsentiert.

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Über den Autor:

André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.
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